Der Abriss der alten Brennet-Werkhallen löst bei vielen früheren MBB-Mitarbeitern Emotionen aus: Auch bei Eckart Neubert, ehemals Abteilungsleiter der Strickerei und 38 Jahre bei der Brennet. „Wenn ich zweimal die Woche beim Einkauf sehe, dass schon wieder eine Halle fehlt, halte ich das kaum aus. Ich hatte in der Strickerei eine tolle Arbeit mit gutem Verdienst“, sagt er.
Trotz der Textilkrise hat sich, so Neubert, „die Brennet AG in den 1990er Jahren, als alle anderen bereits kaputt waren, gegen die Globalisierung gestemmt. Gegen Fernost hatte sie auf die Dauer keine Chance“.

Von diesem Kampf erzählt auch die frühere Büroangestellte Ursula Link. „Mein Ehemann Rudi hat nach seiner Verrentung 1992 noch Dienste für die Firma erledigt. Er war begeistert, als Stephan Denk mit Unsummen alles modernisieren ließ. Neue Maschinen, neue Hallen, schöne neue Wege. Aber der Brand in der Spinnerei Hausen brachte das Ende. Wenigstens gibt es noch das Textilmuseum und das Café ‚Denk-Pause‘. Irgendwann ist Corona vorbei und dann kann ich dort wieder einkehren.“ Derzeit scheut sie die Nähe des Areals: „Den Anblick der Bagger ertrage ich nicht.“

Für viele Kollegen aus Italien und anderen Ländern sprechen Giovanni Grizzaffi, Giuseppe Lupo und Pasqualina Bibbo. Frau Bibbo weinte, als sie die Bagger sah. Ihr Ehemann starb bei einem tragischen Verkehrsunfall. „Ich werde nie vergessen, wie mir Werksleiter Langer nach der Beerdigung einen Umschlag mit Geld überreicht hat. Seiner Hilfe habe ich es zu verdanken, dass ich als junge Witwe mit meinen Kindern in Deutschland bleiben konnte. Ich habe immer pünktlich meinen Lohn bekommen.“

So sieht es auch Giovanni Grizzaffi, ehemals Betriebsratsvorsitzender. „Andere Firmen sind pleite gegangen und die Arbeiter bekamen nichts. Das gab es in der Brennet nicht. Wir hatten Sozialpläne und Abfindungen. Ich habe lang Nachtschicht gearbeitet. Wir waren wie eine Familie. Wir konnten uns immer aufeinander verlassen“.

Giuseppe Lupo, früher Meister in der Strickerei, fühlt sich beim Anblick der Bagger, „als würden sie die Steine aus meinem Körper reißen.“ „Ich sehe ein Loch, wo früher meine Werkshalle war. Da denke ich, dass ich am falschen Ort bin.“ Lupo freut sich zwar auf das Ärztezentrum. „Aber so viele Menschen wie früher werden hier nie mehr wieder arbeiten. Wenigstens erinnern die Brennet-Bücher und das Textilmuseum an unser Leben in der Brennet.“

Die Bedeutung des Museums nach dem Abriss betont auch Walter Thoma. Er war fast 40 Jahre Meister in der Einzieherei: „Wenn ich den Trümmerhaufen sehe, frage ich mich, wo mein Arbeitsplatz war. Klar, dass nach dem Ende der Textilindustrie etwas Neues kommen musste. Doch das Museum sollte bleiben. Da stecken unsere Erinnerungen drin, auch Stücke von mir, Webblätter und Sachen vom Betriebsfußball, den ich 37 Jahre lang geleitet habe. Das sind Andenken an die alte MBB. Das Museum ist auch für die kommenden Generationen wichtig. Die Erinnerung an die Brennet darf nicht untergehen.“