Wie sieht das Vereinsleben während der Corona-Pandemie aus? Nicht alle Sport- und Musikvereine aus dem unteren Wutachtal pausieren völlig. Wir haben die Vorsitzenden von sieben Vereinen befragt: Dietmar Vollmer (SV Stühlingen), Heiko Kaiser (SpVgg Wutöschingen), Sandra Bercher (Tennisclub Eggingen), Wolfgang Kessler (Musikverein Schwerzen), Bettina Stoll (MV Degernau), Monika Eichin (MV Eggingen) und Julian Mäntele (Stadtmusik Stühlingen).

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Trotz des Umstands, dass das Vereinsleben seit 13 Monaten in aller Regel auf Eis liegt, zahlen die Mitglieder der Sportvereine die Beiträge weiter. Darauf sind die Vereine angewiesen, denn die Fixkosten müssen auch während des Lockdowns bezahlt werden. Sorgen machen sich die Vorsitzenden vor allem um die Zeit nach Corona. Mancher befürchtet, dass nicht alle Mitglieder wieder zurückkommen und das Ehrenamt weiter pflegen. Die Fragen an die Vereine betrafen vor allem die Mitgliederzahlen und die Mitgliedsbeiträge.

Die Situation der Sportvereine

  • Sportverein Stühlingen: Dietmar Vollmer ist seit 2013 Vorsitzender und sagt: „Es werden nicht mehr Austritte als üblich verzeichnet. Es ist sehr kulant von den Mitgliedern, dass sie den Mitgliedsbeitrag nicht zurückfordern. Bei uns im Verein fallen trotzdem die Fixkosten an, und das müssen wir ohne Einnahmen bewältigen.“
Dietmar Vollmer vom SV Stühlingen.
Dietmar Vollmer vom SV Stühlingen. | Bild: Privat

„Deshalb sind wir gottfroh, dass wir wenig Austritte haben. Die Problematik kommt wahrscheinlich danach: Weniger das Geld, sondern eher die Bereitschaft für das Ehrenamt. Den Vereinen tut die ganze Situation nicht gut.“

  • Spielvereinigung Wutöschingen: Heiko Kaiser leitet den Klub seit 2017 zusammen mit Karl Heinz Silbereis und konstatiert eine anhaltende Vereinstreue: „Generell gibt es keine Mitglieder-Abmeldungen, da sind wir extrem froh. Ich hoffe nicht, dass wir schlafende Hunde wecken. Ich bin heilfroh, dass wir solche Mitglieder haben. Wie es weitergeht, steht in den Sternen.“
Heiko Kaiser, Vorsitzender der SpVgg Wutöschingen.
Heiko Kaiser, Vorsitzender der SpVgg Wutöschingen. | Bild: Yvonne Würth
  • Tennisclub Eggingen: Sandra Bercher ist seit 2008 die Vorsitzende. Sie sagt: „Unsere Mitgliederzahlen sind stabil geblieben, da sind wir froh. Auch, dass wir letztes Jahr spielen konnten, wenn auch nicht im gewohnten Umfang. Tennis hat den großen Vorteil, dass Abstände eingehalten werden können. Für uns findet die Saison im Freien statt. Da kann man aktuell mit maximal fünf Personen aus zwei Haushalten pro Platz spielen. Mit frühzeitigen Arbeitseinsätzen haben wir darauf hingearbeitet, die Plätze bereits für die Woche nach Ostern wieder zu öffnen. Letztes Jahr hat die Mannschaftsrunde nur teilweise, ohne Wertung stattgefunden.“
Sandra Bercher vom Tennisclub Eggingen.
Sandra Bercher vom Tennisclub Eggingen. | Bild: Privat

„Wir hoffen, dass die Spiele, die ab Mitte Juni angesetzt sind, wieder richtig stattfinden können. Ansonsten konnte in der vergangenen Saison neben dem individuellen Spielbetrieb mit entsprechenden Konzepten relativ viel stattfinden: Jugend- und Mannschaftstraining, Sommercamp, das gut besuchte Grümpel-Turnier und der Wilde Mann Cup. Daher gab es für uns keinen Anlass, an den sowieso schon recht günstigen Mitgliedsbeiträgen etwas zu ändern. Das hoffen wir auch für diese Saison.“

Die Lage bei den Musikvereinen

  • Stadtmusik Stühlingen: Dem Vorsitzenden Julian Mäntele (seit 2016 in diesem Amt) sind derzeit keine Austritte bekannt. „Darüber sind wir sehr froh und dankbar. Die Jugendarbeit leidet natürlich, da man wenig machen kann, obwohl gerade in den jungen Jahren Dranbleiben das Wichtigste ist. Allgemein habe ich das Gefühl, dass gerade bei den Millennials Blasmusik gehypet wird. Menschen, die keine Blasmusik machen, gehen an die größten Festivals mit vier Tagen Blasmusik. Dieser Hype nimmt aber bei den Nachfolge-Generationen ab, wenn kein direkter Bezug (durch ein Elternteil zum Beispiel) zur Blasmusik besteht.“
Julian Mäntele von der Stadtmusik Stühlingen.
Julian Mäntele von der Stadtmusik Stühlingen. | Bild: privat

