Seit 20 Jahren gibt es die Höhenrettung am Hochrhein. Auf die Frage nach dem spektakulärsten Einsatz in dieser Zeit muss Peter Gantner nicht lange überlegen: „Das war ganz klar bei der Realschule Waldshut in diesem Sommer“, erklärt der Leiter der Höhenrettungsgruppe der Feuerwehr Waldshut-Tiengen.

Mitte August war ein 18-jähriger Jugendlicher 20 Meter tief in einen stillgelegten Kaminschacht gestürzt, nachdem er und seine Freunde sich unerlaubt Zugang zum Dach des Gebäudes verschafft hatten. Die Höhenretter ließen einen Notarzt mithilfe einer an einem sogenannten Dreibein montierten Seilwinde hinab zum Patienten, der sich nur leichte Blessuren zugezogen hatte. „Für mich ist es ein wahres Wunder, dass der junge Mann überlebt hat“, sagt der 61-jährige gelernte Reproduktionsfotograf im Gespräch mit dieser Zeitung.

Teamarbeit: Einheitsführer Dennis Putzke (links) und Gruppenleiter Peter Gantner.
Teamarbeit: Einheitsführer Dennis Putzke (links) und Gruppenleiter Peter Gantner. | Bild: Juliane Schlichter

Neben Peter Gantner, seinem Stellvertreter Jan-Hendrik Weiland und Einheitsführer Dennis Putzke besteht die Gruppe aus sieben weiteren Höhenrettern. „Sie müssen Mitglieder der Feuerwehrabteilungen von Waldshut-Tiengen sein“, erklärt Gantner, der selbst in Detzeln wohnt. Dies habe versicherungstechnische Gründe. Über die Mannschaftsstärke sagt er: „Das ist leider etwas wenig.“

Um Nachwuchs zu gewinnen, haben die Höhenretter daher kürzlich einen Informationsabend im Feuerwehrgerätehaus im Kaitle veranstaltet, wo die Gruppe ihren Standort hat. Zehn Feuerwehrleute sind der Einladung gefolgt. Eine von ihnen ist Lena Nikeleit, Mitglied der Feuerwehrabteilung Tiengen. „Ich musste mich schon in der Grundausbildung abseilen und gehe auch privat gern klettern“, begründet die 19-Jährige ihr Interesse an der Höhenrettungsgruppe.

„Ich gehe auch privat gern klettern.“
Lena Nikeleit, Mitglied der Feuerwehrabteilung Tiengen
Lena Nikeleit
Lena Nikeleit | Bild: Juliane Schlichter

Doch welche Voraussetzungen müssen die Anwärter mitbringen? „Schwindelfreiheit hilft ungemein“, sagt Peter Gantner schmunzelnd. Neben den körperlichen Anforderungen, die jedes Feuerwehrmitglied erfüllen muss, seien die Fähigkeit zum selbstständigen Handeln und eine schnelle Auffassungsgabe für einen Höhenretter unabdingbar. Teamarbeit stehe an erster Stelle, betont Dennis Putzke. „Wir müssen uns zu 100 Prozent aufeinander verlassen. Wenn ich ins Seil gehe, gebe ich mein Leben in eure Hand“, erklärt er den Teilnehmern der Infoveranstaltung.

Sicherheit geht vor: Jan-Hendrik Weiland (mit blauem Helm) erklärt den Feuerwehrmännern, wie sie die Kletterausrüstung anlegen. Ganz ...
Sicherheit geht vor: Jan-Hendrik Weiland (mit blauem Helm) erklärt den Feuerwehrmännern, wie sie die Kletterausrüstung anlegen. Ganz rechts Nadja Zastrow, die seit den Anfängen bei der Höhenrettungsgruppe und derzeit einziges weibliches Mitglied ist. | Bild: Juliane Schlichter

Peter Gantner ergänzt: „Ohne Partnercheck geht nichts.“ Das bedeutet, dass jedes Mitglied seine Ausrüstung zusätzlich von einem Kollegen kontrollieren lassen muss. Neben der Feuerwehrmontur gehören ein Klettergurt, ein Helm, eine Stirnlampe und Handschuhe zur Ausrüstung der Höhenretter. Aufbewahrt wird diese im sogenannten Abrollbehälter der Höhenrettungsgruppe, die eine von nur sieben solcher Einheiten in Baden-Württemberg ist.

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Gantner erklärt, wie es zur Gründung vor 20 Jahren kam: „In Bayern sind damals viele Feuerwehrleute im Winter beim Schneeräumen vom Dach gerutscht.“ Daraufhin habe das Land Baden-Württemberg gefordert, dass die Absturzsicherung in den Feuerwehrabteilungen gewährleistet sein muss. „Da haben wir die Absturzsicherungsgruppe Hochrhein gegründet“, erinnert sich Gantner. Aus dieser wurde 2008 die Höhenrettungsgruppe.

Im Abrollcontainer befinden sich neben Seilen auch sogenannte Schleifkorbtragen – darunter eine Variante in Übergröße und mit hohem Zulassungsgewicht. „Überschwere Patienten kommen immer wieder vor“, weiß Peter Gantner. Die Höhenretter unterstützen den Rettungsdienst, indem sie die Patienten aus Fenstern oder von Balkonen abseilen, wenn Treppenhäuser zu eng sind.

Abseilen im Schlauchturm Video: Juliane Schlichter

Für die potenziellen neuen Höhenretter steht an diesem Abend das Abseilen im Inneren des 28 Meter hohen Schlauchturms an. „Schön, war mal was anderes“, sagt Alexander Denz von der Abteilung West, nachdem er wieder auf festem Boden steht. Ob er dabeibleibt, weiß er noch nicht: „Es ist ein zeitliches Problem.“ Denn neben den Feuerwehrübungen erwartet die Höhenretter eine weitere Ausbildung und regelmäßiges Training.

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