Herr Frei, Sie sind seit 1. September offiziell die Leitung des Polizeireviers Waldshut-Tiengen übernehmen. Was reizt Sie an einem solch verantwortungsvollen Amt?
Es war sicherlich nicht von Anfang an mein Ziel, Revierleiter zu werden. Schon mein Vater war Polizist, und wie er habe ich die Arbeit immer als Dienst am Bürger begriffen, und die eigentliche Polizeiarbeit auf der Straße im Streifendienst gesehen. Aber durch Entwicklungen hat sich dieser Weg ergeben, und jetzt, da es so weit ist, bin ich froh, dass ich diese Möglichkeit erhalten habe. Ich übernehme das Amt gerne und freue mich sehr darauf. Ich habe auch ein tolles Team, mit dem ich schon jetzt sehr gut zusammenarbeite.
Das Bild der Polizei in der Öffentlichkeit hat sich derweil an vielen Stellen grundlegend gewandelt. Das Ansehen der Leute in Uniform ist nicht mehr so groß wie früher. Wie beurteilen Sie das?
Die allgemeinen Entwicklungen in unserer Gesellschaft gehen sicherlich auch an uns nicht ganz spurlos vorbei. Aber im Großen und Ganzen genießt die Polizei durchaus noch ein hohes Vertrauen bei den Leuten, gerade bei uns im ländlichen Raum. Ich glaube, auf dem Land ist es für die Polizei nach wie vor angenehmer zu arbeiten. Ich selbst war jedenfalls immer froh, hier tätig zu sein und nicht in irgendeiner Großstadt. Aber natürlich müssen wir auch hier in Zukunft daran arbeiten, dass es so bleibt.
Leichte Verfügbarkeit von Messern erhöht Gefahr für Polizisten
Wer den Polizeibericht liest, stellt derweil schnell fest, dass es auch bei uns durchaus brenzlig zu gehen kann.
Das ist richtig. Auch wir verzeichnen zum Beispiel eine Zunahme bei Widerstandshandlungen. Das Spektrum reicht von verbalen Angriffen über Anspucken, bis hin zu Bissen und Schlägen. Im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Freiburg sind Einsätze unter Beteiligung von Menschen mit psychischen Erkrankungen oder in Ausnahmesituationen inzwischen die häufigste Einsatzart überhaupt. Das ist aus unserer Sicht besonders problematisch. Denn wenn das Gegenüber aufgrund von nicht ersichtlichen Beeinträchtigungen anders reagiert, als man es erwartet, besteht für Beamte in solchen Situation eine unkalkulierbare Gefahr. Ähnlich sieht es beim Aufeinandertreffen mit alkoholisierten oder drogenberauschten Menschen aus, die uns vor allem im Nachtdienst begegnen. Zugleich hat sich leider auch bei uns das Messer als Waffe etabliert, die Gefahr des Mitführens ist auch aufgrund der leichten Verfügbarkeit ständig gegeben. Das Gefahrenpotenzial für Beamte im Streifendienst ist also auch bei uns gestiegen.
Wie geht die Polizei mit solchen Entwicklungen um?
Wir gehen darauf natürlich im Rahmen der Ausbildung und im Training sehr gezielt ein. Es geht darum, die Wachsamkeit und das Gefahrenradar zu schulen. Die richtige Einschätzung einer Lage, und die angemessene Reaktion können lebenswichtig sein.
„In jeder Uniform steckt ein Mensch“
Sie sprachen davon, dass Sie das Vertrauen der Menschen in die Polizei stärken möchten. Wie kann man sich das vorstellen?
Es gibt mehrere Möglichkeiten. Ich denke, dem Auftreten der Beamten gegenüber dem Bürger kommt hierbei eine wichtige Rolle zu. Dabei geht es vor allem um den Umgang mit dem Normalbürger, der in eine Kontrolle gerät oder aus anderen Gründen mit uns in Kontakt kommt. Hier gilt, dass Respekt nach wie vor auf Gegenseitigkeit beruht. Auch Aktionen wie unsere Veranstaltung „Coffee with a Cop“ anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Polizeipräsidiums Freiburg, spielen eine wichtige Rolle. Denn dabei zeigen wir, dass in jeder Uniform ein Mensch steckt.

Fachkräftemangel stellt in vielen Bereichen ein gravierendes Problem dar. Wie ist das bei der Polizei in Waldshut-Tiengen?
Eine bessere personelle Ausstattung ist immer wünschenswert. Ich denke, das geht allen Dienststellen so. Aber wir sind sehr gut aufgestellt und können die Sicherheit in unserem großen Zuständigkeitsbereich gewährleisten. Auch die Einsatzmittel, die uns das Land zur Verfügung stellt, sind sehr gut. Das fällt gerade auch im Vergleich zu anderen Bundesländern auf. Das ist auch sehr zu begrüßen, denn der Streifenwagen ist unser Arbeitsplatz, und eine gute Ausrüstung trägt natürlich auch zur Sicherheit und zur Motivation bei.
Brennpunkt Busbahnhof Waldshut unter besonderer Beobachtung
Polizei ist Ländersache. Welche Möglichkeiten haben Sie als Revierleiter, Veränderungen umzusetzen?
Ich entscheide zum Beispiel über Schwerpunkte und konzeptionelle Angelegenheiten. Das gilt zum Beispiel mit Blick auf unseren aktuellen Brennpunkt am Busbahnhof in Waldshut. Hier gibt es sehr viele Beschwerden aus der Bürgerschaft, entsprechend gehen wir hier mit Streifen vor, sind aber auch in einem beständigen Austausch mit der Stadt. Aber in unserem Zuständigkeitsbereich, der bis Bonndorf und Jestetten reicht, gibt es natürlich auch sehr unterschiedliche Themen. Es ist in der Verantwortung der jeweiligen Postenleiter in der Umgebung in Absprache mit mir Maßnahmen und Strategien zu erarbeiten.
Mit dem technischen Fortschritt der vergangenen Jahrzehnte haben sich auch neue Formen der Kriminalität entwickelt. Braucht es in Zukunft mehr Spezialisten, oder ist auch der Allrounder weiterhin gefragt?
Ich würde sagen, wir brauchen auch in Zukunft beides. Natürlich brauchen wir Experten für die Bereiche, in denen spezielle Kenntnisse notwendig sind. Dazu zählt die Cyberkriminalität in besonderem Maße, aber auch Bereiche wie die Verkehrspolizei. Wir werden aber auch immer den typischen Allrounder in Person des Streifenpolizisten brauchen, der auf den Straßen unterwegs ist und dabei sehr direkt in Kontakt mit den Bürgern steht.