Stühlingen – Seit Jahrhunderten müssen Bauern ihre eigenen Kämpfe führen. Daran erinnerte Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, auch am Wochenende zum Stühlinger Bauernkriegs-Gedenkjahr. Er sieht in den Veranstaltungen eine gelungene Fortsetzung der Bauernproteste Anfang des Jahres: „Die Landwirte sind nicht am 15. Januar nach Berlin gefahren, weil vor 500 Jahren Bauernkrieg war, weil es nicht nur um Wut ging, es ging um ganz berechtigte Anliegen. Früher ein Kampf gegen Leibeigenschaft und Willkür, heute ein Kampf für gleiche Wettbewerbsbedingungen als überflüssige, nicht hilfreiche Bürokratie.“

Krüsken sprach von den harten Marktbedingungen, mit denen sich die vier Stühlinger Betriebe erfolgreich auseinandergesetzt haben. Und er wünschte Unterstützung für diese Betriebe von Marktpartnern und Gesetzgebung. Wenn es einen Mindestlohn geben sollte, dann einen europäischen. Applaus erhielt Bernhard Krüsken für seine Forderung nach gleichen Spielregeln in wichtigen Wettbewerbsbedingungen. Unter anderem darum ging es im Podiumsdialog auf dem Koblbauer-Areal auf dem Schlossberg Stühlingen. Vertreter aus Landwirtschaft, Politik und Wirtschaft gaben ihr Wissen und ihre Sicht den zahlreichen Besuchern kund. Durch den Abend führte Moderator Uwe Baumann, geladen hatten die beiden Initiatoren, Wilfried Kaiser vom Badischen Landwirtschaftsverband sowie Bürgermeister-Stellvertreter Rüdiger Mayer.

Markus Kaiser, Genussbotschafter des Landes, bat indes um Planungssicherheit beim Auszahlungszeitpunkt der Ausgleichsleistungen. Sabine Kurtz, Staatssekretärin im Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Baden-Württemberg, freute sich, dass die Bauernproteste zu Jahresbeginn im Südwesten geordnet abgelaufen seien und hofft auf langen Atem, dass der Protest und die Wut in intelligente Politik umgesetzt werden. Das in Stühlingen schwelende Thema der Schweizer Landnahme sprach sie nur kurz an: „Es wurde bereits gerichtlich entschieden, dass wir keine Handhabe mehr haben. Wenn Landwirte aus der Schweiz hier Land bewirten und die Zoll-Lage für sich nutzen, ist dies juristisch schon mal zu unseren Ungunsten erklärt worden“, sagt sie. Überhaupt schaffe es die Schweiz oft, von europäischen Regelungen zu profitieren, ohne in der EU zu sein.

Bauern sollen mit der Natur arbeiten

Für Karl-Heinz Lieber, Abteilungsleiter Naturschutz beim Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, ist wichtig, die Verbindung zwischen Naturschutz und Landwirtschaft herzustellen. Dabei nannte er spezifisch die negative Energie beim Thema Bienenschutz 2019 und die grünen Holzkreuze, „da war Landwirtschaft gegen Naturschutz, es ist uns gelungen, den baden-württembergischen Weg zu gehen, aus der Konfrontation in die Kooperation zu gehen.“ Wenn Krieg und Rechtsrutsch in Europa wieder in den Hintergrund treten, bleiben immer noch die beiden Krisenherde Klima und Biodiversität, hielt Karl-Heinz Lieber fest.

„Ich bin bei mir am Ort ein Leben lang, mit diesem Wissen können wir vieles lösen, anders als Biologen, die überall woanders sind“, definierte Bernhard Bolkart, Präsident des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes, die Pragmatik eines Schwarzwälders. Als größte Herausforderung nannte er die nötige Offenheit zum Beispiel für nicht heimische Baumarten und das Zuhören: „Wir müssen das Gefühl kriegen, dass wir uns verstehen, dass alles miteinander funktioniert.“ Es fehle ein gewisses Vertrauen. „Alle Landwirte machen einen guten Job, sind bereit, sieben Tage zu arbeiten, im Sommer auch mal 18 Stunden. Ich denke, es braucht Vertrauen.“ Er bat um zielgerichtete Lösungen, gerade auch zum CO2-Handel, und wünschte sich, dass einerseits die Kontrollen zurückgefahren werden und andererseits wieder mehr Beratung von Landwirtschaftsämtern in der Fläche möglich gemacht werden.

Seine Kollegen in der Verwaltung müssen einerseits mit klaren Vorgaben aus der Gesetzgebung handeln, würden sich aber nach ihrem Studium der Agrarwissenschaft manches anders vorstellen, was fast schon an Schizophrenie grenze, erläuterte Michael Krumm. Er ist Abteilungspräsident Landwirtschaft des Regierungspräsidiums Freiburg. „Wir sind der Landwirtschaft gegenüber aufgeschlossen. Wenn es um Gestaltung für morgen geht, wollen wir durchaus unser Wissen, unsere Erfahrung vorwärts bringen.“ Ihm schwebe manchmal im Kopf vor, eine vielseitige Landwirtschaft zu bekommen und parallel dazu andere Regionen zu haben, wo andere Leistungen im Vordergrund stünden. Außerdem wünsche er sich mehr Bildung im landwirtschaftlichen Bereich sowie in der Verbraucherbildung. „Wenn Lebensmittel billig sind, werden sie gekauft, sonst wäre es irrational – wenn ich das Gesicht dazu kenne, kann das ein Mehrwert sein.“