So richtig angenehmes Maiwetter war noch nicht, als kurz nach zehn Uhr im Kastanienpark vor dem Rheinfelder Rathaus die Kundgebung zum Tag der Arbeit begann. Eingeladen hatten der DGB-Kreisverband Lörrach und die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE). Das Interesse hielt sich aber in Grenzen, nur etwa 60 Teilnehmer waren gekommen.

Thomas Schwieger, DGB-Kreisvorsitzender und Betriebsratschef der Brauerei Lasser, eröffnete die Kundgebung. Sein erster Punkt war der Überfall Russlands auf die Ukraine. Er prangerte die Brutalität an und forderte, den Krieg so schnell wie möglich zu stoppen. Hierzulande sorgt ihn der zu knappe bezahlbare Wohnraum.

Musterstadt Rheinfelden

Rheinfelden bezeichnete er diesbezüglich als Musterstadt, nicht weil das Problem gelöst sei, sondern weil die Verwaltung eine Form gefunden habe, um mit Einwohnern und Firmen ins Gespräch zu kommen und gemeinsam Lösungen zu suchen. Mit Blick auf die Tarifverhandlungen plädierte Schwieger für einen Kurs der Vernunft. „Wenn ich sehe, dass mein Chef in einer relativ kleinen Firma plötzlich 200 000 Euro mehr Materialkosten unterbringen muss, weiß ich, dass er diesen Betrag nicht vollständig über den Preis ausgleichen kann.“ „Das stellt uns bei den Tarifgesprächen vor besondere Situationen.“

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Der Rheinfelder Oberbürgermeister Klaus Eberhardt ordnete die Maikundgebung in das 100-jährige Bestehen der Stadt ein. Schließlich sei Rheinfelden wegen der Industrie gegründet worden und mit den Firmen gewachsen. Auch die Kommune müsse sich dafür einsetzen, dass Beschäftigte eine gutes Auskommen haben. „Zufriedenheit der Arbeitnehmer wirkt sich auf das städtische Klima aus, sie beeinflusst unser soziales Miteinander,“ sagte er.

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Deshalb freue es ihn besonders, dass das Alu-Werk inzwischen wieder 220 Mitarbeitende zähle. Auch die Pandemie habe gewiss manche Lösungen beschleunigt, aber er spüre auch, dass Homeoffice nicht nur Zuspruch finde. Da fehlten dann wichtige soziale Kontakte und der direkte Austausch über Probleme sei eine Voraussetzung für deren Lösung. Die Zeitenwende, die der russische Angriffskrieg auf die Ukraine eingeleitet habe, schließlich werde sich nicht nur auf die Industrie, sondern auch die Kommunen auswirken.

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Die Hauptrede hielt Catharina Clay, Landesbezirksleiterin der IG BCE. Auch sie griff die besonderen Probleme aktueller Tarifverhandlungen auf. Als die IG BCE ihre Forderung aufgestellt hat, sah die Welt noch anders aus.

Catharina Clay, Landesbezirksleiterin der IG BCE, hielt die Hauptrede in Rheinfelden.
Catharina Clay, Landesbezirksleiterin der IG BCE, hielt die Hauptrede in Rheinfelden. | Bild: Rolf Reißmann

Chemische und pharmazeutische Industrie hätten 2021 Rekordergebnisse erzielt und die Arbeitnehmerseite einen fairen Ausgleich für die Inflation gefordert. Doch der 24. Februar und der Angriff auf die Ukraine habe die Lage massiv verändert.

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Die ausgehandelte Einmalzahlung sei eine Brücke, aber langfristig nicht ausreichend. Clay begrüßte, dass der Mindestlohn noch dieses Jahr erhöht wird, aber auch das sei nur die zweitbeste Variante. „Die beste Lösung sind immer noch Tarifverträge“, rief sie unter Beifall der Zuhörer. Auf die Lösungen gegen den Klimawandel eingehend mahnte sie verantwortungsvolle Entscheidungen an, denn niemand möchte den Wohlstand aufgeben.

Absolute Stille zog ein, als Clay auf den Krieg in der Ukraine zu sprechen kam. Wirkungen und Folgen von Sanktionen und Waffenlieferungen abzuwägen, sei schwierig, für viele sei dieses Abwägen kaum auszuhalten. Emotional leichter werde Hilfe, wenn sie konkrete Form erhalte, etwa Geflüchtete Frauen und Kinder betrifft. Schutz, Sicherheit und materielle Hilfe seien die beste Form, dem von Putin und Co. geschürten Hass und Gewalt Menschlichkeit und Solidarität entgegenzusetzen. Auch dafür stünden die Gewerkschaften am Tag der Arbeit.