Draußen herrschten rekordverdächtige Temperaturen, drinnen eine rekordverdächtige Anzahl an Zuhörern: Die waren am Montagabend ausschließlich wegen eines Tagesordnungspunkts zur Sitzung des Hauptausschusses gekommen: Vereinbarung über vorgezogene ökologische Ausgleichsmaßnahmen für die A 98.5 Schwörstadt bis Karsau. Diesen Weg werden sie wohl am 27. Juni nochmals auf sich nehmen müssen. Denn die Mitglieder folgten einstimmig dem Vorschlag der Verwaltung, das Thema in den Gemeinderat zu bringen – wo dann auch die „große Generaldebatte“ stattfinden soll, wie Oberbürgermeister Klaus Eberhardt vorschlug.
Er ließ es sich jedoch nicht nehmen, zu erklären, warum die Verwaltung vorschlagen wird, den in Karsau und Minseln umstrittenen Maßnahmen zuzustimmen. Wie berichtet, hatten Minseln und Karsau die Verwaltungsvorlage abgelehnt und auf Nachverhandlungen mit dem Regierungspräsidium gepocht. Daraufhin hatte sich Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer in einem Schreiben an den OB gewandt, und einen zügigen Verfahrensablauf gefordert. „Die Vorlage entspricht den Wünschen des Regierungspräsidiums, weil das aus verwaltungsrechtlicher Sicht auch nicht anders geht“, erläuterte der OB.
Nur wenn die Vereinbarung über die vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen stehe, werde der zügige Fortgang des Planfeststellungsverfahrens gewährleistet. Diese rechtliche Situation und die Gemeinderatsbeschlüsse der Vergangenheit bilden laut Eberhardt die Grundlage der Entscheidung. Und der Konsens der Hochrheingemeinden von Bad Säckingen bis Rheinfelden, sich für einen zügigen Weiterbau der Autobahn einzusetzen. „Das heißt aber nicht, dass wir uns nicht für eine bessere Tunnellösung einsetzen werden.“ Die ökologischen Ausgleichsmaßnahmen müssen „tunlichst an dieser Stelle gemacht werden“, wo der Eingriff in die Natur stattfindet, so der OB weiter. „Und nicht etwa in Norddeutschland.“
An dieser Stelle heißt östlich des Karsauer Sportplatzes. Die Fraktionen folgten Eberhardts Vorschlag, die große Diskussion in den Gemeinderat zu verlagern. Bis dahin werde die Verwaltung auch alle bis dato gefassten Beschlüsse und Vorlagen bereitstellen. Auf den Einwurf von Heiner Lohmann (Grüne), wie es um die Bechsteinfledermaus, eine der geschützten Arten in diesem Bereich, bestellt sei, sicherte der OB ein Fachgutachten zu. „Vielleicht kann auch ein Experte des RP zur nächsten Sitzung kommen.“
Dies forderte auch Stadtrat Gustav Fischer und ging sogar noch einen Schritt weiter. „Dieses Thema ist so groß, dass sollten die Bürger selbst entscheiden“, so Fischer und schlug einen Bürgerentscheid vor. Sein Fraktionskollege Uwe Wenk erklärte sich ebenso wie Paul Renz (CDU) damit einverstanden, den Beschluss dem Gemeinderat zu überlassen. „Damit bekommt es für Ortschaftsräte auch die angemessene Bedeutung“, so Wenk.
Karin Reichert-Moser (Freie Wähler) wollte wissen, warum es in Karsau und Minseln Diskussionen über die Entschädigungszahlungen der betroffenen Grundstücke gegeben habe: „Was heißt angemessenes Angebot?“ Laut Eberhardt wird die Entschädigung vom RP festgesetzt und kann nicht verändert oder verhandelt werden. Die Berechnungsgrundlage stammt allerdings von 2013. Demnach sind die rund sieben Hektar rund 166 360 Euro wert. Auch an dieser Berechnung stießen sich die SPD-Fraktionen von Karsau und Minseln. In ihren Augen sind die Grundstücke viel mehr wert – auch, weil sie Heimat geschützter Arten sind.
Alles zur A 98 im Dossier:www.suedkurier.de/a98