Der Wolf spaltet die Gemüter: Die einen freuen sich, dass er als ursprünglicher Bewohner der Wälder zurückgekehrt ist, die anderen sehen ihn als Eindringling und Bedrohung für Landwirtschaft und Tourismus. Landwirte, Jäger und Naturschützen blicken aus verschiedenen Blickwinkeln auf den Wolf.

Landwirte sehen Weidehaltung in Gefahr

Oswald Tröndle, Vorsitzender des Kreisverbands Waldshut des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands, fordert für den Südschwarzwald eine wolfsfreie Zone, weil die Hütesicherheit nicht gewährleistet werden könne. „Es gibt keine absolut sicheren, wolfabweisenden Zäune, sie sind hier auch allein topografisch nicht möglich.“

Oswald Tröndle, Landwirt/Vorsitzender BLHV Waldshut.
Oswald Tröndle, Landwirt/Vorsitzender BLHV Waldshut. | Bild: Ursula Freudig

Er weist darauf hin, dass die Landwirte die heutige vielfältige Kulturlandschaft geschaffen haben, die mit dem Wolf nicht zu halten sei. „Wenn die Politik nicht fähig ist, Gesetze so anzupassen, dass Weidehaltung möglich ist, dann wird sie im Schwarzwald sterben. Wir sehen für niemanden einen Mehrwert durch den Wolf.“ Dass der Wolf sich wieder in der Region ansiedeln soll, sei für die Landwirte absolut unverständlich. „Im Blasiwald gibt es das erste Rudel, das heißt, es geht jetzt erst richtig los“, befürchtet Tröndle.

Jäger fordern Aufnahme ins Jagdrecht

Auch für die Jäger sei schwer verständlich, warum der Wolf in der Gegend wieder heimisch werden soll, macht Bernhard Kallup, Kreisjägermeister der Badische Jäger deutlich. „Er sollte zumindest nicht im Naturschutzrecht verbleiben, sondern ins Jagdrecht aufgenommen werden und so den Hege-, Pflege- und Monitoringaufgaben der Jägerschaft unterliegen“, fordert der Kreisjägermeister.

Bernhard Kallup, Kreisjägermeister Badische Jäger.
Bernhard Kallup, Kreisjägermeister Badische Jäger. | Bild: Said Kallup

Damit wäre die Überwachung und bei Problemwölfen oder Überbestand die notwendige Regulierung leichter möglich. Und weiter: „Die Nutzung der Reh- und Rotwildbestände und Übergriffe auf Nutztiere, die bei Bildung größerer Rudel zunehmen werden, sind vom Wolf ausgehende Gefahren. Schon heute sind im Rotwildkerngebiet um den Schluchsee erhebliche Beeinträchtigungen des Rotwildbestandes erkennbar.“

Der Wolf in der Region

Nabu hält nichts von wolfsfreien Zonen

Anders sieht es hingegen Hauke Schneider, Vorsitzender des Nabu Waldshut-Tiengen und Umgebung: „Der Wolf trägt etliches zur gesunden Artenvielfalt bei. Wer sich intensiver mit ihm beschäftigt, kann seine Rückkehr nur begrüßen.“ In vielen Regionen habe man seine Rolle in der Nahrungspyramide akzeptiert und Maßnahmen für Herdenschutz und Flächenbewirtschaftung getroffen.

Hauke Schneider, Vorsitzender NABU Waldshut-Tiengen.
Hauke Schneider, Vorsitzender NABU Waldshut-Tiengen. | Bild: Privat

Abschuss und wolfsfreie Zonen seien laut Schneider nicht begründet und den Möglichkeiten nicht würdig. Vergleiche man den erderwärmungsbedingten Borkenkäferschaden im Kreis Waldshut mit den Wolfrissen, sei die Aufarbeitung extrem einseitig und meist negativ dem Wolf gegenüber. „Es gibt viele wichtigere Themen, die forciert werden müssen wie beispielsweise die Windkraft.“

BUND begrüßt die Rückkehr

Auch der BUND begrüßt die Rückkehr des Wolfes in unsere Kulturlandschaft. „Natürlich gibt es Konfliktpotenzial mit der Viehhaltung, aber mit Herdenschutzhunden, höheren Zäunen, nachts einsperren und anderen Schutzmaßnahmen, kann ein Zusammenleben gelingen, wie es uns zahlreiche Länder vormachen“, sagt Yonca Turner, Vorsitzende des BUND Waldshut-Tiengen.

Yonca Thurner, Vorsitzende BUND Waldshut-Tiengen.
Yonca Thurner, Vorsitzende BUND Waldshut-Tiengen. | Bild: Privat

Sie habe sich in den vergangenen Jahren intensiv mit dem Thema beschäftigt und sei von Anfang an vom Wolf fasziniert gewesen. Gleichzeitig bedaure sie es, wie der Mensch oft mit Tieren umgehe, seien es Wildtiere oder auch Nutztiere.

Waldkindergarten sieht keine Gefahr

Keine Gefahr durch den Wolf sieht Marinella Stockinger, Leiterin des Waldkindergartens Wawaki Waldshut: „Wir bringen unseren Kindern bei, im Einklang mit Tier und Natur zu leben, indem wir Tiere, auch Beutegreifer wie Dachs oder Fuchs, als Thema aufgreifen. Wir haben keine Angst vor diesen Tieren.“

Marinella Stockinger, Leiterin Waldkindergarten Wawaki.
Marinella Stockinger, Leiterin Waldkindergarten Wawaki. | Bild: Sophia Stockinger

Dass die Menschen sich vor dem Wolf fürchten, liege ihrer Meinung nach an den Geschichten und Märchen, in denen der Wolf als böses Tier dargestellt wird. „Befasst man sich mit seinem Verhalten, kann man feststellen, dass er ein sehr scheuer Beutegreifer ist, der sich von anderen Tieren ernährt und kein Interesse an uns Menschen hat“, macht sie deutlich. Daher gehe sie davon aus, „dass von einem gesunden Wolf, der genügend Nahrung in seinem Revier vorfindet, keine Gefahr ausgeht“.

Das könnte Sie auch interessieren

Das sagen hiesige Politiker

Die Landtagsabgeordnete Sabine Hartmann-Müller und der Bundestagsabgeordnete Felix Schreiner von der CDU fordern in Mitteilungen rechtliche Anpassungen, die es einfacher als bisher machen, Wölfe aktiv zu bejagen. Seine Position machte Felix Schreiner beispielsweise auch bei einer Podiumsdiskussion zum Thema in Ühlingen-Birkendorf deutlich.

Die Bundestagsabgeordnete Rita Schwarzelühr-Sutter von der SPD sagte auf Anfrage, dass Lösungsansätze zwischen Wolfsschutz und landwirtschaftlicher Tierhaltung umgesetzt und gefördert werden müssen. Beides dürfe sich nicht gegenseitig ausschließen.

Weitere Artikel zum Wolf am Hochrhein und im Südschwarzwald