Groß war das Interesse an der Bürgerversammlung zur geplanten Sanierung der Waldshuter Rheinstraße. Die Verwaltung hatte in den kleinen Saal der Stadthalle Waldshut eingeladen, um die Pläne für die Maßnahme vorzustellen und sich Wünsche sowie Vorschläge der Besucher anzuhören. „Alle Fragen sind erlaubt“, betonte Oberbürgermeister Philipp Frank.

„Es geht nicht um ein Facelifting, sondern um eine Rundumerneuerung“, stellte der OB eingangs klar. Denn die Rheinstraße sei vor allem im Untergrund, also in der Kanalisation, „komplett marode“. Die Sanierung eile nicht nur aus technischer Sicht, erklärte Frank. Ein weiterer Grund für die Dringlichkeit ist, dass Fördergelder für die städtebauliche Sanierungsmaßnahme „Waldshut-Innenstadt“, zu der die Rheinstraße zählt, zu verfallen drohen.

Im November 2021 hatte sich der Gemeinderat für eine Sanierungsvariante für den zwischen der Amthausstraße und dem Unteren Tor gelegenen Abschnitt entschieden und das Tiefbauamt mit der weiteren Planung beauftragt. Jürgen Gamp vom Planungsbüro Ernst Kaiser aus Waldshut-Tiengen gab bei der Bürgerversammlung einen kurzen Abriss der bisherigen Pläne. Er versprach, die Anregungen der Bürger zu prüfen und eine angepasste Entwurfsplanung auszuarbeiten, die dann im Gemeinderat vorgestellt wird.

Planer und Verwaltung informierten bei der Bürgerversammlung über die geplante Sanierung der Rheinstraße.
Planer und Verwaltung informierten bei der Bürgerversammlung über die geplante Sanierung der Rheinstraße. | Bild: Juliane Schlichter

Die Herausforderung für die Planer, die unterschiedlichen Interessen von Anwohnern, Gewerbetreibenden, Fußgängern und Verkehrsteilnehmern möglichst unter einen Hut zu bekommen, zeigte sich bei den zahlreichen Wortmeldungen.

Anwohner Ulrich Tillessen äußerte die Bitte, die komplette Fahrbahn zu asphaltieren. Bislang besteht der westliche Abschnitt aus Pflastersteinen. Die Abrollgeräusche von Fahrzeugen an dieser Stelle würden die Nachtruhe stören. Jürgen Gamp versicherte, dass der Entwurf durchgehenden Asphalt vorsehe.

Probleme mit Mülltonnen

Barbara Stelling von der Interessenvertretung der Besitzer der denkmalgeschützten Häuser an der Rheinstraße 17-27 sprach „von massiven Problemen mit unseren Mülltonnen“. Weil in diesem Bereich der Rheinstraße Ladengeschäfte in den Erdgeschossen untergebracht sind, hätten die Bewohner keine Möglichkeit, ihre Behälter abzustellen. „Teilweise haben wir den Müll im Wohnbereich stehen“, erklärte Stelling. Jürgen Gamp schlug zwei denkbare Lösungen vor: versenkbare Mülleimer oder ein Müllhäuschen.

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Müll lockt Ratten an

Thomas Kaiser, Inhaber des gleichnamigen Sanitärbetriebs an der Rheinstraße, berichtete von einem daraus resultierenden Problem: „Der Müll bringt Ratten mit, und davon haben wir mehr als genug in der Straße.“ Kaiser schlug außerdem vor, gegen die sogenannten Autoposer, die häufig in den Abend- und Nachtstunden mit besonders lauten Fahrzeugen ihre Runden durch die Innenstadt drehen, mit Kontrollen, mobilen Blitzern und „richtigen Strafen“ vorzugehen.

