Die anhaltende Verkehrsproblematik, zwei Innenstadtsanierungen, der geplante Neubau einer Hochleistungsstromleitung zwischen Gurtweil und Herbertingen im Kreis Sigmaringen, deren Trassenverlauf bei Anwohnern für erhebliche Bedenken sorgt: Die Stadt Waldshut-Tiengen sieht sich derzeit mit einer ganzen Reihe von Herausforderungen zu tun, die Bedeutung weit über die Stadtgrenzen hinaus haben. Im Rahmen eines Ortstermines verschaffte sich nun die Freiburger Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer einen persönlichen Eindruck. Gegenüber den Anliegen der Akteure vor Ort zeigte sie sich durchaus zugänglich, für die geplanten Vorhaben gab es Unterstützungszusagen.
Verkehrsproblematik: Regierungspräsidentin sieht dringendes Entschärfungspotential
„Natürlich gibt es bei er Verkehrssituation am Zoll viel zu tun.“ So lautete das unmissverständliche Fazit Schäfers im Gespräch mit unserer Zeitung. Zwar liege die Ägide beim weiteren Vorgehen natürlich beim Bundesverkehrsministerium als zuständiger Behörde. Doch sei augenfällig, dass die jetzige Situation schneller Abhilfe bedürfe. Denn: „Die Verkehrsuntersuchung mit Prognosen für die kommenden Jahre liegt vor. Die Situation wird nicht einfacher, gerade im grenzüberschreitenden Verkehr“, so Schäfer.
Eine vom RP beauftragte Verkehrsuntersuchung kam bereits vor zwei Jahren zu dem Schluss, dass der Lastwagen-Verkehr bis 2040 an den Zollstellen am Hochrhein auf 21.400 Fahrzeuge anwachsen wird. Als Konsequenz daraus wird der Bau zweier weiterer Rheinbrücken empfohlen – eine zwischen Waldshut und Tiengen und eine bei Bad Säckingen. Dass bei diesem Thema inzwischen auch die Generalzolldirektion an Bord sei, unterstreiche nach Ansicht von Waldshut-Tiengens Oberbürgermeister Martin Gruner die Bedeutung, bald möglichst zu einem Ergebnis zu gelangen – und zwar in enger Abstimmung mit der Schweizer Seite.
Möglichst schnell dreistreifiger Bundesstraßenausbau
Doch der Brückenbau ist nicht der einzige Lösungsansatz für die alltägliche Stauproblematik zwischen, deren Folgen weit in die Region ausstrahlen. „Noch dieses Frühjahr“ könnte es laut Bärbel Schäfer Fortschritte in Sachen dreistreifiger Bundesstraßenausbau von Tiengen in Richtung Obi-Kreisel geben: „Der Grunderwerb ist sicherlich ein Faktor, an dem man Dinge beschleunigen kann.“ Es gelte hier aber die Weichen zugunsten einer generellen Verbesserung der Verkehrslage zu stellen – also auch für Fahrradfahrer und Fußgänger.
Auch die Digitalisierung der Abfertigung gelte es zu beschleunigen. Denn: „Die Staus werden nicht von den vor abgefertigten Lastwagen verursacht, sondern von denjenigen, die nicht mit fertigen Papieren vorfahren“, so Schäfer. Deren Anteil mache demnach nur zehn Prozent aus.
Hier könnte die Schweizer Seite als Vorbild dienen, denn dort sei die digitale Zollabfertigung längst Standard und habe sich bewährt. Allerdings bedarf es hier auch einer EU-weit einheitlichen Lösung. Das könnte die Digitalisierungsbemühungen verzögern, räumte Schäfer ein.
Innenstadtsanierungen: „Geld ist hier gut angelegt“

Mit etwa 18 Millionen Euro habe das Regierungspräsidium Freiburg seit 1976 Projekte in Waldshut-Tiengen unterstützt. Die Flexi-Bib im frisch sanierten Kornhaus in Waldshut, die die Regierungspräsidentin bei ihrem Besuch genauer in Augenschein nahm, sei in diesem Zusammenhang als „Höhepunkt“ zu sehen, sei diese doch Frequenzbringer und zugleich ein „tolles Beispiel“ dafür, wie Denkmalschutz und moderne Nutzerbedürfnisse sich vereinen ließen.
„Die Stadt hat sich immer als verlässlicher Partner erwiesen, und es ist wichtig, dass es nun weitergeht“, betonte Bärbel Schäfer. Dass in Waldshut wie Tiengen großer Handlungsbedarf bestehe, sei nach Einschätzung der Regierungspräsidentin unbestreitbar.
Pragmatisches Vorgehen bei Städtebauföderung
„Wir stehen mit der Städtebauförderung parat“, versicherte Schäfer. Dabei dürften Verzögerungen oder damit verbundene Verteuerungen keine Hinderungs- oder gar Ausschlussgründe sein. Denn dass es Verzögerungen im Ablauf gebe, sei fast an der Tagesordnung. Wichtiger für alle Beteiligten sei vielmehr, Projekte gut zu Ende zu bringen.
Aus Sicht von Martin Gruner wie auch der Beigeordneten Petra Dorfmeister war dies die vielleicht wichtigste Botschaft des Tages: „Es ist gut zu hören, dass wir mit einer Verlängerung der Förderlaufzeiten rechnen können“, so Gruner. Denn gerade in Tiengen wolle die Stadt bei der anstehenden Innenstadtsanierung auch das Klettgau-Carrée im Blick behalten. Zugleich würde hier der Förderzeitraum kommendes Jahr auslaufen.
Mit Blick auf den Denkmalschutz, der bei allen Maßnahmen in den Innenstädten ein Wörtchen mitzureden hat, sei das RP Freiburg zwar lediglich Vermittler, denn das Denkmalamt sei inzwischen am RP Stuttgart angesiedelt. Auch hier zeigte sich Bärbel Schäfer aber zuversichtlich. Das große Entgegenkommen und die lösungsorientierte Herangehensweise der Behörde sei bereits beim Thema erneuerbare Energien immer wieder sichtbar geworden: „Denkmalschutz ist nicht immer ein Hemmschuh, sondern in der Regel lassen sich sehr gute Lösungen finden.“
Stromleitungsbau: RP will hier genau hinschauen
Das wohl strittigste Thema des Tages blieb jedoch der geplante Leitungsneubau zwischen Gurtweil und Herbertingen. Bekanntlich müssen die Netzbetreiber Amprion und Transnet BW zur Sicherung der Stromversorgung wesentlich leistungsstärkere Leitungen bauen, was in den kommenden zehn Jahren realisiert werden soll.
Massive Bedenken haben in diesem Zusammenhang insbesondere die Bewohner von Breitenfeld, vor deren Nase die Vorzugs-Trasse für die Hochleistungsleitung verlaufen soll, wie Ortsvorsteher Jürgen Bacher verdeutlichte. Die Folgen für Mensch und Natur wären gravierend: „Die Landschaft würde regelrecht durchschnitten.“
Dass es den Ausbau brauche, dass auch eine Erdverkabelung aus Kostengründen wie auch aufgrund der nicht absehbaren Nachwirkungen für Natur und Landwirtschaft nicht möglich sei, sei laut Bärbel Schäfer nicht von der Hand zu weisen. Dennoch: Im Rahmen des Planfeststellungsverfahren werde das RP sehr genau hinsehen, versprach die Regierungspräsidentin. Noch stehe man aber auch noch ganz am Anfang des Verfahrens.
Über dieses Thema werden wir in Kürze noch ausführlicher berichten.