Der Haushaltsplan der Stadt Waldshut-Tiengen für 2022 ist beschlossen. Der Gemeinderat stimmte dem Zahlenwerk mit knapp 600 Seiten in seiner Sitzung am Montagabend in der Waldshuter Stadthalle geschlossen zu. Doch die Einstimmigkeit trügt.
Denn die Reden der Fraktionssprecher manifestierten einen Graben, der sich durch das Gremium oder genauer gesagt zwischen Verwaltung mit Oberbürgermeister Philipp Frank an der Spitze und der Fraktion der Freien Wähler zieht. Dabei ging fast unter, dass die finanziellen Spielräume der Doppelstadt mit jedem Tag, an dem das Jahresende näher rückt, größer wurden. So müssen im kommenden Jahr nur noch 4,7 anstatt der Anfang November noch geplanten sieben Millionen Euro an neuen Schulden aufgenommen werden.
Nach den obligatorischen Dankesworten des OB in Richtung Mitarbeiter und Gemeinderat legte Philipp Studinger für die CDU-Fraktion den Finger auf die aus seiner Sicht heilende Wunde. Denn die Stimmung am Ratstisch sei im vergangenen halben Jahr deutlich besser gewesen, also noch im ersten Halbjahr 2021.
Philipp Studinger forderte seine Stadtratskollegen eindringlich auf, auch in Zukunft konstruktiv und zielführend ohne störende Zwischentöne weiter zu arbeiten. Doch er hatte seine Rechnung oder seine Hoffnung ohne die Fraktion der Freien Wähler gemacht. In Vertretung des abwesenden Fraktionssprechers Harald Würtenberger griff Jörg Holzbach den OB frontal an.
Der Haushalt 2022 für Waldshut-Tiengen
Es gehe ihm und seiner Fraktion, so Holzbach gleich zu Beginn seiner Ausführungen, nicht darum jemanden anzugreifen oder „wie von Herrn Dr. Frank suggeriert, Mitarbeiter der Verwaltung in ihrem Tun zu kritisieren“. Der Verantwortung hätten sich vielmehr die politischen Entscheidungsträger zu stellen.
Holzbach: „Wer den Hut aufhat und die Lorbeeren ernten will, muss auch bereit sein, dafür gerade zu stehen.“ Dass damit der Oberbürgermeister gemeint war, wurde im weiteren Verlauf seiner Ausführungen mehr als deutlich. So warf ihm Holzbach vor, bei der Einbringung des Haushalts im November nur jene Vergangenheit bemüht zu haben, „für die er keine Verantwortung zu tragen hat“. Das, so der Freie Wähler weiter: „Ist mir nach sechs Jahren Amtszeit zu kurz gesprungen.“
Holzbach manifestierte seine Kritik unter anderem an Beispielen wie dem Waldshuter Feuerwehrhaus mit Kita. „Die Aussicht, sich hier in einem Bauprojekt sonnen zu wollen, war wohl die Triebfeder des Projekts“, mutmaßt Holzbach in Richtung OB. Und dies vor dem Hintergrund, dass ein Kindergartenplatz auf dem Feuerwehrgerätehaus „fast dreimal so teuer als üblich ist“.

Kritische Worte fand Holzbach auch im Zusammenhang mit der Ertüchtigung der Kolpingbrücke in Waldshut – „Die Sanierung war in der Umsetzung ein Desaster.“ – und in Bezug auf den Spitalausstieg. Holzbach: „Letztlich wurde Waldshut um die Chance gebracht, Standort des Spitals zu bleiben.“
Stimmen zum Haushalt
Der OB schwieg in der Sitzung zu dem Angriff und wollte auch am Tag danach nicht tiefer Stellung nehmen. Auf Nachfrage dieser Zeitung erklärte er: „Der Haushalt ist einstimmig beschlossen worden. Das ist ein starkes Signal und spricht für sich.“
Als hätte er es geahnt, ging der letzte Redner der Runde, FDP-Fraktionssprecher Harald Ebi, auf das Verhalten mancher Ratskollegen in der Vergangenheit ein. Er empfahl diesen mehr Anstand walten zu lassen. Vor allem der „ruppige Umgang mit Amtsleitern“ missfällt ihm. Oft werde dabei nur das eigene Ego gestreichelt. Auch ohne namentlich die Vertreter der Freien Wähler zu nennen, war am Montagabend in der Stadthalle wohl jedem klar, wen er gemeint hatte – Vertreter jener Fraktion.