Stühlingen Bei den Feierlichkeiten zum 140-jährigen Bestehen der Narrenzunft Hungrige Stühlinger hat Ehrenzunftmeister Arnfried Winterhalder den Fasnachtsprofessor Werner Mezger eingeladen, um über den Zusammenhang von Fasnacht und Karneval zu referieren. Winterhalder berichtete, dass die Hungrigen Stühlinger eine lange Tradition haben. Denn am 7. Februar 1885 lud Otto Ruderer, ein Stühlinger Karnevalist, alle Interessierten in sein Gasthaus, in die „Krone“ ein, um einen Narrenverein zu gründen. 50 Männer und elf Frauen waren damals der Einladung gefolgt und gehörten sodann für eine Mark Vereinsbeitrag dem neu gegründeten Narrenverein an.

Werner Mezger, gebürtiger Rottweiler, habilitierte 1989 mit einer Schrift zur Narrenidee und zum Fasnachtsbrauch. Seine Veröffentlichungen zur Geschichte der Fasnacht stellen diese als Fest im Ablauf des Kirchenjahrs in eine christliche Tradition. Metzger sieht in der frühen Fasnacht eher eine wirtschaftliche Notwendigkeit, die wegen der Fastenvorschriften entstanden ist. Der Ursprung ist demnach im späten Mittelalter zu finden, als vor allem der Teufel ein Teil von Fronleichnamsprozessionen gewesen sein soll.

Damals durfte in der Fastenzeit kein tierisches Produkt gegessen werden. Darum wurden in einem rauschenden Fest vor der Fastenzeit noch alle Speisen mit tierischem Ursprung verbraucht. Auch viele Hennen wurden geschlachtet, wusste Mezger zu berichten. In der Fastenzeit durften schließlich auch keine Eier gegessen werden. Der Überschuss an Eiern während der Fastenzeit ist vermutlich dafür verantwortlich, dass Ostern und Eier bis heute zusammengehören.

Heute kennen wir den rheinischen Karneval und die schwäbisch-alemannische Fasnacht, die sich laut Mezger viel näher sind, als man denkt. Unsere Fasnacht hat mit ihren Masken etwas Rätselhaftes, bei der die eigene Identität wie ausgelöscht ist, wogegen die Individualität beim Karneval bestehen bleibt und die Narren nur in andere Rollen schlüpfen. Und die vermeintlich freundlichen Gesichter der Glattlarven, der Hansele, die ursprünglich aus Italien kamen, würden das „Lächeln der Verführung“ zeigen, meinte Mezger. Für zwei Stunden entführte er die zahlreich erschienenen Gäste in die unterschiedlichsten närrischen Zeiten und Geschichten und zeigte sich überzeugt davon, dass „Fasnacht Kapital ist – und zwar ein Stück kulturelles Kapital“. Für die Hungrigen Stühlinger zeigt sich dies mit ihrer Aufnahme in die Liste des immateriellen Kulturerbes, die in diesem Jahr gelungen ist.

Die Gründung der Hungrigen Stühlinger: Vor 140 Jahren, am 7. Februar 1885, wurden die fasnachtsbegeisterten Stühlinger von Wirth Otto Ruderer in sein Gasthaus „Krone“ eingeladen, um einen Verein zur Gestaltung der örtlichen Fasnacht zu gründen.