Für gewöhnlich beraten und entscheiden die 26 Stadträte von Waldshut-Tiengen in ihren monatlichen Sitzungen über wegweisende Bauvorhaben in Millionen-Höhe oder über neue Baugebiete oder sie wählen alle acht Jahre einen ersten Beigeordneten.
In der jüngsten Sitzung indes ging es um ein Thema, das es nur höchstselten auf die Tagesordnung eines Kommunalparlaments schafft. In Waldshut-Tiengen dürfte es eine Premiere gewesen sein. Es ging um die jüngsten Bürger der Stadt, genauer gesagt um deren Windeln. Und um einen städtischen Zuschuss an jene Eltern, die ihre Neugeborenen lieber in Stoff- als in Einwegwindeln wickeln.
Kaum im Amt, hatte CDU-Stadträtin Nathalie Rindt das Thema vor zwei Jahren am Ratstisch platziert, die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen griff es jetzt in Form eines Antrags auf und ließ die Ratskollegen darüber abstimmen. Das städtische Kinder- und Jugendreferat hatte zuvor recherchiert – Vorbilder gibt es beispielsweise in Freiburg, Konstanz und Tübingen – und vorgeschlagen, sogenannte Starterpakete mit einmalig 50 Euro zu unterstützen.
Da diese aber bis zu mehreren hundert Euro kosten können, einigte man sich schließlich auf Vorschlag von Nathalie Rindt auf einen städtischen Zuschuss in Höhe von 100 Euro. Lege man die Erfahrungswerte aus anderen Kommunen zugrunde, so könne davon ausgegangen werden, dass etwa 20 Prozent der Berechtigten das Angebot annehmen werden, so Silke Padova, Leiterin des städtischen Kinder- und Jugendreferats. Bei 200 Neugeborenen wären dies in Waldshut-Tiengen circa 40 Kinder. Die Kosten für die Stadt wären dementsprechend mit 4000 Euro überschaubar.
Petra Thyen begründete die Initiative der Grünen unter anderem mit dem Verweis, so einen Beitrag zur Müllvermeidung zu leisten. Ein Argument, das auch Silke Padova so sah. Die Amtsleiterin ergänzte noch, dass der Einsatz von Stoffwindeln auf Dauer auch Geld spare, bemängelte aber, dass es in Waldshut-Tiengen noch keinen Windelservice gebe.
In den Genuss des Zustupfs aus der Stadtkasse kommen übrigens Eltern, deren Kinder ihren Erstwohnsitz in Waldshut-Tiengen haben und maximal 24 Monate alt sind. Aus Sicht der Stadtverwaltung soll der Zuschuss „nachhaltig zur Nutzung von Stoffwindeln anregen und längerfristig der Müllvermeidung und der Mehrung eines ökologischen Bewusstseins dienen“.
CDU-Mann Christian Maier mochte sich den Argumenten der Stoffwindel-Befürworter nicht anschließen. Er stellte den ökologischen Nutzen im Vergleich Einmal-Windeln in Frage. Maier: „Den Vorteil sehe ich nicht und werde deshalb auch nicht zustimmen.“ Am Ende der Aussprache, die zwischenzeitlich von Harald Würtenberger als in Zeiten von Corona als deutlich zu lang gegeißelt wurde („ich kann die Diskussion nicht nachvollziehen“), stimmten 15 Rats-Mitglieder mit Ja, sechs mit Nein, drei enthielten sich der Stimme.