In kaum einem anderen Sektor bekommen Verbraucher die Folgen internationaler Konflikte aktuell so deutlich zu spüren wie bei der Energieversorgung. Der Ölpreis ist bereits vor dem Ukraine-Konflikt regelrecht durch die Decke gegangen – analog dazu der Preis für Erdgas. Doch der Krieg, die damit verbundenen Lieferbeschränkungen und -engpässe bei gleichbleibend hohem Bedarf, haben die Preise weiter in die Höhe getrieben.

Wir haben bei den beiden örtlichen Nahwärme- bzw. Gasversorgern, Stadtwerke Waldshut-Tiengen und Badenova nachgefragt, was all das für die Verbraucher bedeutet und welche Konsequenzen sie daraus ableiten.

Ungewöhnlicher Preisanstieg und extreme Schwankungen

Siegfried Pflüger, Geschäftsführer der Stadtwerke Waldshut-Tiengen
Siegfried Pflüger, Geschäftsführer der Stadtwerke Waldshut-Tiengen | Bild: Stadtwerke

Wie Siegfried Pflüger, Geschäftsführer der Stadtwerke Waldshut-Tiengen, darstellt, bewegten sich die Energiepreise über einen verhältnismäßig langen Zeitraum auf einem niedrigen Niveau, bevor im zweiten Halbjahr 2021 ein rapider Anstieg einsetzte. Zwischen Januar und Jahresende 2021 stiegen die Preise für eine Bandlieferung, also eine konstante Energiemenge über eine vertraglich vereinbarten Zeitraum von durchschnittlich fünf auf 22 Cent, so Pflüger – also mehr als eine Vervierfachung.

Ungewöhnlich seien extreme Preisausschläge, die beim Strom im Lauf des Herbstes 20 bis 30 Euro pro Megawattstunde von einem Tag auf den anderen ausmachen konnten, schildert Pflüger. Als Gründe nennt er eine generelle Verunsicherung des Energiemarkts, die mit dem Ukraine-Krieg noch deutlich zugenommen hat.

Und doch sind regionale Energieversorger wie die Stadtwerke oder auch Badenova von diesen häufig drastischen Preisentwicklungen nicht ganz so krass betroffen, wie Pflüger und auch Badenova-Pressesprecher Roland Weis auf Nachfrage darstellen.

Einblick in ein Blockheizkraftwerk in Waldshut-Tiengen.
Einblick in ein Blockheizkraftwerk in Waldshut-Tiengen. | Bild: Archivbild: Duygu-D'Souza

Lanfristige Einkaufsstrategie zahlt sich aus

Roland Weis
Roland Weis | Bild: Peter Schütz

Hauptgrund dafür sei die langfristige Strategie beim Einkauf: „Wir beschaffen langfristig und in vielen Tranchen abgeschichtet“, erklärt Weis. Schon jetzt beispielsweise seien Gasmengen „bis weit ins Jahr 2023 abgesichert“. Auch die Stadtwerke sind bereits dabei, Kontingente für 2024 zu beschaffen.

Das führe dazu, dass die Regionalen Energieversorger nie die billigsten Anbieter am Markt seien, wie Pflüger sagt: „Aber wir können den Kunden eine gute Planungssicherheit bieten, die sich besonders in unsicheren Zeiten wie den aktuellen auszahlt.“

Gestrandete Kunden von insolventen Billiganbietern bringen System durcheinander

Denn infolge der Preisentwicklung mussten zum Jahreswechsel viele Billiganbieter oft von einem Tag auf den anderen aufgeben, weil sie sich verkalkuliert hatten. Die Folge: Tausende Schnäppchenjäger auf dem Energiemarkt strandeten letztlich in der Grund- und Ersatzversorgung der regionalen und kommunal getragenen Energieunternehmen.