Um die nächtliche Lärmbelästigung durch Autoposer zu unterbinden, gibt es laut Oberbürgermeister Frank Überlegungen, die Rheinstraße und damit auch die angrenzende Amthausstraße nachts nur noch Anwohnern zugänglich zu machen – durch per Funk steuerbare Poller oder eine Schranke. „Warum nimmt man den Durchgangsverkehr nicht ganz raus?“, wollte Dieter Frank wissen, womit er zustimmendes Gemurmel erntete.

Straßensperrung vom Tisch

Gegen eine komplette Sperrung für den motorisierten Verkehr hatte sich der Stadtentwicklungsausschuss im Vorfeld ausgesprochen, erklärte der OB. Tiefbauamtsleiter Theo Merz sagte: „Wir müssen die Rheinstraße offen halten für die Anliegerbetriebe.“ Als Beispiel nannte er den Müller-Drogeriemarkt in der Kaiserstraße, der zweimal in der Woche von einem großen Lastwagen beliefert werde, wie dessen Angestellte Brigitte Kaiser betätigte. Sie beklagte, dass regelmäßig Fahrzeuge die Anlieferungszone besetzen würden.

Brigitte Kaiser, Angestellte des Müller-Drogeriemarkts in der Kaiserstraße, heftet ihre Anregung an eine Tafel.
Brigitte Kaiser, Angestellte des Müller-Drogeriemarkts in der Kaiserstraße, heftet ihre Anregung an eine Tafel. | Bild: Juliane Schlichter

Es gab auch Stimmen zugunsten des Durchgangsverkehrs. Peter Zickenrott, der betonte, dass er kein Anwohner sei, ließ das Argument Lärm nicht gelten. „Dagegen wurden Lärmschutzfenster erfunden“, sagte er. Er kritisierte den Wegfall von 17 Parkflächen im Zuge der Sanierung. Er verwies auf Nutzer, die schnelle Besorgungen erledigen wollen oder für weite Wege zu schlecht zu Fuß seien.

Claus Wisser vom Erzbischöflichen Ordinariat in Freiburg, zu dem die Pflegeeinrichtung Haberer-Haus in der Rheinstraße gehört, wünschte sich ein bis zwei Parkplätze für Angehörige, die Senioren in die Tagespflege bringen. Er wollte außerdem wissen, ob Fernwärme in diesem Bereich geplant sei. Jürgen Gamp dazu: „Das werden wir prüfen und gegebenenfalls die Leitungen mitverlegen.“

Bei der Bürgerversammlung wurden viele unterschiedliche Meinungen und Bedürfnisse laut. Doch eine Frage brannte wohl allen Teilnehmern unter den Nägeln: Wie lange soll die Sanierung der Rheinstraße dauern? Für Thomas Kaiser steht schon jetzt fest: „Die Geschäfte können keine zweijährige Bauphase ertragen. Die muss unter einem Jahr liegen.“ Dafür erhielt er Applaus und Bravo-Rufe.

Jürgen Gamp ließ den Traum von einer schnellen Realisierung platzen: „Ein halbes Jahr wird auf keinen Fall reichen.“ Der Ingenieur weiter: „Es wird sicher schmerzhaft für die Anwohner.“ Vorgesehen sei, in Abschnitten zu bauen. Dauer und Kosten der Sanierung könne er derzeit nicht abschätzen. Theo Merz prognostizierte die Gesamtinvestition auf bis zu fünf Millionen Euro. OB Frank bezifferte die Fördermittel mit 670.000 Euro.

So sieht der Zeitplan aus

„Ich denke, dass wir uns dieses Jahr nicht mehr mit dem Bagger treffen“, sagte Tiefbauamtsleiter Theo Merz zum Zeitplan der Sanierung der Rheinstraße. Die Anregungen aus der Bürgerversammlung werden nun geprüft. Neben Wortmeldungen hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, ihre Wünsche aufzuschreiben und an eine Tafel zu heften. Merz rechnet damit, dass Ende des dritten oder Anfang des vierten Quartals 2023 der Planungsauftrag EU-weit ausgeschrieben wird. „Nächstes Jahr im Frühjahr könnten wir den Auftrag vergeben“, so der Tiefbauamtsleiter.

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