Sieben Jahre ist es mittlerweile her, dass die Flüchtlingskrise auch den Kreis Waldshut erreichte. Nun werden auch in Deutschland aufgrund des Kriegsausbruchs in der Ukraine wieder mehr Flüchtlinge erwartet und das Landratsamt Waldshut ist aktuell dabei, die Unterbringungsmöglichkeiten aufzustocken. Derzeit befinden sich laut der Behörde noch 436 Menschen in einem Asylverfahren und 30 in einem Asylfolgeverfahren. Die meisten stammen aus Syrien, Afghanistan, Irak, Nigeria und Gambia. Bei 1348 Personen wurde die Asylberechtigung, der Flüchtlingsstatus oder der subsidiäre Schutzstatus mittlerweile anerkannt.
Der Höchststand an Flüchtlingen wurde im Frühjahr 2016 im Landratsamt Waldshut registriert. Damals lebten fast 2000 Asylbewerber in der Region. Einige, vor allem syrische Flüchtlinge, haben mittlerweile eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten. Einer davon ist Wisam Hawasli, der 2015 zusammen mit seiner Frau und seinem kleinen Sohn von Syrien über die Türkei nach Deutschland gekommen ist und schließlich über Nürnberg, Erlangen, Mannheim, Stühlingen und Laufenburg nun in Waldshut angekommen ist.
Von der Flüchtlingsunterkunft in die eigene große Wohnung
Mit seiner Frau und seinen mittlerweile beiden Kindern lebt Wisam Hawasli heute in einer Vier-Zimmer-Wohnung in Waldshut, die Kinder besuchen die Kita und die Grundschule, der 33-jährige Vater hat vor einem Dreivierteljahr seine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann erfolgreich abgeschlossen und arbeitet als stellvertretender Filialleiter in einem Lebensmittelgeschäft in Kadelburg.

„Ich bin froh, dass wir hier so gut aufgenommen wurden und uns ein Leben aufbauen konnten. Mir ist es wichtig, anderen Flüchtlingen zu zeigen, dass hier alles möglich ist“, sagt Wisam Hawasli. Neben einem festen Willen sich zu integrieren, hat Hawasli aber auch jede Menge Unterstützung erhalten, vor allem von einer Anästhesieschwester aus dem Waldshuter Klinikum, die bei der Geburt seiner Tochter dabei war. Über die Geschichte berichtete diese Zeitung Ende 2016.
Erste Deutschkenntnisse über YouTube
Als Hawasli mit seiner Familie 2015 in Deutschland angekommen ist, lebte er zunächst in einer Flüchtlingsunterkunft in Hochsal. Seine Frau war damals schwanger und die Geburt von Töchterchen Yara war mit vielen Komplikationen verbunden. „Wir lebten damals zu viert in einem kleinen Zimmer“, erinnert sich Hawasli noch gut. Dort habe er mithilfe von YouTube angefangen, Deutsch zu lernen. 2017 habe er dann seinen ersten Deutschkurs belegt, um den Einbürgerungstest absolvieren zu können. „Das ist die Grundvoraussetzung für einen deutschen Pass“, sagt der 33-Jährige. „Weil mein Deutsch anfänglich noch nicht gut genug war, konnte ich noch keine Ausbildung beginnen, deshalb habe ich mir erst einen Nebenjob im Verkauf gesucht, um Geld zu verdienen. Ich habe in Syrien schon als Filialleiter gearbeitet, allerdings wurde hier lediglich mein Schulabschluss als mittlere Reife anerkannt.“ Um möglichst schnell weiter seine Deutschkenntnisse zu verbessern, habe er parallel neben dem B1-Kurs auch einen B2-Kurs begonnen, sodass er im September 2018 dann soweit war, eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann beginnen zu können. „Das war für mich so wichtig, damit ich meiner Familie und mir hier etwas aufbauen kann.“
Die ersten sechs Monate der Ausbildung seien schwer für ihn gewesen. „Ich war mit 30 Jahren mit Abstand der Älteste. Außerdem gab es da dann auch die sprachliche Hürde. Aber nach dem ersten halben Jahr lief alles gut, ich wurde gut angenommen, und ich konnte die Ausbildung erfolgreich abschließen. Ich wurde dann glücklicherweise auch in meinem Betrieb übernommen, der mich während der Lehre sehr unterstützt hat. Mein Ausbildungs- und mein Verkaufsleiter haben mir sogar angeboten, mich privat zu treffen, um mich beispielsweise dabei zu unterstützen, mich auf Prüfungen vorzubereiten.“ Und trotz Ausbildung hat Wisam Hawasli nebenher gearbeitet. „Ich musste ja meine Familie unterstützen.“ So war er beispielsweise bei einer städtischen Corona-Teststelle im Einsatz.
„Ich möchte ein Vorbild für andere Flüchtlinge sein und ihnen zeigen, was alles in Deutschland möglich ist, wenn man es will“, sagt der zweifache Vater. „Aber ich weiß auch, wie schwierig es ist, eine Ausbildung zu bekommen, weil es oft an der Sprache hapert. Aber ich kann nur alle Betriebe bitten, auch Flüchtlinge einzustellen“, appelliert Hawasli.
„Es ist in Syrien immer noch gefährlich“
Zurück nach Syrien zu gehen, kann sich Wisam Hawasli derzeit nicht vorstellen. „Es ist immer noch gefährlich dort, und wir sind damals ja geflüchtet, weil wir bedroht wurden“, erzählt er. „Trotzdem
Wisam Hawaslis nächstes Ziel ist, seiner Frau wieder einen Ehering zu kaufen. „Den haben wir verkaufen müssen, weil wir das Geld für die Flucht benötigten. Aber meine Frau und ich sind schon dabei, ihr einen neuen auszusuchen.“ Und auch ein weiteres Ziel hat der Einzelhandelskaufmann: „Die Filialleitung in meinem Betrieb zu übernehmen, aber erst, wenn ich genügend Erfahrung gesammelt habe.“