Wenn der Rhein über die Stauwehre des Kraftwerks in Laufenburg fließt, sieht es aus wie ein abstraktes Gemälde. Die fließende Bewegung löst die Kanten in organische Formen. Rötlich braun schimmert das Eisen unter dem Fluss, der türkis darüber gleitet. Das Metall stemmt sich gegen den Rhein, hält seinen Druck und seine Masse auf.

Wenn der Rhein über die Wehre fließt, sieht es aus wie ein abstraktes Gemälde.
Wenn der Rhein über die Wehre fließt, sieht es aus wie ein abstraktes Gemälde. | Bild: Rasmus Peters

1370 Kubikmeter Wasser in der Sekunde kann das Kraftwerk Laufenburg verarbeiten. Das entspricht 1,37 Millionen Litern. Unbändige Kräfte, denen bis zu zehn Turbinen ihre Energie abringen und gezähmt an Haushalte in Deutschland und der Schweiz verteilen.

Strom für etwa 200.000 Dreipersonenhaushalte

Beim Kraftwerk gilt, nomen est omen, es ist buchstäblich ein Ort der Kräfte. Kräfte, die die Bewegungsenergie des Flusses in Elektrizität umwandeln. 106 Megawatt Leistung erzeugen 700 Millionen Kilowattstunden Strom. Das entspricht dem Verbrauch von etwa 200.000 Dreipersonenhaushalten. Im Rahmen der Leseraktion „SÜDKURIER öffnet Türen“ konnten 23 Abonnenten das 1914 in Betrieb genommene Wasserkraftwerk besichtigen.

Öffentliche Führungen werden hier eigentlich gar nicht mehr angeboten. Seltene Momente also, die unsere technikaffinen Leser erleben. Das fängt bei Erscheinungsbild an: Noch immer sehen die Bauwerke aus wie damals, sagt Sabine Trapp-Brüstle, Referentin der Betreiberfirma Energiedienst Holding.

Bild 2: Blick hinter die Kulissen des Rheinkraftwerks: Hier wird aus der Kraft des Wassers Strom erzeugt
Bild: Rasmus Peters

Sie begleitet die Besucher und erklärt das Innenleben der Anlage. Das Kraftwerk lässt sich in drei Abschnitt einteilen: den Maschinensaal mit dem Wartenturm, das Stauwehr und schließlich die am deutschen Ufer gelegene Schiffsschleuse, eine der wenigen entlang des Hochrheins.

Führung durch das Rheinkraftwerk Laufenburg entlang des Oberwassers Video: Peters, Rasmus

In der Warte wird der Wasserzufluss gesteuert

Im Turm des Kraftwerks ist die Warte untergebracht. Der Boden, die Wände und die Decke vibrieren im Puls der Kräfte, die die Maschinen freisetzen. An den Steuerpulten kann manuell ins vollautomatisierte System eingegriffen werden, sollten Unregelmäßigkeiten auftreten.

Sabine Trapp-Brüstle erläutert den aktuellen Durchfluss (830 Kubikmeter) und die daraus gewonnene Energiemenge (64,5 Megawatt).
Sabine Trapp-Brüstle erläutert den aktuellen Durchfluss (830 Kubikmeter) und die daraus gewonnene Energiemenge (64,5 Megawatt). | Bild: Rasmus Peters

Ein großer Monitor zeigt: Sechs Turbinen erzeugen in diesem Augenblick aus einem Durchfluss von 830 Kubikmetern 64,5 Megawattstunden Strom. Das bedeutet etwa 126.000 Liter Wasser fluten je eine der Straflo-Turbinen. Sie verarbeiten das Wasser aus dem Leitapparat. Der steuert automatisiert die Wasserzufuhr und verteilt sie auf die Maschinen. Wie ein Wasserhahn reguliert er, wieviel Wasser durchs Kraftwerk strömt.

Jede Turbine dreht sich etwa 107 Mal in der Minute

Überlebensgroß ragen im Maschinensaal die Turbinen in die Höhe. Hier geschieht die Energiegewinnung. Verdeckt arbeiten die Turbinen in den engen Gängen. Etwa 107 Mal in der Minuten drehen sie, schaufeln das Wasser durch ihr Laufrad. Sehen kann man es nicht. Nur das Dröhnen lässt erahnen, was hinter der Metallverkleidung passiert.

