Schopfheim Es ist jetzt gut zwei Jahre her, da schickte Michael Maraun ein Foto vom Ufer eines norditalienischen Sees. „Ich teste die Rente“, feixte der Chefarzt seinerzeit aus dem Urlaub. Nun ist aus dem Test ein Dauerzustand geworden: Maraun, als Begründer des Diabeteszentrums eines der Aushängeschilder des Kreiskrankenhauses Schopfheim, ist seit Januar offiziell in Ruhestand. Der 65-Jährige hat in Schopfheim etwas aufgebaut, das weit über Schopfheim hinaus Wirkung besaß und den Ruf des Kreiskrankenhauses bezüglich Diabetesmedizin deutschlandweit festigte. Was der 2023 verstorbene Schopfheimer Ehrenbürger Günter Zabel als Chefarzt für die Handchirurgie war, das war Michael Maraun für die Diabetologie. Regelmäßig tauchte das kleine Kreiskrankenhaus im Ranking des Magazins „Focus“ unter den deutschlandweit besten Krankenhäusern auf.
34¦Jahre war Michael Maraun an der Schwarzwaldstraße tätig. „Ich blicke sehr glücklich und zufrieden zurück“, sagt er. „Ich habe immer gerne gearbeitet.“ Dass er dieses durchweg positive Fazit ziehen kann, war zuletzt nicht selbstverständlich. Im Zuge des bevorstehenden Umzugs des Kreiskrankenhauses in das im Bau befindliche Zentralklinikum gab es bekanntlich reichlich Wirbel: Schopfheim sollte vor dem eigentlich geplanten Umzugstermin geschlossen werden, dagegen formierte sich heftiger Widerstand, mit Maraun als Galionsfigur, der sich teils auch emotional gegen diese Pläne wandte. Schlussendlich traf die vorzeitige Schließung das Kreiskrankenhaus in Rheinfelden, in Schopfheim brennt noch Licht – bis das Zentralklinikum fertig ist. Und Michael Maraun war von der Geschäftsführung von seinen Aufgaben freigestellt worden und hat nun das Haus vor dem Umzug verlassen.
Dieser letzten Episode möchte er aber nicht zu viel Platz einräumen in seinem Rückblick auf sein Berufsleben. Dafür bedeuten ihm die Jahre zuvor viel zu viel. 1991 war er an das seinerzeit noch Städtische Krankenhaus Schopfheim gekommen als junger Oberarzt. „Ich war davor in Singen an einer Klinik, das war meine erste große Stelle“, erzählt der in Gießen aufgewachsene gebürtige Hesse. Zuvor hatte er in Gießen studiert und war kurz an einer Klinik in Bad Oeynhausen (Nordrhein-Westfalen) beschäftigt. „Wir sind ins Wiesental gekommen und haben uns nach und nach in die Stadt und die Gegend und in das Krankenhaus verliebt“, erinnert er sich an die ersten Jahre gemeinsam mit seiner Frau Susann. Er war gekommen, um zu bleiben, die Familie – Michael Maraun, seine Frau Susann und Sohn Moritz – sind inzwischen richtige Südbadener. „Ich singe in Freiburg im Stadion das Badnerlied laut mit“, sagt der 65-Jährige und lacht.
Maraun war bereits an Bord, als das Krankenhaus 1992 in die Regie des Landkreises kam, „und damals hatten wir eine wirklich supergute Zusammenarbeit“, erzählt er. Es entstand ein Umfeld, in dem Maraun sich ganz seinem Thema, der Diabetologie, widmen konnte. Der Chefarzt leidet selbst seit seinem sechsten Lebensjahr an der Erkrankung und sieht dieses Feld aus zwei Perspektiven. „Da nimmt man sehr viel mit und hat noch einmal andere Blickwinkel“, sagt Maraun. „Wir konnten die richtige Struktur mit dem richtigen Personal aufbauen. Es kamen Patienten aus der ganzen Region, wir haben hier sehr viel angezogen, auch mit einer tollen Mannschaft. Wir haben eine große Patientenbindung hinbekommen.“ Mit diesem Hintergrund entwickelte Maraun die Diabetologie zum Aushängeschild und gilt seit Langem als Koryphäe auf diesem Gebiet.
Zudem gelang es Maraun, zahlreiche Ärzte am Standort in Schopfheim auszubilden – an die konkrete Zahl kann er sich kaum noch erinnern. Aber wer im Umland die Namen der Hausärzte studiert, der findet darunter viele, die Maraun unter seinen Fittichen hatte. Sein großer Wunsch ist, dass sich die Abteilungen des Kreiskrankenhauses Schopfheim allgemein und die Diabetologie – sein Lebenswerk – im Speziellen gut ins Gefüge des neuen Zentralklinikums eingliedern werden. „Die Zentralklinik bietet alle Möglichkeiten dafür.“ Seine Nachfolgerin Birgit Wirtz genießt sein volles Vertrauen. Und vor Ort führt der Diabetologe Matthias Wienke die Arbeit von Maraun in einer Diabetologischen Schwerpunktpraxis in Gündenhausen fort.
Das Krankenhaus liegt Maraun aber am Herzen und deshalb möchte er sich auch für eine Zukunft des Gebäudes engagieren. „Hier ein Medizinisches Versorgungszentrum aufzubauen, wäre in diesem altehrwürdigen Haus eine echte Möglichkeit. Wenn man es nicht tut, ist es eine vertane Chance.“