Die neue, seit einigen Wochen erstmals angebotene historische Stadtführung durch Stühlingens Altstadt kommt so gut an, dass beim jüngsten Termin die große Gruppe geteilt werden musste.
Wenn Geschichte lebendig wird
Initiatorin Jutta Binner-Schwarz und Andreas Mahler führten zwei Gruppen mit interessierten Touristen und einer erfreulich großen Anzahl an Einwohnern, darunter die beiden Ortsvorsteher Gaby Fischer (Weizen) und Wolfgang Löhle (Eberfingen).

Die eineinhalbstündige Führung durch die markantesten Punkte des Städtle in Gerberstraße und Herrengasse ist barrierefrei (außer dem Zugang zur altkatholischen Kirche), kurzweilig und informativ: Hier wird die Geschichte Stühlingens lebendig erzählt.
Alte Stadt im topografischen Dreiklang
Andreas Mahler startete in der Schür am Stadtgraben, in der der Schwarzwaldverein Stühlingen das Bild des Stühlinger Lithografen Emil Würth ausgestellt ist. Darin wird der topografische Dreiklang des Kernorts mit Dorf, Städtle und Schloss ersichtlich.

Sehenswerte Ausstellung in Freiburg
Mahler empfahl die Ausstellung im Freiburger Augustinermuseum, die bis zum 1. September Werke des Stühlinger Malers Johann Martin Morath entdeckt: „Die Freiburger haben Johann Martin Morath für Stühlingen wieder entdeckt.“

In dessen Werken ist die Entwicklung in Stühlingen durch die Zeit erkennbar. Wo heute die Großmärkte und Tennisanlage stehen, gab es 1840 nur Pappeln und eine Säge, die später erweitert wurde. 1851 stand dort der Vorängerbau der Zwirnerei.
Gebäude zeugen von wechselvoller Geschichte
In der Rückansicht des Städtlerunds sind die Strukturen ersichtlich. Der damals gefüllte Stadtgraben wurde von den Rotgerbern genutzt. Bis ins 16. Jahrhundert zurück geht eines der ältesten sichtbaren Gebäude mit dem wehrhaften Turm.
Erkennbar sind die Bürgerhäuser und Handwerkerhäuser mit den Gärten noch heute, ein besonderes Merkmal des Stühlinger Städtles. Erwähnenswert sind ebenso der Schürgarten und die Nothelferkapelle mit dem alten Spritzenhaus.

Das Rathaus wurde 1610 erbaut und brannte 1904 abgebrannt. „Bereits damals entbrannte die Diskussion, ob der Wiederaufbau im Städtle oder im Dorf erfolgen soll.“ Mahler ist froh, dass das Rathaus in den 70er Jahren nicht dem „Modernisierungszwang“ erlag.
Blick auf eine einflussreiche Familie
Der Marktplatz wurde seit der Stadtgründung im Jahr 1262 rege genutzt (die älteste urkundliche Erwähnung ist aus dem 16. Jahrhundert).

Beim Gang um das Städtlerund tauchten die Besucher in die Vergangenheit ein und erfuhren einiges über die Juden in Stühlingen, zeitweise bis zu acht Wirtshäuser, Apotheke und Gefängnis sowie die Hoch-Zeit der Rotgerberfamilie Würth, wodurch Stühlingen an Bedeutung gewann und regelmäßig mit München und Berlin verkehrte.

Auf die Anfänge des Bauernkrieges in Stühlingen wies Andreas Mahler besonders hin: „2024 jährt sich der Bauernkrieg zum 500. Mal. Ich bin gespannt, was Stühlingen daraus macht!“
Die Stühlinger Altstadt
Stühlingens erste urkundliche Erwähnung datiert auf 1120. Im Jahr 1262 wurde dem Ort das Stadtrecht verliehen. Besiedelt war die Gegend aber wohl schon im 6. Jahrhundert, wie Grabungsfunde belegen. Die befestigte Stadt wurde 1499 im Schweizer Krieg gebrandschatzt. Das untere Stadttor brannte 1828 nieder. Das Obere Stadttor musste 1846 dem immer stärkeren Verkehrsaufkommen weichen. Die Herren von Küssenberg, die Grafen von Lupfen, die Pappenheimer und die Fürsten von Fürstenberg hatten über den Ort von 1172 bis 1806 das Sagen. 2012 verkauften die Fürstenberger das Schloss Hohenlupfen an den Landwirt Martin Stamm aus CH-Schleitheim.