Die Genese der Feuerwehr-Kita im Waldshuter Ziegelfeld ist wohl alles andere als glanzvoll verlaufen. Denn der Wurm steckte während der Umsetzung an vielen Stellen in dem Vorhaben. Von Personalfluktuation bei der Stadtverwaltung bis zu den Folgen internationaler Krisen schienen sich alle Probleme der vergangenen Jahren hier zu ballenn. Resultate waren immense Verzögerungen am Bau und eine konstante Steigerung der Kosten auf zuletzt über elf Millionen Euro, wobei sich die genaue Höhe noch immer nicht genau absehen lässt.
Doch all diese negativen Begleiterscheinungen bei der Umsetzung ändern nichts an der Bedeutung des Vorhabens aus fachlicher Sicht. Diese wird jetzt dadurch untermauert, dass das Projekt Feuerwehr-Kita gerade mit dem Hugo-Häring-Preis ausgezeichnet wurde. Binnen weniger Monate ist es nach der Stadthalle Waldshut das zweite Großprojekt der Stadt Waldshut-Tiengen, das diese Auszeichnung erhält, übrigens einer der wichtigsten Preise, den der Bund Deutscher Architekten (BDA) zu vergeben hat.
„Preis ist Lohn für engagierten Einsatz aller Beteiligten“

Die Besonderheit ist, dass mit dem Preis nicht nur der Architekt – in diesem Fall Martin Bächle vom Konstanzer Büro Bächlemeid – ausgezeichnet wird, sondern auch der Bauherr. Hinter all dem steckt die Überzeugung, dass ein vorbildliches Bauvorhaben immer ein Gemeinschaftswerk sei, heißt es dazu seitens der BDA.
Und in dieser Hinsicht sei das Bauwerk an der Robert-Gerwig-Straße durchaus außergewöhnlich, wie die Erste Beigeordnete Petra Dorfmeister betonte: „Es war eine mutige Entscheidung, zwei so unterschiedliche Nutzungen auf einem Grundstück zu vereinen, aber am Ende haben wir hier trotz aller Herausforderungen ein gelungenes Projekt geschaffen.“ Noch dazu eines, dass auch in Sachen flächenschonendes Bauen Vorbildcharakter genieße, so Dorfmeister weiter.
Dass dies gelungen sei, sei der engagierten Mitarbeit vieler helfenden Hände, insbesondere aus dem Bauamt, den beteiligten Firmen und der beiden Nutzern Feuerwehr und Kindergarten zu verdanken: „Jeder hat sich über die Maßen eingesetzt, dass es am Ende richtig gut wird“, attestierte Dorfmeister. Die Auszeichnung sei die Bestätigung für diese Arbeit – wenngleich diese vermutlich an einigen Stellen „weniger zäh“ verlaufen wäre, wären die späteren Nutzer frühzeitiger eingebunden worden, wie Hochbauamtsleiterin Carmen Urban anmerkte.
Architekt würdigt faire Zusammenarbeit

Auch Architekt Bächle sieht gerade die Maßgabe der guten Zusammenarbeit vollauf erfüllt: „Es gab stets einen fairen Umgang aller Beteiligter, auch mit dem Gemeinderat. Ich konnte keine nennenswerten Konflikte feststellen.“ Vielmehr sei das Projekt von Beginn an ungewöhnlich reibungslos gestartet. Das Konzept, mit dem er sich 2019 nämlich an dem städtischen Architektenwettbewerb beteilgte, sei nämlich ohne größere Änderungswünsche in die Planung übernommen worden, so Bächle. Einzige Ausnahme sei der Verzicht auf Sichtbeton.
Was im Verlauf der Realisierung an Verzögerungen und Problemen aufgetaucht ist – aus Sicht des Planers sei all das nicht außergewöhnlich: „Inzwischen hat mein Büro kein einziges größeres Vorhaben auf dem Tisch, das unter fünf Jahren dauert“, so Bächle. Genehmigungsverfahren, Corona und andere Schwierigkeiten wirkten sich hier aus.
Die Feuerwehr-Kita im Speziellen stoße durchaus wegen ihres ungewöhnlichen Nutzungskonzeptes in Fachkreisen für große Aufmerksamkeit. Insbesondere die Entschärfung des entstehenden Konfliktpotenzials aufgrund der unterschiedlichen Zielsetzung und Bedürfnisse beider Einrichtungen sei Gegenstand vieler Veröffentlichung. Denn es sei gelungen, beides so zu organisieren, dass sie sauber aneinander vorbeikommen.
So schätzen die Nutzer das Gebäude ein
„Die potentielle Konfliktsituation wurde perfekt gelöst“, sagt Feuerwehrkommandant Peter Wolf. Keine Behinderung von Einsatzfahrten durch Elterntaxis oder Überschneidungen von Betriebszeiten und Einsätzen. Auch nur mäßige Aufregung in den Kita-Gruppen, wenn die Feuerwehr ausrückt, weil die Alarmierung leise erfolge und die Martinshörner an den Fahrzeugen erst nach Abfahrt eingeschaltet werden. Und natürlich eine bereits vorhandene Straßenführung, die einen separaten Zugang in beide Gebäudeteile ermögliche. Das seien Aspekte die sich im Alltag „erfreulich bemerkbar machen“, so Wolf.
Mit dem neuen Domizil sei die Feuerwehr generell sehr zufrieden: „Endlich können wir den Stand der Technik erfüllen“, so Atemschutz- und Gerätewart Jan-Hendrik Weiland. Das gelte sowohl räumlich, bei der Ausstattung bis hin zu sanitären Anlagen und Umkleiden. ‚Es läuft‘, lautet Weilands Fazit nach etwa drei Monaten. Die Mannschaft sein gründlich in die neuen Gegebenheiten eingewiesen worden.
Auch beim Kindergarten gehe es problemlos voran. Nachdem die Einrichtung stufenweise seit Oktober 2022 in Betrieb gegangen ist, kann im Sommer auch endlich der Vollbetrieb. Dann könne nämlich die Krippe für Unter-Dreijährige eröffnen, sagt die Kindergartenbeauftragte der Stadt, Stephanie Meyer. Vor allem sei die Kita natürlich aufgrund ihrer Anbindung an den ÖPNV herausragend: „Das kommt gerade auch bei den Mitarbeitern sehr gut an.“
Und die Kosten?

Auch wenn der Betrieb läuft ist das Bauvorhaben Feuerwehr-Kita noch immer nicht vollständig beendet. Noch immer gibt es Nachbesserungen und die Beseitigung von Mängeln, die erst allmählich aufgetaucht sind.
Und noch immer ist nicht klar, was die Feuerwehr-Kita denn nun eigentlich kostet, wenngleich dem Gemeinderat bereits vor einem halben Jahr die Schlussabrechnung für Oktober in Aussicht gestellt wurde. Gestartet war das Projekt mit einer Kostenplanung von rund acht Millionen Euro, im September bezifferte Bächle die Kosten auf elf Millionen.
„Ich gehe nicht davon aus, dass noch astronomische Veränderungen hinzukommen“, sagt Martin Bächle jetzt. Noch erwarte er aber einige Abrechnungen am Bau beteiligter Unternehmen.