Stühlingen Eine gewisse Orientierungslosigkeit bei Kindern und Jugendlichen resultiert oftmals aus dem Umstand, dass junge Menschen in unserer Konsum- und Leistungsgesellschaft nur wenig Anregungen zur individuellen Kreativitätsentfaltung erhalten. Bei entsprechendem Engagement kann die Mal- und Theatergruppe von der Kinder-Mal- und Theatergruppe „Zelele Saseba ihre jungen Mitglieder bis hin zum künstlerisch-gestalterischen Beruf begleiten und fördern“, weiß Kunstkurator Ingo Nitzsche.

Vorort im Kunst- und Kulturhaus Schwarzer Adler in Stühlingen informierte sich deshalb Kunstpädagogin und Kunstwissenschaftlerin Mine Atalay aus Izmir (Türkei) über die theorie- und praxisbezogene Heranführung von Jungen und Mädchen. Mit Ingo Nitzsche und anderen verfasste die Malerin einen Museumskatalog zum Thema Arbeitswelt und Industrialisierung Anatoliens aus der Sicht junger Künstler. Einen Abstecher unternahmen die beiden Künstler in den Japanischen Garten, begleitet von der 10-jährigen Schülerin Melody Kniza aus Stühlingen, die zu den 30 Kindern der Malgruppe im Schwarzen Adler und einer Niederlassung in Zell im Wiesental gehört. „Wir gehen davon aus, dass Kreativität in der Natur eines jeden Menschen verborgen ist und zu seinem Leben gehört. Dadurch ist es notwendig, sie immer wieder anzuregen“, so Nitzsche.

Die Familie miteinbeziehen

Melody Kniza gefällt es, mit Acrylfarben oder Malkreide ihre Motive festzuhalten, die sie aus dem „Kopf heraus“ malt. Aber auch Applikationen fertigt sie mit mystischem Hintergrund. „Wir sind sehr familiär und beziehen untereinander die Familien mit ein“, sagt Ingo Nitzsche. Die Kinder und Jugendlichen (von 6 bis 15 Jahren) werden in Stühlingen und Zell im Wiesental zur kreativen Selbständigkeit und Selbstbestimmung ermuntert und geleitet. Die Themen des gemeinsamen Tuns entwickeln sich aus den individuellen Wünschen und Ideen der Teilnehmer, Projekte werden gemeinsam beschlossen und Schritt für Schritt realisiert. „Voraussetzung ist, dass Kunst Spaß macht“, erläutert Kunstkurator Nitzsche.

Die Mal- und Theatergruppe besteht seit fünfunddreißig Jahren und pflegt seit Beginn internationale Kontakte. Künstler und Kunstpädagogen aus anderen Regionen Deutschlands, aber auch aus anderen Ländern, allen anderen voran aus der Türkei, werden zu Gastaufenthalten eingeladen und der „Blick über den Tellerrand“ gepflegt. Im Theaterbereich werden Erzählungen aus Italien, aus Syrien und anderen Ländern von der Gruppe überarbeitet und auf die Bühne gebracht.

Eine integrative Gruppe

„Kinder malen nach ihren eigenen Vorstellungen“, sagt Ingo Nitzsche und lässt ihnen freie Hand, welche Motive ausdrucksvoll dargestellt werden. Das können eigene Erlebnisse sein, persönliche Geschichten, die sie erlebt haben. In der Gruppe sind auch Kinder aus syrischen Familien, die Fluchterfahrungen hinter sich haben. Besonders das Thema Flucht nimmt Raum ein, teils dramatisch und traumatisch erlebt, um in der Malerei verarbeitet zu werden. Derzeit gehören viele Kinder aus Afghanistan zur Malgruppe.

Mine Atalay unterhält in Izmir ein eigenes Atelier. Ihr gefällt der Aufbau des interkulturellen Kunst- und Kulturhauses im Schwarzen Adler. Deshalb will auch sie in der Türkei diese Idee gleichfalls umsetzen, vor allem für Kinder mit Migrationshintergrund.