Früher ging es auf den Straßen bunter zu als heute. „Froschgrün, Zitronengelb und Himbeerrot: Die Farben waren schon verrückt“, sagt Christoph Bartholomä über die Farbtöne, die in den 1970ern die Karosserien der Autos zierten. Er führt mit seinem Bruder Hubertus das Autohaus Bartholomä im Kaitle.
Fast schon langweilig muten hingegen die Fahrzeuge an, die heute über die Straßen rollen: Drei Farben – nämlich Schwarz, Weiß und Silber – machen laut einer Auswertung des Kraftfahrbundesamts zwei Drittel der zugelassenen Fahrzeuge im Jahr 2018 aus.

„Zwei Jahrzehnte war der R4 unser Brot-und-Butter-Auto“, erzählt Christoph Bartholomä. So nennt der Autohändler Fahrzeuge, die dem Familienunternehmen über einen langen Zeitraum einen zuverlässigen Umsatz bescherten. Der Renault 4, der erstmals 1961 vom Band rollte, war ein solcher Verkaufsschlager. „Der R4 war zu seiner Zeit mit dem Frontantrieb, der großen Heckklappe und dem kleinen Wendekreis eine Revolution“, sagt Christoph Bartholomä.
Beliebt bei Landwirten, Familien und Studenten
„Er hatte eine große Bodenfreiheit. Man konnte mit ihm über jeden Acker fahren. Deswegen war er bei den Bauern so beliebt“, fügt sein Bruder Hubertus hinzu, der noch einen R4 besitzt. Doch nicht nur Landwirte schätzten den Franzosen: Beliebt war das Auto auch bei Familien und Studenten, die Kinderwagen beziehungsweise Möbel in dem Raumwunder transportierten.
Über den 27-PS-Motor und das Drei-Gang-Getriebe, die der Renault 4 anfangs besaß, können Autofahrer heute nur noch schmunzeln. „Aber die Leute waren damit zufrieden“, sagt Christoph Bartholomä, der das heutige Wettrüsten der Autohersteller für zum Teil „zu viel des Guten“ hält.
„Heute ist das Auto ein halbes Flugzeug. Deswegen sind die Preise auch so explodiert“, sagt er und nennt als Beispiele automatische Einparkhilfen und Multimedia-Systeme, mit denen man im Auto Sprachnachrichten verschicken und soziale Netzwerke nutzen kann. „Früher waren die Leute schon glücklich über ein Radio“, so der Autohändler.


In den vergangenen Jahrzehnten haben sich nicht nur die Autos verändert: In der Werkstatt arbeiten heute keine Kfz-Mechaniker mehr, sondern Mechatroniker, wie der Beruf inzwischen heißt. „Reine Schrauber gibt es heute nicht mehr“, erzählt Christoph Bartholomä. Statt schweißen und löten müssen seine Mitarbeiter unter anderem die Software des Autos zurücksetzen und den Fehlerspeicher auslesen. Die Elektronik, die in den heutigen Fahrzeugen verbaut ist, ist auch der Grund, warum man am eigenen Wagen lieber nicht herumwerkeln sollte.
Als Laie lieber die Finger weg vom Auto lassen
„Früher hatten die Autos Vergaser, die man selbst reinigen konnte“, erzählt Christoph Bartholomä. Heute besitzen sie Hightech-Einspritzanlagen, von denen man als Laie die Finger lassen sollte. Hubertus Bartholomä unternimmt am Wochenende gerne Ausfahrten mit seinem alten R4. „Der ist im Vergleich zu den heutigen Autos richtig sparsam“, sagt er.

So entstand der Familienbetrieb Bartholomä
Seit September 1978 befindet sich das Autohaus Bartholomä mit Werkstatt im Kaitle. Es ist das zweite Unternehmen nach Autoteile Schwarz, das sich im neuen Gewerbegebiet zwischen Waldshut und Tiengen niederließ.
„15 Jahre waren wir mit Autoteile Schwarz und der Firma Lienhard die einzigen hier“, erinnert sich Christoph Bartholomä (Geschäftsführer Verkauf). Er und sein Zwillingsbruder Hubertus (Geschäftsführer Technik) stiegen 1983 in den Familienbetrieb ein. Ihr Großvater Johann Bartholomä begann 1927 im Ortskern von Gurtweil mit der Reparatur und dem Handel von Fahrrädern, Motorrädern und landwirtschaftlichen Maschinen.
Nach Kriegsende wurde der Betrieb außerhalb von Gurtweil an der Bad-Bruckhaus-Kreuzung angesiedelt und weiterentwickelt. Später kam noch eine Tankstelle hinzu. 1989 starb überraschend Firmenchef Josef Bartholomä, Sohn des Firmengründers Johann und Vater von Christoph und Hubertus, die fortan mit ihrer Mutter Hedwig den Betrieb leiteten.
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