„Wir erheben von den Aktiven keine Mitgliedsbeiträge, weshalb diese nicht ausgesetzt werden müssen. Unsere Passivmitglieder zahlen weiterhin den jährlichen Beitrag, den wir nicht erstatten mussten. Dafür bin ich, meine Vorstandskollegen und alle Aktiven sehr dankbar. Wir finanzieren uns durch Veranstaltungen wie Konzerte, Städtlefest und Stühlinger Frühling/Stühlinger Herbst. Durch die Rücklagen, die in den vergangenen Jahrzehnten gebildet wurden, können wir diese Ausfälle noch stemmen. Ich hoffe, dass wenn wir wieder gemeinsam proben dürfen, alle wieder den Weg ins Probelokal finden.“

  • Musikverein Schwerzen: Wolfgang Kessler zieht bei den Musikern seit 1995 die Strippen: „Wegen der Mitgliederzahlen liest man überall, dass die Jugend davonläuft. In Schwerzen haben wir diese Problematik Gott sei Dank nicht. Wir hatten bisher keinen einzigen Austritt seit Corona. Die kritische Phase wird aber erst kommen, wenn die meisten geimpft sind und die Beschränkungen soweit aufgehoben werden, dass wir wieder mit der Probenarbeit starten können. Dann wird sich zeigen, ob am Freitagabend wieder alle zurückkommen oder ob der eine oder andere die Motivation verloren hat.“
Wolfgang Kessler vom MV Schwerzen.
Wolfgang Kessler vom MV Schwerzen. | Bild: Privat

„Bei uns zahlen nur die Passivmitglieder einen Mitgliedsbeitrag, auch hier mussten wir bisher nichts zurückerstatten. Wir sind daher dankbar, dass uns die Passivmitglieder auch in dieser schwierigen Zeit weiterhin unterstützen. Die Jugendausbildung ist immer in gewissem Rahmen, auch online, möglich. Für die Aktivmitglieder machen wir regelmäßig online diverse Aktionen und Mitgliederinfos.“

  • Musikverein Degernau: „Wir führen jeden Monat virtuelle Skype-Sitzungen durch, mit lustigen Spielen und viel Spaß. Wir möchten in dieser schwierigen Zeit den Kontakt aufrecht erhalten und gemeinsam lachen, reden und hören, wie es jedem geht“, erzählt Bettina Stoll, die seit 2020 an der Spitze des Vereins steht.
Bettina Stoll vom MV Degernau.
Bettina Stoll vom MV Degernau. | Bild: privat

An Weihnachten und Ostern hat sie jedem Musiker kleine Geschenktüten gebastelt und verteilt. „Jedem Einzelnen ein kleines Lächeln ins Gesicht zu zaubern, das war meine Mission. Wichtig ist mir, dass wir zusammen halten und gemeinsam durch diese schwierige Zeit gehen und uns dann alle auf die erste Musikprobe riesig freuen.“

  • Musikverein Eggingen: Hier ist Monika Eichin seit 2015 die Vorsitzende. Sie erklärt: „Ob sich die Corona-Pandemie auf unsere Mitgliedszahlen auswirkt, werden wir erst sehen, wenn wieder ein Probenbetrieb aufgenommen werden kann. Bewusste Abmeldungen haben wir bis jetzt nicht, aber die Gefahr besteht natürlich, dass nicht wieder alle mit einsteigen. Aufgrund unserer guten Kameradschaft im Verein sind wir in dieser Hinsicht aber guter Dinge.“
Monika Eichin ist die Vorsitzende des Musikvereins Eggingen.
Monika Eichin ist die Vorsitzende des Musikvereins Eggingen. | Bild: Privat

„Sehr erfreulich war für uns, dass bei einem kürzlich durchgeführten Online-Kameradschaftsabend, trotz langer Pause, bis auf wenige Ausnahmen alle dabei waren. Die Neugewinnung von Jungmusikern ist derzeit leider nicht möglich, sodass es hier in ein paar Jahren sicher Lücken bei den Altersstufen im Verein geben wird. Die Jugendausbildung findet größtenteils in Kooperation mit der Musikschule statt und die Eltern wickeln die Bezahlung mit der Musikschule ab. Hier wird meines Wissens Online-Unterricht angeboten. Bei Kursen, die direkt vom Verein abgewickelt werden, werden keine Beiträge erhoben, wenn der Unterricht ausfällt.“