Drei Wochen lang war der Rheinfelder Autor Thomas Blubacher im Januar auf Lesereise. Auf einer Kreuzfahrt von Singapur über Indonesien nach Australien las er aus seinen erfolgreichen Büchern. „Ein ziemlich angenehmer Arbeitsplatz“, schmunzelt der Schriftsteller.
Da das Schiff auch Bali anlief, lag es für ihn nahe, den Reisenden Auszüge aus seiner „Gebrauchsanweisung für Bali“ vorzustellen, in der er persönliche Reiseeindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse auf der Insel festgehalten hat. Ebenso gut kamen seine Reiseberichte über Kreuzfahrten an, die wie das Bali-Buch in der Reihe „Gebrauchsanweisung für...“ des Piper-Verlags erschienen sind.
Beim Lauschen der amüsanten Episoden konnten die Touristen „die einen oder anderen etwas mühsamen Mitpassagiere wiedererkennen – und vielleicht sogar sich selbst“, so Blubacher, der sich mit dieser Art des Reisens bestens auskennt und für einen Kreuzfahrt-Guide regelmäßig Schiffe bewertet. Zudem wird er zwei-, dreimal im Jahr als Gastkünstler auf Kreuzfahrtschiffe gebucht, um die Passagiere mit Lesungen zu unterhalten, Engagements, die er nicht nur wegen exotischer Reiserouten schätzt, „sondern auch, weil man an Bord viel leichter und intensiver mit dem Publikum ins Gespräch kommt“.
Von der Lesetour zurück, muss sich der Autor, der gerade einen Buchbeitrag zum 200. Geburtstag des Berliner Konzerthauses fertiggestellt hat, mehreren Projekten parallel widmen. Zum einen schreibt er an der Biografie einer von den Nationalsozialisten verfolgten jüdischen Familie in Berlin. Für dieses Buch, das bereits im Herbst herauskommt, waren aufwändige Recherchen, Archivbesuche und Zeitzeugengespräche in der halben Welt vonnöten, um den Spuren der Familie aus dem Theatermilieu nachzugehen.
Da sich der promovierte Theaterwissenschaftler Blubacher mit solchen Büchern über Künstlerschicksale in der NS-Zeit seit langem einen Namen gemacht hat, wurde er vom Dreiländermuseum Lörrach angefragt, im Rahmen der Ausstellung „Kunst und Nationalsozialismus“, die am 8. Mai eröffnet wird, einen Vortrag über Theaterpolitik in der NS-Zeit in Lörrach zu halten. Auch dieser Vortragstext steht auf Blubachers Agenda im Moment ganz oben. Außerdem in Arbeit ist ein Buch über die bewegte 100-jährige Geschichte einer Schweizer Gewerkschaft, das im November herauskommt.
Reine Fiktion hingegen sind die Abenteuer, die sich Blubacher für die Hörspiel-Reihe „Dinotastische Geschichten“ ausdenkt. Die erste CD ist letzten Herbst erschienen, die zweite wird im März herauskommen. Nun verfasst er zwölf weitere Hörspiele, die im Sommer in einem Berliner Tonstudio realisiert werden sollen. Die Fantasiegeschichten für Kinder ab vier Jahren drehen sich um Madame Freudenreich, in deren Garten und Gewächshaus im Elsass waschechte Dinosaurier leben – sehr zum Staunen und Vergnügen der Enkel. Mit Dialogen als Erzählform ist Blubacher als Theatermann und Regisseur ja bestens vertraut. Lustig, fantastisch und kindgerecht sollen sie sein, diese Hörspiele, die in Kooperation mit dem Europapark Rust entstehen.
Man könnte sich kaum einen größeren Kontrast vorstellen: Hier die wahren tragischen Schicksale jüdischer Verfolgter während des Nazi-Regimes, dort fiktive heitere Geschichten über eine Oma und ihre stubenreinen Dinosaurier. Doch gerade diese Abwechslung ist es, die Thomas Blubacher an seiner Arbeit schätzt, wobei es nicht immer ganz einfach sei, „auf ganz verschiedenen Baustellen“ zu arbeiten.
Als freischaffender Autor hat Blubacher keine festen Bürozeiten, aber er hält sich, sofern er nicht gerade auf Reisen ist, diszipliniert an eine Tagesstruktur. Am frühen Vormittag erledigt er Büroarbeiten, checkt und beantwortet E-Mails, liest Post, klärt Fragen mit einer Lektorin oder seinem Agenten. Dann schreibt er am Computer konzentriert meist sechs bis sieben Stunden durch.
„Zwar feile ich manchmal bis in alle Nacht an einem Text“, verrät der 52-Jährige, „aber in der Regel versuche ich, die Bürotür gegen 19 Uhr auch gedanklich zuzumachen und abzuschalten“. Auf seinem Schreibtisch herrsche „Zettelwirtschaft“, rundherum lägen „in scheinbarem Chaos“ Notizen, Archivdokumente, Material und Bücher griffbereit. „Ich brauche viel Platz“, schildert Blubacher sein Arbeitsumfeld. Erst, wenn ein Projekt abgeschlossen sei, mache er „Tabula rasa“.
Früher konnte er schreiben, während das Radio oder sogar der Fernseher lief, heute braucht er absolute Ruhe. „Ich bin empfindlicher geworden“, sagt er. Gerade, wenn er parallel an mehreren Projekten arbeite, sei es „eine Herausforderung, sich zu sortieren und zu fokussieren“. Ein neues Theaterprojekt steht aktuell nicht an, zumal Blubachers Terminkalender ohnehin bis Februar 2021 voll ist.
Zuletzt hat er im Sommer bei den Nibelungen-Festspielen in Worms die Uraufführung des Stücks „Rückenwind“ von und mit dem Fernsehstar Max Urlacher inszeniert, im nächsten Jahr ist eine Inszenierung in Berlin geplant. Doch erst einmal packt Blubacher wieder die Koffer: Auf einem Donau-Flussschiff begleitet er Themenreisen, die er konzipiert und für die er Schauspieler aus dem Bereich des Improvisationstheaters vermittelt hat. Und dann geht es in die USA und dort an Bord des ZDF-„Traumschiffs“.