St. Blasien Der Müllheimer Galerist, Sammler, Autor und Hans-Thoma-Experte Gottfried Pütz hielt zum Abschluss der Ausstellung „Hans Thoma – ein Leben für die Kunst“ im Kreismuseum St.¦Blasien einen Vortrag. Den Schwerpunkt legte er dabei auf Thomas künstlerische Anfänge in Bernau und St.¦Blasien. Von diesen ersten Künstlerjahren zeugten zahlreiche Exponate der Sonderausstellung. Pütz erläuterte, welche bedeutende Rolle einflussreiche Förderer in beiden Gemeinden für den Aufstieg des bettelarmen Bauernsohns zu einem der damals berühmtesten Künstler Deutschlands gespielt hatten.

Zu Thomas guten Geistern gehörten demnach sein Haupt- und Zeichenlehrer Julius Ruska an der Volksschule in Bernau-Außertal und später der damalige St.¦Blasier Amtmann Otto Sachs. Eine wesentliche Rolle habe auch Hans Thomas Mutter Rosa gespielt. Die verwitwete Mutter habe früh das Talent ihres Sohnes erkannt und ihn unterstützt, wo sie konnte. Unter anderem habe sie Hans Thomas erste Zeichnungen und Gemälde auf dem Markt in St.¦Blasien verkauft. Etliche der frühen Thoma-Werke zeigen St. Blasier Ansichten. Thomas wichtigster Kunde in jenen Jahren sei der St.¦Blasier Apotheker Karl Otto Romer gewesen.

Ein weiterer Glücksfall für Hans Thomas Werdegang sei die Gründung einer Zeichenschule in Bernau „zur Förderung der Hausindustrie im Schwarzwald für die schulentlassene männliche Jugend“ gewesen. Dort habe der 1839 geborene Hans Thoma von 1856 bis 1859 eine kostenlose zeichnerische Ausbildung erhalten. Ab Oktober 1859 hatte Thoma dank eines Stipendiums des Markgrafen von Baden an der 1854 neu gegründeten Großherzoglichen Kunstschule in Karlsruhe seinen künstlerischen Werdegang beginnen können.

Pütz ging auch auf Hans Thomas Sommeraufenthalte in seiner Bernauer Heimat zwischen 1860 und 1868 ein. Dort seien unter räumlich beengten Verhältnissen bedeutende Gemälde entstanden. Motive sind unter anderem das Uhrmacherhaus im Ortsteil Oberlehen, in dem die Familie viele Jahre lang lebte, eine Bibelstunde, Hühnerfütterungen, Interieurs und Landschaften oder Porträts von Familienmitgliedern.

Eines der in diesem Zeitraum entstandenen Bilder, das jahrelang als verschollen galt, sei zufällig durch die aktuelle Ausstellung in St.¦Blasien aufgefunden worden. Der Kurator der Städtischen Museen Nürnberg hatte bei seinem Besuch der St.¦Blasier Ausstellung in Pütz‘ aktuellem Buch „Hans Thoma – Geburts- und Uhrmacherhaus“ eine Abbildung des besagten Bildes entdeckt, das den Vorplatz zum Uhrmacherhaus zeigt. Prompt meldete er, dass sich dieses Bild gut erhalten im Besitz der Stadt Nürnberg befinde.

Das Gesamtwerk umfasse geschätzt 1600 Gemälde, Tausende Zeichnungen und unzählige Druckgrafiken, sagt Pütz auf Nachfrage dieser Zeitung. „Und immer noch tauchen alljährlich bis dahin unbekannte Werke von Hans Thoma auf.“ Entdeckt werden die Werke meist, wenn Besitzer ihre Erbstücke zur Begutachtung vorlegen, berichtet er.