Bär

Däschle und Turkos sind zwei Ewattinger Sagengestalten, die im 19. Jahrhundert tatsächlich gelebt haben. Beide werden als Urgewalten beschrieben, um sie ranken sich die abenteuerlichsten Geschichten, die auch in der Ewattinger Ortschronik festgehalten wurden. Nun erhalten sie als neue Holzmasken von Bildhauerin Lillian Stiegeler für die Strohbärenzunft ein närrisches Denkmal.

Zwei Meter groß, drei Zentner schwer

Josef Däschle, geboren 1845, soll zwei Meter gemessen und drei Zentner gewogen haben. Seine Bud-Spencer-Kräfte machten ihn schon im jungen Alter über die Dorfgrenzen hinweg zu einem Begriff. „Wie de Däschle“ wurde bei den nachfolgenden Generationen zu einem geflügelten Wort, wenn jemand auf eindrucksvolle Weise seine Muskeln spielen ließ.

Störrische Rinder soll er auf der Schulter zur Gemeindewaage getragen haben. Im Alleingang schlug er eine Schneise durch den Wald zur Wutachmühle und ritzte unterwegs seine Initialen und das Jahr 1865 in eine Felswand. Noch heute spricht man an der Stelle vom Däschle-Felsen.

„I. D. 1865“: Die Initialen von Josef Däschle an der Felswand im Schrofenwald, wo er 1865 mit Urgewalt einen Weg zur ...
„I. D. 1865“: Die Initialen von Josef Däschle an der Felswand im Schrofenwald, wo er 1865 mit Urgewalt einen Weg zur Wutachmühle schlug. | Bild: Florian Kech

Geschichte fasziniert bis heute

Niemand konnte es mit Däschle aufnehmen, bis er eines Tages eine Frau traf, die ihm körperlich ebenbürtig war. Man nannte sie nur die Turkos, weil sie mit ihren schwarzen Haaren und den roten Pumphosen aussah wie Soldaten aus der nordafrikanischen Einheit des französischen Heers.

Sie ist fast noch ein größeres Mysterium als Däschle. Sie soll fließend Deutsch, Englisch und Italienisch gesprochen und geraucht haben wie ein Schlot.

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Auch an Fasnacht ragten die beiden Riesen heraus. Bei Umzügen sollen sie sich abwechseln auf den Schultern getragen haben. Dabei erreichten sie eine Höhe, die ausreichte, um aus den oberen Fenstern Fasnachtsküchle entgegenzunehmen.

Als Turkos nach einem Streit einmal davonlief, annoncierte Däschle in der Bonndorfer Lokalzeitung: „Entlaufen ein 71-jähriges Dornröschen, hört auf den Namen Madame, mit unbezähmbarem Mundstück. Der ehrliche Finder wird gebeten, ihr einen Maulkorb anzulegen und danach als sein Eigentum in gute Verwahrung zu nehmen.“

Um 1908 starb Turkos an einer Lungenentzündung. Bei ihrer Beerdigung legte Däschle seinem „schwarzen Schatz“, die geliebte Pfeife, mit ins Grab. Drei Jahre später folgte er ihr nach, als er nachts in einem Schneesturm am Bachtaleck die Orientierung verlor und erfror.

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Für Holzbildhauer Stiegeler, der jedes Jahr 200 Masken schnitzt, war es ein besonderes Projekt – das Eintauchen in die Erzählungen, der reale Hintergrund. „Die Figuren haben eine Geschichte, das hat mich sehr fasziniert“, sagt Stiegeler.

Die Masken musste Stiegeler dann aber doch aus dem Nichts erschaffen, denn weder von Däschle noch von Turkos existieren Fotos oder Zeichnungen. Herausgekommen sind zwei Charakterköpfe. „Man sieht ihnen an, dass sie viel draußen arbeiteten, vom Leben gezeichnet, schon leicht ergraut“, sagt Stiegeler. Den passenden Teint verpasste den Larven Lillian Stiegeler mit Acrylfarben.

Eingekleidet werden die Riesen im Übrigen von Corinna Thoma, die sich seit Jahren schon um die Garderobe der Ewattinger Elferräte kümmert. Das Nähen der XXL-Mode habe ihr großen Spaß gemacht, sagt sie. Die Einführung der neuen Figuren sei eine „super Sache“, erklärt Thoma.

Rund 70 Jahre nach Gründung der Strohbären hat die Ewattinger Fasnacht somit zwei neue Einzelfiguren. „Däschle und Turkos sind keine Konkurrenz zu den Strohbären, sondern eine Ergänzung“, betont Narrenvater Florian Kech. Es soll auch bei diesen beiden Einzelmasken bleiben. Geklärt ist auch schon die Frage, wer sie tragen darf. Groß und kräftig sollte er sein. Gelüftet wird das Geheimnis allerdings erst am Bunten Abend. Elferratschef Philipp Keller verrät nur so viel: „Wir haben eine Idealbesetzung.“