Sollte eine Umbenennung des Conrad-Gröber-Platzes in Waldshut geprüft werden? Diese Frage könnte sich stellen, nachdem bereits mehrere andere Kommunen in Südbaden sich kritisch mit der Haltung des Namensgebers in der Zeit des Nationalsozialismus auseinandergesetzt haben.

Auch Konstanz, Freiburg und Meßkirch hadern mit Kirchenmann

Aktuell wird in Konstanz die Umbenennung einer Straße diskutiert, die dem 1948 verstorbenen ehemaligen Erzbischof gewidmet ist. Die Ehrenbürgerwürde hat die Bodenseestadt dem heute umstrittenen Kirchenmann bereits im Jahr 2019 symbolisch aberkannt.

Auch in Freiburg und in seiner Geburtsstadt Meßkirch (Kreis Sigmaringen) wurde die Rolle des katholischen Geistlichen während des Nationalsozialismus kritisch hinterfragt.

Grund für die Aberkennung der Ehrenbürgerwürde von Konstanz sei, so heißt es in einer damaligen Erklärung der Stadt, Gröbers „positive Einstellung gegenüber dem NS-Regime“ sowie seine „fördernde Mitgliedschaft in der SS und sein vielfach belegter Antijudaismus“.

Als nächster Schritt ist in der Stadt die Umbenennung einer Straße geplant, die nach dem einstigen Erzbischof von Freiburg benannt ist. Ein entsprechender Beschluss des Gemeinderats war für November geplant, wurde jedoch kurzfristig verschoben. Es bestehe noch Klärungsbedarf, ließ das Rathauses verlauten.

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Wer über eine Umbenennung entscheiden müsste

Analog zum Prozedere in Konstanz müsste über eine mögliche Umbenennung des Conrad-Gröber-Platzes in Waldshut der hiesige Gemeinderat entscheiden. Elementar für eine fundierte Meinungsbildung, das zeigt das Beispiel anderer Städte mit Debatten um die Person des Geistlichen, wäre eine umfassende historisch-biografische Analyse.

Wie aus den Aufarbeitungen andernorts erkennbar ist, haben Experten nicht nur belastende, sondern auch entlastende Fakten zusammengetragen.

Das andere Gesicht des Conrad Gröber: Der Retter Waldshuts nach dem Krieg

Verbunden mit Waldshut ist durch eine besondere Episode nach dem Zweiten Weltkrieg die Biografie des heute umstrittenen früheren ...
Verbunden mit Waldshut ist durch eine besondere Episode nach dem Zweiten Weltkrieg die Biografie des heute umstrittenen früheren Freiburger Erzbischofs Conrad Gröber (1872-1948). | Bild: (Vorlage: Erzbischöfliches Archiv Freiburg)

In Waldshut ist das Verhältnis zu dem früheren Bischof zusätzlich durch ein besonderes Ereignis geprägt, das im kollektiven Gedächtnis bis heute positiv nachklingt. Dies betrifft das Jahr 1945, als nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs unter französischer Besatzung die Räumung der Stadt drohte. Geplant war eine Evakuierungszone von fünf Kilometern entlang der Schweizer Grenze.

Wie aus Aufzeichnungen der katholischen Pfarrgemeinde hervorgeht, erwirkte Erzbischof Conrad Gröber bei seinem damaligen Straßburger Amtskollegen gegen das Vorhaben eine erfolgreiche Intervention bei den Alliierten.

Im Unterschied zum früheren Zollausschlussgebiet, wo die Bevölkerung der Ortschaften Jestetten, Altenburg und Lottstetten im Mai 1945 durch das Militär vertrieben wurde, blieb Waldshut folglich von einer solchen Maßnahme verschont. Bis heute erinnert nicht nur eine jährliche Dankwallfahrt an die Abwendung der Tragödie, sondern auch das Straßenschild an dem exponierten Platz vor dem Oberen Tor.

Das Areal an der östlichen Stadtpforte sei explizit aufgrund des Einsatzes gegen die Evakuierung nach Conrad Gröber benannt worden, berichtet auf Anfrage dieser Zeitung Stadtarchivar Ingo Donnhauser.

Gemeinderat: Noch keine Opposition gegen Namenspatron

Ob sich angesichts dieser speziellen historischen Umstände überhaupt eine Initiative findet, eine mögliche Umbenennung zur Diskussion zu stellen, ist fraglich. Bei entsprechenden Sondierungen unserer Zeitung unter Sprecherinnen und Sprechern der fünf Gemeinderatsfraktionen machte SPD-Stadträtin Claudia Hecht auf die Evakuierungs-Episode aufmerksam, die im dritten Band der Stadtgeschichte erwähnt werde. Die Kommunalpolitikerin: „Aus diesem Grund halte ich es für Waldshut wenig sinnvoll, über eine Umbenennung zu sprechen, obwohl bekannt ist, dass Conrad Gröber Antisemit und anfangs vom Nationalsozialismus begeistert war.“

Unscheinbar ist das Blechschild, das an einer Straßenlaterne auf den Namen des Conrad-Gröber-Platzes in Waldshut hinweist. Im ...
Unscheinbar ist das Blechschild, das an einer Straßenlaterne auf den Namen des Conrad-Gröber-Platzes in Waldshut hinweist. Im Hintergrund ist der Turm der katholischen Pfarrkirche zu sehen. | Bild: Gerard, Roland

Auch FDP-Stadtrat Harald Ebi verwies auf den Einsatz Gröbers für die Stadt. Darüber hinaus erwähnte er als mögliche Lösung das Beispiel Freiburgs, wo ein Kompromiss gefunden wurde. Dort wurde die Conrad-Gröber-Straße nicht umbenannt, sondern mit einem erklärenden Schild versehen. Dem Erzbischof wurde bei der Entscheidungsfindung in der Breisgau-Stadt zugute gehalten, dass er sich gegenüber dem NS-Regime durchaus auch kritisch geäußert habe.

Stadtrat Philipp Studinger (CDU), Stadträtin Petra Thyen (Grüne) und Stadtrat Harald Würtenberger (Freie Wähler) erklärten auf Anfrage dieser Zeitung, das Thema in ihren Fraktionen erörtern zu wollen.

Klar ist in jedem Fall: Um symbolische Aberkennung einer Ehrenbürgerschaft Conrad Gröbers muss in Waldshut nicht diskutiert werden. Denn eine solche Auszeichnung für den Erzbischof hat es in der Hochrheinstadt nicht gegeben.