Entgegen der bisherigen Aussagen der SBB, dass die Planung des Doppelspurausbaus alternativlos sei, präsentierte die Gemeinde Lottstetten anlässlich einer Bürgerversammlung Alternativen zur bisherigen Variante.
„Wir sind nicht gegen die Schiene, sondern nur gegen schlechte Planung“, sagte Bürgermeister Andreas Morasch, als er die knapp 300 Besucher in der Gemeindehalle begrüßte. Dieser Rekordbesuch in der Halle spiegelt auch das Interesse und die Betroffenheit der Lottstetter Bürger, die bei Umsetzung der SBB-Planung vier Jahre lang schlaflose Nächte und teilweise vorübergehende Umsiedlung über sich ergehen lassen müssten.
Variante 1: Tunnel führt Güterzüge unter Lottstetten hindurch
Die von der Gemeinde favorisierte Variante stellt eine Tunnellösung dar. Dabei würde an der bestehenden Trasse nichts verändert und vor allem Güterzüge durch einen Tunnel unter Lottstetten hindurch geführt. Die Kosten dieser, ganz neuen Planung, liegen laut Verwaltung mit rund 200 Millionen Franken nur geringfügig über den Plänen der SBB.
Variante 2: Kreuzungspunkt verschieben
Viel günstiger und vorteilhafter für alle Beteiligten ist der Plan, den Martin Vieregg vorstellte. Das Büro Vieregg-Rössler aus München war von der Gemeinde beauftragt worden, Alternativen zu planen. Der feste Rahmen ist der integrale Taktfahrplan, der feste Ankunfts- und Abfahrzeiten an den Knotenpunkten festlegt. Daher kreuzen sich die Züge zwischen Zürich und Schaffhausen nun mal in Lottstetten. „Wenn die Züge vor Lottstetten allerdings geringfügig schneller fahren, dann kann man den Kreuzungspunkt nach Norden zwischen Jestetten und Lottstetten verschieben“, stellte Vieregg fest.

Dazu müssten zwischen Rafz und Lottstetten die Kurve entschärft werden, was praktischerweise auch das Kurvenquietschen verschwinden lässt. Nach Planung des renommierten Verkehrsplaners kann auf Baumaßnahmen an der engsten Stelle, wo die SBB zu bauen plant, komplett verzichtet werden. Erst ab Höhe des Schulwegs soll ein zweites Gleis entstehen. Dort ist viel mehr Platz und von privaten Grundstücken werden nur wenige Quadratmeter in Anspruch genommen.
Vieregg sieht vor, den Bahnhof in die Dorfmitte zu verlegen, sodass er von überall fußläufig zu erreichen ist. Am östlichen Ortsausgang würden dann die Gleise rund 60 Meter nach Süden verlegt, allerdings tiefer als das Wohngebiet, sodass die Züge von dort aus nicht zu sehen sind. Außerdem sieht Viereggs Planung vor, dass die Straßen beim Zollamt und am Dornenweg entschärft werden und so ein viel besserer Zugang zum Oberdorf entsteht. Die Bauzeit veranschlagt der Planer ebenfalls mit vier Jahren, wie auch die SBB bei ihrem Plan.
Martin Vieregg geht von deutlich geringeren Baukosten aus. 35 bis 45 Prozent werde die Sache seiner Ansicht nach günstiger sein, was vor allem daran liegt, dass viel weniger Beton verbaut wird, denn bei der Vieregg‘schen Planung könne auf die großen Betonwände, -anker und -pfeiler in der Brückenstraße komplett verzichtet werden, weil dort nicht gebaut wird.
„Der Charme der ganzen Sache ist, dass weitgehend im Bahnbetrieb gebaut werden kann, weil überwiegend eine neue Trasse entsteht. Die Lottstetter Bürger sind viel weniger betroffen“, zeigte er sich überzeugt. Donnernder Applaus zeigte die Meinung der Lottstetter Bürger.
Auch die SBB hätten in Gesprächen positiv auf die Vorschläge reagiert.
Bürger können bis 18. August Einwendungen abgeben
Im Augenblick läuft jedoch das Planfeststellungsverfahren, das von Dario Mock, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, erläutert wurde. „Einwendungen sollen am besten schriftlich, ausgedruckt und unterschrieben an das Regierungspräsidium geschickt werden“, sagte Mock. Dies ist noch bis zum 18. August möglich.

In der abschließenden Bürgerfragestunde wurden viele der genannten Punkte lebhaft diskutiert. Dabei wurde deutlich, dass die Menschen in Lottstetten bereit sind, sich sachlich und konstruktiv mit dem Projekt auseinanderzusetzen.
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