Wie groß ist der Stein, der Schopfheims Einzelhändlern am Montag vom Herzen fiel, als sie die Rollläden wieder hochfahren und ihre Geschäfte unter Einhaltung aller Sicherheitsvorkehrungen wieder öffnen durften? Wir haben uns bei Inhabern in der Innenstadt umgehört. Tenor: Alle sind erleichtert, aber bei einigen sind die Sorgenfalten nicht ganz verschwunden. Und es gibt auch Kritik.
„Natürlich freuen wir uns“, sagt zum Beispiel Sigrid Reif, Inhaberin von „Sigrids Bastellädele“ in der Hauptstraße. Sie hat ihr Geschäft mit einem Desinfektionsmittelspender ausgestattet, vor der Kasse sind orange Abstandsstreifen auf den Boden geklebt. Der ganz große Ansturm hat noch nicht stattgefunden an diesem Montagvormittag, wenige Stunden nachdem der Laden erstmals seit der Zwangsschließung Mitte März wieder geöffnet hat. Aber im Bastellädele merkt man Bedarf – zum Beispiel an Nähmaterialien für selbstgemachte Atemschutzmasken. Ansonsten nimmt es die Ladeninhaberin pragmatisch: „Wir konnten im Geschäft ein paar Dinge erneuern und waren ansonsten viel draußen in der Natur.“
Ein wenig gedrückter ist die Stimmung in der Scheffelstraße. Im Geschenkladen von Martina und Daniel Schöbel trauert man noch dem entgangenen Ostergeschäft nach. Dass das kleine Geschäft nun wieder offen hat, freut zwar beide. Aber erstens seien die Lücken im Etat nicht so einfach aufzuholen. Zweitens fürchten beide, dass die jetzige Öffnung vielleicht nur von kurzer Dauer sein könnte. „Es ist wichtig, dass jeder einzelne die Regeln einhält. Sonst kann es sein, dass wir in zwei Wochen wieder zumachen müssen“, sagt Martina Schöbel. Und dann übt die Inhaberin auch noch Kritik an den mangelhaft kommunizierten Sicherheitsstandards, die in den Läden nun gelten sollen: „Das weiß man einfach nicht genau, was man nun machen muss und was nicht.“ Im Geschenkladen gibt es einstweilen Markierungen am Boden und einen Spuckschutz an der Kasse.
Nebenan bei Sport Schwarzwälder hält sich der Kundenandrang in engen Grenzen. „Das ist auch kein Wunder“, sagt Inhaber Rolf Schwarzwälder. „So lange die Sportstätten und Schwimmbäder geschlossen bleiben müssen, haben wir einfach ein Problem.“ Zwar beobachtet auch er, dass viele Schopfheimer zum Joggen und Radfahren aus dem Haus gehen – aber das kann die Einbußen nicht auffangen. Und so kommt nach einer mauen Wintersportsaison nun ein maues Frühjahr dazu. „Aber wir schauen trotzdem positiv nach vorne“, sagt Schwarzwälder, in dessen Geschäft das Personal die Kunden mit Mundschutz bedient und in dem am Eingang ein Desinfektionsmittelspender bereit steht. „Es wird auch wieder bergauf gehen.“
Händler wünschen sich klarere Vorgaben
Davon überzeugt ist auch Philip Stutz, Inhaber der gleichnamigen Parfümerie: „Wir sind auf jeden Fall erleichtert, dass es weitergeht.“ Das Geschäft sei am Montag erstaunlich gut wieder angelaufen, „wir waren eigentlich überzeugt, dass es nur sehr langsam wieder in Gang kommt“. Er ist sicher, dass viele Kunden nun mit großer Vorsicht einkaufen gehen werden; „und einige andere müssen sicher auch mehr auf ihre Finanzen achten als vorher“. Auch Philip Stutz übt Kritik an den unklaren Vorgaben zu den Sicherheitsvorkehrungen: „Das ist eher wischiwaschi, was uns da zur Verfügung steht.“
Er wünsche sich klare Ansagen, welche Vorkehrungen die Einzelhändler zu treffen haben. In der Parfümerie wird mit Mundschutz bedient, außerdem ist der Bereich vor der Kasse abgeklebt. Und die Belegschaft arbeitet in Zweier-Teams, die gegenseitigen Kontakt vermeiden sollen.
Auch bei Juwelier Hubert Donkel im Pflughof gibt es Vorkehrungen: An den Kassen wurden Glasscheiben montiert, die Geschäfte werden mit gebührender Distanz und mit maximal zwei Kunden im Ladenraum abgewickelt. Ein Desinfektionsmittelspender ist bestellt. „Wir haben versucht, uns so gut es geht über die Vorgaben zu informieren“, sagt Donkel. So ganz klar sei aber nie kommuniziert worden, was denn nun seitens der Ladeninhaber wirklich zu tun sei. „Also haben wir uns selbst beholfen.“ Er selbst spüre „verhaltene Erleichterung“ über die Wiedereröffnung. Richtig viel los ist auch im Uhren- und Schmuckgeschäft im Moment nicht. „Ich glaube, viele Leute haben einfach noch Angst“, sagt Hubert Donkel. „Ich glaube nicht, dass die Kunden in Massen strömen werden. Wir sehen das nun als vorgezogene Sommerferien. Vielleicht lassen wir dafür im Sommer auf.“ Eine Sonderstellung nimmt in Schopfheim zur Zeit das Haushaltswaren-Geschäft Expert Villringer ein. Als einziger Händler hat Villringer mehr als 800 Quadratmeter Verkaufsfläche und darf daher nicht öffnen. Das brachte die Geschäftsführung auf eine kreative Idee: Am Montagvormittag war zeitweise der Rollladen am Haupteingang zur Hälfte offen, Kunden konnten klingeln und Waren bestellen oder bestellte Waren abholen.
„Unser Sortiment kann man telefonisch oder im Internet bestellen“, sagt Geschäftsführer Bruno Hall. „Ärger ist nicht der richtige Ausdruck“, gibt sich Hall diplomatisch zur Obergrenze von 800 Quadratmetern, die in Schopfheim nur sein Geschäft trifft. „Das ist eben das Szenario, für das sich die Landesregierung entschieden hat.“ Immerhin habe die Service-Abteilung schon länger geöffnet – „und wir bemühen uns ja, zumindest einen Teil der Kundenwünsche zu erfüllen“, so Bruno Hall.