In den beiden vergangenen Jahren war der Angeklagte in fünf Fällen mit verschiedenen Fahrzeugen auf öffentlichen Straßen unterwegs, ohne im Besitz einer Fahrerlaubnis zu sein. Zudem hatte er bei einem Händler Getränke im Wert von rund 1300¦Euro auf Rechnung bestellt sowie für 5000¦Euro ein Auto in der Absicht erworben, diese nicht zu bezahlen, so der Anklagevorwurf. „Ich habe Mist gebaut, dafür werde ich einstehen“, erklärte der Mann.
Der 59-Jährige berichtete über seine Situation nach der Trennung von seiner langjährigen Lebensgefährtin im Jahr 2022, er habe seine Arbeit verloren und sei seither ohne festen Wohnsitz. Aber nun habe er sowohl eine Arbeit als auch eine Wohnung in Aussicht.
Seit 1993 ohne Fahrerlaubnis unterwegs
Staatsanwalt Maximilian Hänfling wies darauf hin, dass der Angeklagte in der Vergangenheit immer wieder, und das schon seit 1993, ohne Führerschein gefahren und deswegen bereits vielfach verurteilt worden war. Das Bundeszentralregister weist 19¦Einträge, überwiegend wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, aber auch wegen Betruges auf.
Aber warum hat er die Fahrerlaubnis bis heute nicht erworben? Dafür hatte der Angeklagte eine Erklärung: Er habe immer wieder versucht, den Führerschein zu machen, die Prüfungen erfolgreich abgelegt, aber dennoch habe die Behörde die Erteilung der Fahrerlaubnis abgelehnt. Aber künftig werde er nicht mehr fahren, versicherte er. „Warum soll ich Ihnen jetzt glauben, dass nichts mehr passiert?“, wollte Richterin Lämmlin-Daun im Hinblick auf die zahlreichen Vorverurteilungen wissen. „Vielleicht, weil ich im Kopf erwachsen geworden bin“, sagte der Angeklagte. Ein Argument, das die Richterin nicht überzeugte. Der Angeklagte habe auch schon vorher Zeit gehabt, erwachsen zu werden.
Was die Arbeitsstelle betrifft, die er in Aussicht habe, erklärte der Angeklagte, habe er bereits auf Probe gearbeitet, nun stehe noch eine Probewoche an. Und die Wohnung könne er in wenigen Tagen besichtigen und dann auch gleich einziehen. Davon, dass er die Zusage für Wohnung und Arbeitsstelle bekommen werde, zeigte sich der Angeklagte felsenfest überzeugt. Im Hinblick auf die Arbeitsstelle hat er bereits seinen Minijob gekündigt.
Muss der Angeklagte ins Gefängnis?
Staatsanwalt Hänfling beantragte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten. Zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigte er dessen Geständnis. Zu dessen Lasten führte der Staatsanwalt die, wie er sagte, beeindruckende Liste von Vorverurteilungen ins Feld. Für eine Aussetzung der Vollstreckung der Strafe zur Bewährung sah der Staatsanwalt keinen Raum.
Pflichtverteidigerin Waltraud Salomon erklärte, das jahrelange Fahren ohne Fahrerlaubnis sei nicht zu entschuldigen, die Taten müssten eine Freiheitsstrafe nach sich ziehen. Eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr erachtete sie als ausreichend. Da der Angeklagte mit Arbeit und Wohnung auf einem guten Weg sei, solle die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden.
Richterin Susanne Lämmlin-Daun verurteilte den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten. Von der Strafaussetzung zur Bewährung sah sie ab. Bei derart vielen einschlägigen Vorverurteilungen sei dafür kein Raum. Die Richterin zeigte dem Angeklagten aber eines auf: Bei Einlegung einer Berufung habe er die Möglichkeit, seinen guten Willen unter anderem durch eine Arbeitsaufnahme zu beweisen und sich damit eine Chance auf Bewährung zu eröffnen.