Einen weiteren Schritt für den Klimaschutz und in die Zukunft des Landkreises Waldshut nannte Landrat Martin Kistler ein neues Bauprojekt in Tiengen. Mit dem obligatorischen ersten Spatenstich signalisierte der Landrat mit den Bundestagsabgeordneten des Wahlkreises den Beginn der Baumaßnahmen auf der ehemaligen Tiengener Kreismülldeponie in der Berghausstraße.

Dort wird in den kommenden Monaten durch Ertüchtigungs- und Optimierungsmaßnahmen die Erfassung und Behandlung des Deponiegases geändert. Deponiegas entsteht bei Abbauprozessen organischer Abfälle und besteht hauptsächlich aus Methan und Kohlenstoffdioxid (CO2), die als klimaschädlich gelten. Bislang wird das Gas verbrannt.
Eine zentrale Rolle bei der kommenden Neuorganisation der Deponieentgasung spielen eine verstärkte Saugbelüftung und der Einbau eines Biofilters zum Abbau von Methan. Eine Potenzialstudie aus dem Jahr 2017 hatte ergeben, dass so unkontrollierte Methangas-Emissionen auf ein Minimum reduziert werden können. Das Landratsamt geht davon aus, dass die Methangas-Emissionen nach der Baumaßnahme im Vergleich zur derzeitigen Behandlung des Deponiegases um 94 Prozent reduziert werden.
„Dieses Ergebnis ist sehr erfreulich, da Methangas 25-mal klimaschädigender als CO2 ist und somit ein wirksamer Beitrag zum Klimaschutz geleistet wird“, heißt es seitens des Landratsamtes. Die Baumaßnahme wird vom Bundesumweltministerium im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) mit rund 300.000 Euro gefördert. Das ist etwa die Hälfte der gesamten Investitionskosten.
Die Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretärin im Umweltministerium, Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD), und der Bundestagsabgeordnete Felix Schreiner (CDU) würdigten das Projekt als Beitrag des Landkreises zum Klimaschutz. Sie zeigten sich erfreut, dass es gemeinsam gelungen ist, Fördergelder zu bekommen.
Mit Blick auf die Förderung sprach Elmar Weißenberger, Leiter des Eigenbetriebs Abfallwirtschaft des Landkreises, von einer Win-Win-Situation für Umwelt und Bürger im Landkreis Waldshut. Die Bauarbeiten werden voraussichtlich bis April 2021 dauern. Vergleichbare Maßnahmen sind nach Aussage des Eigenbetriebs Abfallwirtschaft bereits in Planung. Für die ebenfalls nicht mehr genutzten Mülldeponien in Lottstetten und Münchingen hat der Landkreis ebenfalls Potenzialstudien ausführen lassen.

„Der Landkreis Waldshut hat seine Deponien gut im Griff“
Hansjörg Rotzinger vom Amt für Abfallwirtschaft im Landratsamt Waldshut hat als Deponie Ingenieur die Überwachung und Behandlung der Mülldeponien des Landkreises Waldshut im Blick.
Herr Rotzinger, wann war die Mülldeponie in Tiengen in Betrieb?
1960 begann die Verfüllung zunächst durch die Stadt Waldshut-Tiengen, ab 1970 war sie Kreismülldeponie. 1990 war die Grube, die durch den früheren Gipsabbau entstanden war, komplett verfüllt und wurde mit einer zwei Meter dicken Lehmschicht abgedeckt. Rund 150.000 Kubikmeter Abfall aus Haushalten und Betrieben lagert dort. Das Deponiegas wird seither aus der Deponie abgesaugt und über eine Hochtemperaturfackel entsorgt. Rechtlich gesehen, befindet sich die Deponie in der Stilllegungsphase.
Durch die kommenden Maßnahmen wird der Ausstoß des klimaschädlichen Methangases auf ein Minimum reduziert – hat der Landkreis darüber hinaus noch andere Nachsorgeaufgaben?
Ja, das Sickerwasser aus der Deponie wird uns noch mehrere Hundert Jahre beschäftigen. Es wird aufgefangen, in die Tiengener Kläranlage geleitet und dort gereinigt. Das Oberflächenwasser aus und um die Deponie, das Tugoquell- sowie auch das Grundwasser werden von uns monatlich und von einem unabhängigen Labor in Waldshut-Tiengen vier Mal im Jahr kontrolliert. Die Ergebnisse werden jährlich dem Regierungspräsidium Freiburg als Genehmigungsbehörde vorgelegt.
Was sind mit Blick auf die Deponien die obersten Ziele?
Nach der Deponieverordnung dürfen Mülldeponien das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigen. Durch austretende Schadstoffe dürfen keine Gefahren entstehen, Gerüche und die Beeinträchtigungen für die Umwelt müssen minimiert werden. Der Landkreis Waldshut hat seine Deponien gut im Griff. Die Bevölkerung bekommt kaum was von ihnen mit und die allgemeine Akzeptanz ist groß.
Wie lange reicht der Lachengraben noch als Kreismülldeponie und dürfen wir darauf hoffen, dass durch fortschreitendes Trennen und Recyceln Deponien einmal überflüssig werden?
Bis 2080 reicht der Platz in der Deponie Lachengraben noch. Der Landkreis Waldshut sammelt, trennt und wiederverwertet schon heute viel seines Abfalls. Beispiele sind die Verkaufsverpackungen in den Gelben Säcken, die Wertstoffe auf den Recyclinghöfen, die blaue Tonne für Papier und Kartonage, die thermische Verwertung des Rest- und Sperrmülls, sowie die Vergärung der seit 2019 in den Biotonnen gesammelten organischen Abfälle. Es wird aber immer ein Rest bleiben, der nicht wiederverwertet werden kann, zum Beispiel Teile des Bauschutts wie asbesthaltige Platten oder Asche aus Industriebetrieben. Deshalb werden wir Mülldeponien auch weiterhin brauchen.