Waren das noch Zeiten. Als die Bahn noch staatlich war, ihre Züge pünktlich fuhren. Und als es da draußen auf dem früheren Güterbahnhofgelände von Waldshut noch eine heute legendäre Einrichtung gab: die Eisenbahnerkantine. In der vor 33 Jahren ein Mittagessen 4,30 kostete – keine Euro, sondern D-Mark. Auch noch so ein Relikt aus jener Zeit.

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Jeder größere deutsche Bahnhof betrieb eine solche Kantine. Beamten und Arbeitern der DB wurden Mittagessen oder eine Brotzeit zu günstigsten Preisen geboten. Was sich herumsprach und bahnfremde Mitesser anlockte. Wie auch in der Waldshuter Kantine, auf diesem Gebiet eher die Regel als die Ausnahme. An ihren Resopal-Tischen versammelte sich um die Mittagszeit neben den Bahnbediensteten ein buntes Häufchen aus Juristen, Bankmitarbeitern, Verkäuferinnen und anderen Hungrigen. Da saß der Rangierer dem jungen Amtsrichter gegenüber – wer sonst nicht unbedingt zusammen kam, traf sich in der Kantine. Hier war von 12 bis 14 Uhr die klassenlose Gesellschaft zu besichtigen.

Gastwirte protestieren

Was im Dezember 1987 mal wieder den Protest der Gastwirte in der Stadt auslöste. Der damalige Vorsitzende des Kreiswirtevereins beklagte die staatlich subventionierte Konkurrenz. Immer wieder hörten er oder Kollegen von Leuten, die zum preiswerten Eisenbahntarif speisten. Wogegen auch der Hotel- und Gaststättenverband schriftlich protestierte. Das Ergebnis? Es blieb, wie es war. Zwar bestätigte die DB-Direktion, Betriebsfremde hätten nichts in der Kantine zu suchen, doch dies zu kontrollieren, sei zu aufwendig.

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Doch nur wenig später, Ende der 1980er Jahre, war es vorbei mit der Kantine der Waldshuter Eisenbahner. Deren Zahl war im Zuge der Bahnreform immer weiter geschrumpft, die Zeiten, in denen die Kantine bis zu 400 Essen am Tag ausgab, waren Vergangenheit. Manche der jetzt heimatlosen Mittagsgäste fanden in der Cafeteria der Handwerkskammer in der Friedrichstraße, heute das Restaurant der Bildungsakademie, einen Ersatz. Wegen Corona hat es seit November für Externe allerdings geschlossen.