Pulver rieselt aus dem Briefkasten. Es haftet an den Briefumschlägen, weil es im Briefkasten verteilt wurde, so wie im jüngsten Fall bei der Poststelle der Stadt Lörrach, dem ein Großeinsatz folgte. Kalziumkarbonat wurde dort festgestellt. Mitarbeiter klagten danach über Atemwegs- und Augenreizungen. Kalziumkarbonat ist nicht giftig. Was aber, wenn das Pulver gefährlich gewesen wäre? Eine schreckliche Vorstellung.

Bakterien, Viren und Toxine

Wer sich über irgendetwas ärgert, wer anderen etwas Böses will, greift zu solchen Mitteln. Manche verfolgen erpresserische Absichten. Experten sprechen auch von bioterroristischen Anschlägen.

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Egal, wer dahintersteckt. Gefährliche Substanzen in Postsendungen können weitreichende Folgen haben. Bakterien, Viren und Toxine können sich schnell verbreiten und einen immensen Schaden anrichten. Nicht nur Behörden, Organisationen oder Politiker werden zur Zielscheibe.

Nicht immer Backpulver oder Mehl

Der Lörracher „Pulver-Fall“ hat einmal mehr gezeigt, wie anfällig ein System ist. Wie einfach gefährliche Substanzen in Umlauf kommen können. Nicht immer ist es, wie in einigen bekannten Fällen, nur Backpulver oder Mehl.

Ein Schreckensszenario: Weißes Pulver rieselt aus einem Brief. Es könnte höchst gefährlich sein. Hier handelt es sich allerdings um ein ...
Ein Schreckensszenario: Weißes Pulver rieselt aus einem Brief. Es könnte höchst gefährlich sein. Hier handelt es sich allerdings um ein Pulver für einen Vitamindrink. | Bild: Michael Neubert

Wie sind Ämter und Verwaltungen auf solche Angriffe vorbereitet? Welche Vorkehrungen werden getroffen? Kam es in der Region schon zu ähnlichen Fällen? Wir haben bei den Verwaltungen in Rheinfelden, Bad Säckingen und Waldshut-Tiengen sowie bei Polizei und Feuerwehr nachgefragt. Dabei stellt sich auch die Frage, welchen Weg die Postsendungen nehmen.

Landratsamt Waldshut: Mitarbeiter sind vorsichtig

Am Gebäude des Landratsamts in Waldshut ist der Hauptpostkasten mit einer Zeitklappe versehen. Damit kann unterschieden werden, ob der Einwurf am Vortag oder am aktuellen Tag erfolgte. „Mitarbeiterinnen der Poststelle und der Hausmeister leeren den Kasten regelmäßig oder bei Bedarf“, schildert Michael Swientek, Sprecher des Landratsamts. Sendungen würden in der Poststelle oder von den Empfängern im Haus geöffnet.

Swientek versichert, dass die Mitarbeiterinnen äußerst vorsichtig seien, wenn sie Briefe oder Pakete heraus holen. „Weil auch empfindliche Sendungen im Kasten sein könnten.“ Eine Extra-Kontrolle gebe es nicht. Hier vertraue man auf die teils jahrelange Erfahrungen der Mitarbeiterinnen. Swientek: „Nach der Sichtkontrolle bei der Vorsortierung werden die Sendungen geöffnet oder weitergeleitet.“

Schutzausrüstung liegt bereit

Handschuhe, Masken, Desinfektionsmittel und Behälter fürs Verpacken von konterminierten Briefen stehen zur Verfügung. „Erwecken die Sendungen einen unhygienischen Eindruck, werden diese Hilfsmittel verwendet. Genauso, wenn aus beschädigten Sendungen etwas austritt“, erklärt Swientek.