Gang durch den Maschinensaal im Rheinkraftwerk Laufenburg Video: Peters, Rasmus

Die zehn gigantischen Maschinen bestehen aus je einem Leitapparat, der Turbine, ihrer Kühlung und dem Generator. Aufeinandergestapelt wie riesige Lego-Steine. Es dröhnt. Ein Sichtschlitz gibt den Blick auf den Schleifring frei. Es ist die einzige sichtbare Bewegung der Stromerzeugung.

Bild 4: Blick hinter die Kulissen des Rheinkraftwerks: Hier wird aus der Kraft des Wassers Strom erzeugt
Bild: Rasmus Peters

Der Oberwasserpegel muss stets konstant bleiben

Der bei Laufenburg gestaute Oberwasserpegel muss kontinuierlich 300 Meter über dem Meer liegen. Das hängt mit der Schifffahrt zusammen. Würde zu wenig durchs Wehr strömen, wäre bei Rheinfelden und Basel nur einschränkt Schiffsverkehr möglich.

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Ein Saugrohr zwischen Damm und Flussbett sorgt dafür, dass das Wasser optimal ins Unterwasser abgeströmt wird und der Rhein weiter seinen Lauf nimmt.

Selbst Treibholz wird zu Energie

Ein sogenannter Rechen filtert den Fluss im Oberwasser. Eine Vielzahl ins Wasser ragender Metallstäbe hält Treibgut ab, in die Turbinen zu gelangen. Geschwemmsel, heißt das. Ein niedlicher Ausdruck für Baumstämme, Äste, ja sogar Fässer. Bis zu einem Meter Durchmesser haben die Hölzer, berichtet Trapp-Brüstle.

Der Rechen hält größere Gegenstände davon ab, die Turbinen zu verstopfen.
Der Rechen hält größere Gegenstände davon ab, die Turbinen zu verstopfen. | Bild: Rasmus Peters

Rechenreiniger befördern kleineres Treibgut in die Rinne hinter dem Rechen. Mit dem Greifer werden große Geschwemmsel aus dem Wasser gefischt. Zur Entleerung wird Wasser in die Rinne eingeleitet, das die Gegenstände in Container spült. Dabei kann einiges zusammenkommen.

Es landet viel Unrat im Rhein. Vom Rechen wird er gefiltert und aus dem Wasser sortiert.
Es landet viel Unrat im Rhein. Vom Rechen wird er gefiltert und aus dem Wasser sortiert. | Bild: Rasmus Peters

Bei Hochwasser können am Tag bis zu 20 Container gefüllt werden, berichtet Trapp-Brüstle. Unter normalen Bedingungen dauert dies aber deutlich länger: Tage oder sogar Wochen.

Mit dem gelben Greifer werden große Geschwemmselteile aus dem Wasser geholt.
Mit dem gelben Greifer werden große Geschwemmselteile aus dem Wasser geholt. | Bild: Rasmus Peters

Das angeschwemmte Holz wird getrocknet und zu Hackschnitzel verarbeitet. Es ist eben ein Kraftwerk: Was der Fluss bringt, wird zu Energie verarbeitet.

Stefan Sprenger: „Es war sensationell“

Zurück am Ausganspunkt, von Westen und Funkkopfhörern entledigt, sind unsere Leser voller Eindrücke: Josef Holzapfel aus Dogern etwa begeistert die historische Konstruktion, die alten schweren Ketten am Wehr, die Generatoren.

SÜDKURIER-Redakteur Markus Vonberg (Mitte) im Gespräch mit Lesern.
SÜDKURIER-Redakteur Markus Vonberg (Mitte) im Gespräch mit Lesern. | Bild: Rasmus Peters

„Es war sensationell“, sagt Stefan Sprenger.

Stefan Sprenger.
Stefan Sprenger. | Bild: Rasmus Peters

Ihn beeindruckte es, die Technik in Bewegung zu erleben, zu sehen, was passiert, bevor die Kraft des Rheins als Strom durch unsere Steckdosen fließt – erzeugt von den Maschinen des Kraftwerks in Laufenburg.