Nicolai Kapitz

Rund 200 Menschen aus der ganzen Region haben sich am Samstagnachmittag auf dem Schopfheimer Marktplatz versammelt, um in einer gemeinsamen Aktion gegen die „Abschaffung der Grundrechte“ zu demonstrieren. Trotz zwischenzeitlicher Regenschauer hielten die Demonstranten in gebotenem Abstand voneinander über den von den Anmeldern anvisierten Zeitraum von 15.30 Uhr bis 17 Uhr am Marktplatz die Stellung. Die Polizei überwachte das Geschehen, hatte aber keine Probleme zu vermelden.

Renate Brutschin hat Fragen vorbereitet.
Renate Brutschin hat Fragen vorbereitet. | Bild: Nicolai Kapitz

Es ist ein stilles, aber trotzdem aussagestarkes Statement, das die Demonstranten auf dem Marktplatz platzieren: Es geht um nicht mehr und nicht weniger als die „sofortige Abstellung aller Corona-Maßnahmen“, wie die Anmelderin der Demonstration, Susanne Sauter aus Schwörstadt, erklärt. „Es gibt keinerlei Grund dafür.“ Renommierte Ärzte und Wissenschaftler hätten längst bestätigt, dass das Virus „nicht gefährlicher ist als eine Grippe“. Und außerdem informiere sie sich nicht über die „Mainstream-Nachrichten“, sondern über andere Kanäle. „Das muss in einer Demokratie auch noch erlaubt sein. Wer alles glaubt, das irgendwo gedruckt und gesagt wird, der soll das machen. Es ist frappierend, wie in diesen ganzen Talk-Shows immer wieder die gleichen Wissenschaftler zu Wort kommen“, sagt die Anmelderin der Demo. Andere Fachleute – mit anderen Erklärungsansätzen – würden „als Verschwörungstheoretiker abgestempelt“.

Zweifel an der Richtigkeit mancher offizieller Darstellungen haben offenbar die meisten derer, die sich da am Samstagnachmittag auf dem Platz versammelt haben, übrigens schon zum zweiten Mal nach dem Samstag vorige Woche, als sich ungefähr 40 Menschen eingefunden hatten. An diesem Samstag sind es fünf Mal so viele. Und unter ihnen viele Schopfheimer, aber auch viele Auswärtige. Zum Beispiel Oliver Munz aus Binzen. „Ich musste 55 Jahre alt werden, um zum ersten Mal demonstrieren zu gehen“, sagt er. „Es wurde auch Zeit.“ Er sei inzwischen überzeugt, dass die Einschränkungen, die wegen der Corona-Krise verhängt wurden, „viel zu weit gehen“. Renate Brutschin aus Schopfheim hat ein großes Plakat gebastelt. Sie stellt Fragen: „Kann ich Vertrauen haben, dass die Einschränkungen nur unserem Schutz und Wohl dienen, wenn weltweit ständig Gesundheit und Wohl der Menschen und unser Planet der Profitgier und Machtgier geopfert wird?“ Auch sie ist zum ersten Mal an einer Demonstration. „Es bewegt mich einfach sehr.“ Es wird seitens der Anmelder mit Ordnern dafür gesorgt, dass die Abstände zwischen den Demonstranten – trotz aller Kritik an den Verordnungen – eingehalten werden. Viele der Menschen tragen an diesem Tag Schilder oder Bücher vor sich. „Widerstand 2020“ steht darauf, oder „Diktatur? Nein!“

OIiver Munz aus Binzen
OIiver Munz aus Binzen | Bild: Nicolai Kapitz

Es ist auffällig, dass sehr viele Teilnehmer spontan gekommen sind. Natürlich finden sich unter den Demonstranten auch solche, die hinter den Corona-Maßnahmen tiefere Verstrickungen wittern: Einige haben Literatur dabei, die sich mit Impfungen kritisch auseinandersetzt. Manche raunen etwas von „Steuergeldverschwendung“ in Richtung der Polizeibeamten, die durch die Demonstration patrouillieren. „Die hätten doch sicher was besseres zu tun.“ Manche erzählen von Scheindemokratie, Diktatur und Unterdrückung. Und manche halten es auch für nötig, Pressevertreter zu beschimpfen. Aber der Großteil der Teilnehmer setzt sich augenscheinlich aus Bürgern zusammen, deren Tagwerk nicht der Protest ist.

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Hauptkommissar Carsten Figge von der Polizei Schopfheim ist Leiter des Einsatzes der Beamten an diesem Tag. Er steht bereitwillig für Fragen zur Verfügung. „Die Veranstalter wurden von der Zahl der Teilnehmer etwas überrascht“, sagt er. Deshalb hat die Polizei den Marktplatz recht schnell für parkende Autos abgesperrt, um der Demo mehr Platz zu bieten. Ruhig, aber bestimmt achtet die Polizei darauf, dass alles in geordneten Bahnen verläuft. Und ja, auch die Polizisten müssen sich das eine oder andere kritische Wort anhören. „Aber es ist alles im Rahmen“, sagt Figge. Bis 17 Uhr wachte die Polizei über die immer wieder von Regenschauern überraschten Demonstranten. „Nächste Woche komme ich wieder“, sagt Oliver Munz. „So lange, bis diese Maßnahmen ein Ende haben.“