Schwörstadt – Herausforderer schlägt Chefin: Mit 16 Stimmen Vorsprung hat Kämmerer Fabio Jenisch am Sonntagabend die Bürgermeisterwahl in Schwörstadt gegen Amtsinhaberin Christine Trautwein-Domschat gewonnen. Trotz der nicht alltäglichen Konstellation, dass ein – obendrein erst im Sommer ins Amt gekommener – Rathausmitarbeiter seine Vorgesetzte herausfordert, hat Jenisch es in der kurzen Zeit des Wahlkampfs geschafft, die Mehrheit der Schwörstädter von sich zu überzeugen. Am Tag nach der Wahl zeigt er sich zuallererst erleichtert.
„Doch, doch“, sagt Jenisch auf die Frage, ob er in der Nacht zum Montag gut geschlafen habe. Auch am Wochenende „haben wir es zu Hause gut gelöst“ – die kleine Tochter habe ihren ersten Geburtstag gefeiert, bevor der Vater am Tag darauf ins Rampenlicht der Bürgermeisterwahl trat. „Irgendwann wartet man nur noch, bis 18 Uhr ist“, sagt der 37-Jährige. Als die Wahllokale schlossen, stieg die Anspannung, schon kurz vor 18.30 Uhr trafen die ersten Auszählungsergebnisse aus Dossenbach ein – Jenisch lag mit 58,85 Prozent klar vor Trautwein-Domschat. „Das war Erleichterung. Es hieß immer, Dossenbach sei der entscheidende Faktor“, berichtet Jenisch. „Ich war überrascht über die Deutlichkeit. Aber in erster Linie war ich erleichtert, dass mein Programm verfängt.“
Wie gelang es ihm, in dieser kurzen Zeit an der Amtsinhaberin vorbeizuziehen? Schließlich hatte Jenisch seine Kandidatur erst am 21. November öffentlich gemacht. Das Kunststück, Amtsinhaber zu bezwingen, ist nicht alltäglich, schließlich siegen Bürgermeister, die wieder antreten, in der weit überwiegenden Zahl der Wahlen. Jenisch muss bei dieser Frage überlegen und lachen. „Ich habe noch keine abschließende Erklärung“, sagt er. „Ich glaube, es gab da eine gewisse Unzufriedenheit. Für mich war das als Verwaltungsinsider spürbar. Für Außenstehende mag es eine Überraschung sein, aber es gab doch einige Punkte, die in der Bevölkerung für Unzufriedenheit gesorgt haben.“ Allen voran, dass „Sachen zu lange gedauert haben“, so Jenisch. „Es muss schnellere Entscheidungen geben.“
Dennoch habe er nicht mit diesem Ergebnis gerechnet. „Man hofft natürlich“, sagt er. „Bei der Knappheit hätte es aber auch anders ausgehen können.“ Er hat mit 51 Prozent der Stimmen gewonnen. Wie will er die andere Hälfte der Bürger von sich überzeugen? „Mit transparenter Verwaltungsarbeit. Durch Deutlichmachen meiner Stärken in der Kommunikation. Und dann werde ich den einen oder anderen Impuls aus dem Wahlkampf aufgreifen.“
Auf welcher Basis wird er mit dem Gemeinderat zusammenarbeiten? Schließlich entlud sich dessen Ärger – jüngstes Beispiel: ein aus Sicht vieler zu schlechten Konditionen gemieteter Gießwagen – nicht nur gegen die Bürgermeisterin, sondern auch gegen die Verwaltung, deren Teil Jenisch seit dem Sommer ist. „Es wird die erste große Aufgabe sein, dass wir gemeinsam eine Basis finden. Ich kann mir auch schwer vorstellen, dass wirklich die ganze Verwaltung in der Kritik steht. So kam es bei mir nicht an.“ Mit seiner Chefin habe er bislang nicht gesprochen. „Dass das Verhältnis im Moment etwas getrübt ist, ist logisch. Vielleicht kommen die Weihnachtstage jetzt zur richtigen Zeit“, sagt Jenisch über die Stimmung im Rathaus.
Zumindest im Dienstzimmer der Noch-Bürgermeisterin ist die Stimmung gar nicht so sehr auf dem Tiefpunkt, als Christine Trautwein-Domschat am Montag nach der Wahl den Hörer abnimmt. „Nicht wirklich tief“ sitze die Enttäuschung, sagt die unterlegene Amtsinhaberin. „Natürlich hätte ich gerne Projekte zu Ende gebracht. Jetzt ist alles angeschoben, jetzt kann geerntet werden.“ Aber die Bürger hätten sich entschieden – „und das ist jetzt so“. Zumal: „Mit einer schlechten Stimmung im Gemeinderat zu arbeiten, ist halt auch nicht schön.“
Bei den Bürgern „saß der Frust tief über die vielen Baustellen und die ganzen Schilder und Umleitungen“, nennt Trautwein-Domschat aus ihrer Sicht den Hauptgrund für die Wahlniederlage. „Manche Dinge hätten schneller gehen müssen. Das hat der Bevölkerung nicht gefallen.“ Sie selbst habe sich „nichts zu Schulden kommen lassen“ und könne erhobenen Hauptes gehen. „Ich habe immer 150 Prozent gegeben. Da bin ich professionell.“ Sie sei jetzt wieder „frei für eigene Projekte, und da freue ich mich drauf“, so die 60-Jährige. Worum es sich dabei handelt, möchte die gelernte Rechtsanwältin nicht verraten, „das sind ungelegte Eier“. Sie freue sich auch auf die Freizeit. „Und jetzt kommt erst einmal Weihnachten.“