Die Stadtwerke Waldshut-Tiengen bekam es auf diese Weise mit 230 neuen Kunden zu tun, so Pflüger. Und das stelle ein Energieunternehmen zunächst einmal vor erhebliche Herausforderungen: „Diese Kunden waren ja nicht eingeplant, also mussten wir erst einmal Energie einkaufen, um diese überhaupt versorgen zu können.“ Aufgrund der ungünstigen Marktlage seien so unerwartete Mehrausgaben in Höhe von 180.000 Euro für das laufende Jahr auf das Unternehmen zugekommen.

Vor allem für Neukunden gelten höhere Tarife

Da zudem gar nicht absehbar gewesen sei, wie lange die gestrandeten Kunden bleiben würden, hätten die Stadtwerke begonnen, stärker zwischen Neukunden und Bestandskunden zu differenzieren: „Für Neukunden ist es bei uns teurer, wenngleich nicht exorbitant. Aber anders wäre das nicht vertretbar gewesen“, begründet Pflüger. Im Nachgang sieht sich der Stadtwerke-Chef bestätigt. Etliche der Kunden, die notfallmäßig bei den Stadtwerken aufgeschlagen sind, hätten sich inzwischen bereits wieder andere Anbieter gesucht.

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Badenova kommt derweil nicht mehr ohne eine Preiserhöhung aus: Das Unternehmen hatte kurzfristig 4000 Erdgas- über 2000
Stromkunden in die Versorgung genommen, da deren Anbieter nicht mehr in der Lage waren, die Kunden zu beliefern, schildert Roland Weis. Die Preiserhöhung soll zum 1. Mai in Kraft treten und vorwiegend die Grundversorgung betreffen, wo die meisten der gestrandeten Kunden eingereiht wurden.

Auch Bestandskunden müssen demnach mehr berappen, allerdings nicht im gleichen Maße, versichert Weis. Nach Allerdings sei auch Badenova gezwungen gewesen, die aktuellen Börsenpreise bei den Kunden abzubilden. Bei Bestandskunden wird dies nach Informationen unserer Zeitung offenbar vor allem auf die Arbeitspreise umgelegt, die sich demnach pro Kilowattstunde annähernd verdoppeln. Sobald sich die Situation verbessere, sollen aber auch die Preise möglichst wieder reduziert werden.

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Generelle Rahmenbedingungen erfordern Umdenken und Umstrukturierung

Wie lange die Marktlage so problematisch bleibt, ist selbst für Experten schwer abschätzbar, denn die große Unsicherheit am Markt bleibe ein unkalkulierbares Problem. Seit Jahresbeginn ist der Erdöl-Preis zwar wieder etwas gesunken: „Es ist jedoch absehbar, dass das Preisniveau deutlich höher liegen wird als in den vergangenen Jahren“, schätzt Siegfried Pflüger. Neben fossilen Brennstoffen dürften demnach auch Preise für Holzpellets aber auch Strom steigen.

Unmittelbare Konsequenz der Stadtwerke Waldshut-Tiengen ist es, dass der Energieversorger nur noch Neukunden aus dem Stadtgebiet aufnimmt, um weitere Risiken überschaubar zu halten.

Ansonsten versuchen die Stadtwerke wie viele andere Energieversorger, unabhängiger von Erdgas aus Regionen zu werden, die ein besonders hohes Konfliktpotential aufweisen. Bestes Beispiel für diese Strategie ist künftige Blockheizkraftwerk im Allmendweg, wo vorwiegend Hackschnitzel verfeuert werden, wenn die Anlage erst einmal in Betrieb ist.

Auch Badenova reagiere auf die allgemeinen Marktveränderungen, und das schon seit geraumer Zeit, wie Roland Weis betont: „Mit langfristigen Umbau- und Investitionsstrategien suchen wir seit mehreren Jahren den Weg Richtung regionale, regenerative und CO2-freie Versorgung, in Richtung Wärmewende, weg vom Gas und weg von den Abhängigkeiten.“ Da das Unternehmen aber noch etwa 180.000 Erdgaskunden versorge, seien Fortschritte nicht immer gleich sichtbar.

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