Die Leiterin der bwlv-Fachstelle Sucht, die in Rheinfelden eine Außenstelle unterhält, öffnete im Sozialausschuss die Augen für das soziale Problem, das Spielhallen und Automaten verursachen können. Der Gemeinderat hat vor einem Jahr beschlossen, 20 000 Euro für die Prävention auszugeben, nachdem die Stadt die Spielsteuer erhöht hat. 1,6 Millionen Euro erwartet Oberbürgermeister Klaus Eberhardt nächstes Jahr vom Betrieb der Geldmaschinen steuerlich für die Stadt, erklärte er bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfs.
Was Sucht für Betroffene und ihre Familien bedeutet, veranschaulichte die erfahrene Fachstellenleiterin. Zwar bereite Alkohol immer noch das Problem Nummer eins, das Glücksspiel aber hole auf und stehe mittlerweile auf Platz zwei: „Diese Gruppe steigt von Jahr zu Jahr.“ Inzwischen besteht deshalb schon eine spezielle Gruppe für Glücksspieler, damit sie von der Sucht loskommen. „Wir lernen viel über die Szene, weil wir uns schulen“, betonte Steimle in der Sitzung. Aus ihrer Sicht zeichne sich eine tragische Geschichte ab, weil „mächtige Geldinteressen dahinter“ stehen. Der typische Spieler ist laut Steimle zu 95 Prozent männlich und zwischen 20 und 30 Jahren alt. Die meisten haben einen Schulabschluss, sind berufstätig und in der Regel „sehr gut sozial integriert“, sodass das Suchtverhalten lange Zeit verborgen bleibt. Nach der Statistik haben bis zu 30 Prozent ausländische Wurzeln in der Elterngeneration. Steimle wies aber auch darauf hin, dass es sich um eine legale Sucht handle und keine verbotene.
Nach ihren Erfahrungen funktioniere die Alterskontrolle in den Spielhallen mit Blick auf den Jugendschutz. Die beste Suchtprävention biete ihrer Meinung nach eine gute Jugendarbeit, die zur Bewusstseinsbildung beitrage. Eben, weil Spielsucht alles andere als harmlos sei, gebe es noch viel Verbesserungsbedarf. Zuletzt hat die Fachstelle im Kreis um die 90 Personen in Therapiemaßnahmen vermittelt. Ihr Appell richtete sich an die Kommunalpolitik und die Verwaltung, bei den Bewilligungen für Spielautomaten zu steuern. In Rheinfelden wird eine wohnortnahe Beratung durch die Fachstelle geboten, die im Dienstleistungszentrum Karl-Fürstenberg-Straße untergebracht ist. Die sie aufsuchen, werden in die Selbsthilfearbeit eingebunden, dadurch werden auch Ehrenamtliche qualifiziert.
Nach Steimles Erfahrung gehen die Kommunen inzwischen restriktiv mit der Genehmigung von Einrichtungen mit Glücksspielautomaten um. Dies bestätigte in der Diskussion Bürgermeisterin Diana Stöcker. Die Stadt prüfe baurechtlich sehr genau und achte auf die Abstandsregelung zu öffentlichen Einrichtungen. Bisher sei als Spielstätte der „Blaue Bock“ neu dazugekommen. Stöcker wies darauf hin, dass sich „nicht alles verhindern“ lasse. Gerade ältere Betriebe haben Bestandsschutz, für die Kommunen sei es schwierig, mit der Verfahrensflut umzugehen, wenn ein Betrieb abgelehnt werde.
Andreas Kramer (Leiter Jugendreferat) ergänzte, dass sein Referat gerne mehr Prävention betreiben würde, dafür aber auch personelle Ressourcen fehlen. Außerdem wies er darauf hin, dass auch die genetische Disposition eine Rolle spiele bei diesem Thema. Die Fachstelle zeigt Wege auf, wie sich die persönliche Lebenssituation verbessern lässt, das gilt für Alkoholabhängige ebenso wie Spielsüchtige. Finanziert wird die Einrichtung durch öffentliche Gelder, aber sie erwirtschaftet auch eigene Erträge durch Aktionen.