Jahrhundertelang haben die Menschen im Schwarzwald Holz für den Schiffsbau in halb Europa geliefert. Jetzt haben Schwarzwälder selbst ein großes Schiff aus Holz gebaut. Es wird jedoch nie die Weltmeere befahren, sondern „ankert“ als Theater-Kulisse im oberen Klostergarten in Riedern am Wald. Und dort soll es auch bleiben können, so der Wunsch des Theatervereins „Zeitschleuse„, der bei neun Aufführungen von „Zwischen den Welten“ mehr als 5000 Zuschauer begeistert hat. Geschildert werden anhand authentischer Schicksale aus Riedern die Umstände, die vor 170 Jahren zur massenhaften Auswanderung nach Nordamerika geführt haben. Grundlage für das Theaterstück ist der Roman „Die Amerika-Fahrt“, den Heinrich Ernst Kromer aus Riedern vor über 100 Jahren verfasst hat.
Das möchte der Theaterverein
Ähnlich ungewiss, wie die Zukunft für die meisten der damaligen Amerika-Fahrer aus Riedern war, ist auch die Zukunft des 16 Meter langen Theaterschiffes. Der Vorstand des Theatervereins würde sich wünschen, dass die „Rouenaise“ im Klostergarten verbleiben kann. „Das Schiff gehört zu Riedern. Ein Drittel der damaligen Bevölkerung des Ortes ist per Schiff voller Hoffnungen in die USA ausgewandert“, sagt die Vereins-Vorsitzende und Regisseurin, Corinna Vogt. Und Alt-Bürgermeister Thomas Fechtig führt als Vorstands-Kollege und Mitglied des Recherche-Teams an: „Unser Protagonist, Dorus Kromer, ist hier im Kloster zur Schule gegangen.“
Die Eigentumsverhältnisse
Das Schiff ist dem Theaterverein von der Firma Holzbau Kaiser in Bernau geschenkt worden. Die Klosteranlage ist Eigentum der Seelsorge-Einheit Oberes Schlüchttal. Die Vorsitzende des Pfarrgemeinderates, Aurelia Zolg, ist erst seit vier Wochen im Amt und möchte keine Stellungnahme zum Verbleib des Schiffes abgeben. „Der Theaterverein muss einen entsprechenden Antrag stellen, über den wir dann in der nächsten Sitzung am 11. September beraten können“, so Zolg auf unsere Anfrage.

Gegner und Fürsprecher
Riederns Ortsvorsteher Albert Baumeister möchte keine Lanze für den Verbleib der „Rouenaise“ am jetzigen Standort brechen: „Ich weiß nicht, ob der Klostergarten ein Schiff braucht...“ Ganz anders sieht es Erzbischof Georg Gänswein, der aus Riedern stammt und Schirmherr des Theater-Spektakels ist: „Das Schiff ist das Markenzeichen des Theaterstücks und zu einem natürlichen Bestandteil des Kloster-Gebäudes und -Gartens geworden. Es gehört hierher und sollte hier bleiben.“
Das sagt das Denkmalamt
Um das Schiff überhaupt im Klostergarten aufstellen zu können, bedurfte es einer Genehmigung durch das Landesdenkmalamt (LDA). „Das haben wir allerdings erst erfahren, nachdem ein Hinweis aus der Bevölkerung bei der Behörde eingegangen war“, berichtet Corinna Vogt. Vorerst darf das Schiff bis zum Jahresende im Klosterhof bleiben. „Wir haben aber die Option auf eine Verlängerung“, betont Thomas Fechtig.
Neuauflage 2020 ?
Sozialminister Manne Lucha aus Stuttgart hat bei seinem Besuch in Riedern den Wunsch geäußert, dass es für „Zwischen den Welten“ weitere Aufführungen gibt. Die Nachfrage nach Theaterkarten war bis zuletzt enorm: „Es gab noch in der vergangenen Woche 500 E-Mails mit Ticket-Anfragen“, so Corinna Vogt. Deshalb blicken die Theaterleute hoffnungsvoll auf 2020. „Wir würden die Spielzeit auf zwei Wochenenden verkürzen und rasch Gespräche mit den zuständigen Stellen führen“, so die Regisseurin.
Das Schiff
Die „Rouenaise“ entspricht dem vorderen Drittel jenes Schiffstyps, mit dem fast 100 Menschen aus Riedern am Wald in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts nach Amerika gefahren sind. Das Theaterschiff ist 16 Meter lang, sechs Meter breit und wiegt 15 Tonnen; der Mast für das Segel ist 17 Meter hoch. Gebaut ist das Schiff aus Fichtenholz aus der Gegend um Bernau; das Mastholz stammt aus dem Gemeindewald Ühlingen-Birkendorf.