Übungen in der Stadt Waldshut-Tiengen

Der Großteil der Briefe, die an die Stadtverwaltung Waldshut-Tiengen gerichtet sind, gehen an die Zentrale. „An allen Gebäuden hängen Briefkästen, in die man auch persönlich etwas einwerfen kann“, beschreibt Stephanie Meyer, Büroleitung Oberbürgermeister, auf unsere Nachfrage, „stellen wir verdächtige Substanzen, sonstige außergewöhnlichen Lieferungen oder Vorfälle fest, verständigen wir sofort die Feuerwehr.“

Ziel: Schaden von Menschen abwenden

Die Feuerwehr reagiere umgehend. Um bestmöglich vorbereitet zu sein, würden regelmäßig viele verschiedene mögliche Fälle geprobt. Das Ziel ist, Schaden von Menschen abzuwenden und mögliche entstandene Schäden zu begrenzen.

Stadt Bad Säckingen will sich beraten lassen

Wie das Landratsamt vertraut die Stadtverwaltung Bad Säckingen auf den Spürsinn derjenigen, die mit den Postsendungen zu tun haben. „Briefe und Wurfsendungen werden in der Posteingangsstelle kontrolliert, allerdings nicht speziell auf Gefahrenstoffe“, sagt Hauptamtsleiter Peter Lau. Die Mitarbeiter seien sensibilisiert, auf verdächtige Post zu achten. „Dasselbe gilt für gelieferte Pakete und bei der Kontrolle des Briefkastens.“

Spezielle Vorkehrungen seien von der Stadtverwaltung bisher nicht getroffen worden. Lau: „Aber es ist geplant, dass wir uns diesbezüglich von der Polizei beraten lassen.“

Amtsbote holt Postsendungen ab

Briefe, die die Post zustellt, holt der Amtsbote beim Postamt ab und bringt sie ins Rathaus. In der Posteingangsstelle werden sie bearbeitet und verteilt. „Wurfsendungen werden in aller Regel im Briefkasten des Rathauses deponiert. Pakete ins Rathaus erfolgen über die diversen Zustelldienste wie DHL, Hermes, UPS„, beschreibt Lau.

Stadt Rheinfelden: Maschinelle Brieföffnung

Chantal Hommes-Olaf, Pressesprecherin der Stadt Rheinfelden, schildert den Weg eines Briefs oder Pakets noch detaillierter: „Sämtliche Briefe von Arriva und Direkteinwürfe von Bürgern gehen über den Briefkasten in der Kirchstraße 2 ein. Alle anderen Einsendungen erfolgen über die deutsche Post, über einen Bringdienst direkt zur Poststelle.“ Die Briefe würden grundsätzlich maschinell geöffnet. „Nur persönliche, vertrauliche Briefe gehen ungeöffnet an den Adressaten im Haus“, erklärt Hommes-Olaf.

Die Poststelle der Stadtverwaltung nimmt die Pakete an. Nur EDV-Pakete blieben verschlossen. Alle anderen öffneten die Mitarbeiter der Poststelle. Hommes-Olaf: „Wenn möglich mit Tastkontrolle, ansonsten gibt es keine gesonderten Überprüfungen.“ Spezielle Sicherheitsvorkehrungen gebe es nicht.

Das Landratsamt und die drei Stadtverwaltungen schreiben gleichlautend, dass es in ihren Bereichen noch keinen derartigen oder ähnlichen Fall wie in der Stadt Lörrach gegeben habe. Auch Mathias Albicker, Pressesprecher der Polizei in Waldshut-Tiengen, ist nach Recherche im Polizeiarchiv auf kein Ereignis dieser Art gestoßen. Für das Landesinnenministerium seien solche konkreten Fälle ebenfalls neu.

Kreisbrandmeister Dominik Rotzinger erinnert sich dagegen dunkel: „Als ich noch ein kleiner Bub war, war da mal was mit Milzbrand in der Grund- und Hauptschule in Albbruck.“

Behörden und Einsatzkräfte sind auf solche Fälle vorbereitet. Für Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst gibt es Ablaufpläne, sie stimmen sich ab, wie Albicker und Rotzinger berichten. Schließlich gilt es, heraus zu finden, um welchen Stoff es sich handelt und wer dahinter steckt. Nicht immer bleibt es bei einem „bösen Bubenstreich“.

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