Als der agile Schopfheimer Rupp nach einer Kaufmannslehre bei Gottschalk & Grether – damals größte Spinnerei der Region – in die Ferne zog, um sich für seine späteren Aufgaben als Fabrikant zu rüsten, traf er in Marseille den Efringer Kaufmann Wilhelm Neflin. Die jungen Männer freundeten sich an. Kein Wunder, dass Rupp seinen Freund ins Boot holte, als er 1869 in Wehr den Bau einer Weberei plante. Sein alter Lehrherr C. F. Grether hatte ihm am oberen Teil des inzwischen trockengelegten Gewerbekanals ein Areal vermittelt, das sich wegen der Wasserkraft zum Betrieb einer Weberei eignete.

Das Gelände an der Westseite des Kanals unterhalb des Stauwehrs gehörte dem Kaufmann und späteren Bürgermeister Franz Xaver Ehinger. Dieser hatte dort handgewebte Stoffe für sein Textilgeschäft gebleicht und ausgerüstet, um daraus Bettwäsche u.a. zu konfektionieren. Neben Ehinger waren oben am Kanal noch andere angesiedelt, etwa die Ölmühle und Hanfreibe des Cyprian Dempfle. Der stammte aus einem Ur-Wehrer Geschlecht, ging 1839 pleite und sein Betrieb kam auf die Gant. Das Großherzogliche Domänenärar ersteigerte Dempfles Mühle und sicherte das Gelände dem Wehrer Eisenwerk.
Während sich Neflin 1869/70 mit Franz Anton Baumgartner herumschlug, der 1863 das Eisenwerk ersteigert und dort eine Buntweberei eingerichtet hatte, besuchte Rupp die Reutlinger Webschule. Er brauchte webtechnische Kenntnisse. Die Rollenaufteilung in der künftigen Firma stand fest: Neflin war Buchhalter, Rupp der Techniker. Als Baumgartner im Oktober 1869 von der geplanten Neugründung Wind bekam, wollte er mit aller Macht die Ansiedlung einer Weberei oberhalb seiner eigenen verhindern. Wasser war ein knappes Gut.
Die Rechtslage war kompliziert und er strengte beim Großherzoglichen Kreisgericht Lörrach einen Prozess an. Rupp und Neflin wussten aber die Gemeinde Wehr und das Bezirksamt Schopfheim hinter sich. Baumgartner gab auf und einigte sich gütlich. Wehr brauchte dringend Arbeitsplätze. Die Existenzgründer Neflin und Rupp sollten und wollten sie liefern.

1870 wurde die kleine Weberei eingerichtet. Statt Buntgewebe wollte man lieber Cords weben, die besseren Absatz versprachen. Dabei handelte es sich um Schuhblätter für Hausschuhe in grellen Farben mit Motiven wie den Köpfen von Kaiser Wilhelm oder Bismarck. Nach dem Sieg über Frankreich wahre Renner. Am 1. Februar 1871 wurde die OHG „Neflin & Rupp“ in das Schopfheimer Register eingetragen. Das Startkapital betrug 40.000 Mark. Davon steuerte Neflin aber nur circa. 1/3 bei. Dieses ungleiche Verhältnis barg Zündstoff.

Wilhelm Neflin hatte am 21.4.1870 in Schopfheim Maria Sutter geheiratet und war in das ehemalige Ehinger-Haus neben dem „Sternen“ an der Todtmooser Straße gezogen. Es gehörte nun „Neflin & Rupp“, später aber der MBB. Viel Geld brachte Maria wohl nicht in die Ehe ein. Ihr Vater war als Säger, Metzger und in anderen Berufen tätig, kaum mit Erfolg. 1872 kam Sohn Hermann zur Welt, der, wie die beiden Söhne Rupps, in die Firma eintrat. Schließlich sollte er einmal Wilhelms Nachfolger werden. Hermann heiratete Luise Brugger aus dem reichen Wehrer Brugger-Clan. Sein Vater baute gemeinsam mit Luises Vater gegenüber der „Alten Krone“, wo sich zuvor die Stallungen von Kronenwirt Ignaz Jordan befunden hatten, 1878 das Stadthaus Brugger-Neflin. Dorthin zog Wilhelm Neflin mit seiner Familie.

1895 erhielt Hermann Neflin mit 23 Jahren Prokura und stieg in die Leitung auf. Daher zog sich sein Vater, dessen Ehefrau Marie 1891 verstorben war, 1899 aus der Firma zurück. Die Nachfolge war ja geregelt. Dann brach das Unglück über das junge Ehepaar Neflin-Brugger herein. Am 14. März 1902 starb Luise, ein Jahr später folgte ihr am 4. März 1903 Hermann Neflin: Eine furchtbare Tragödie. Wilhelm Neflin kehrte in die Geschäftsleitung der Firma zurück. Als er kurz vor Weihnachten 1904 krank das Bett hüten musst, platzte die Bombe. Friedrich Rupp stellte bei Durchsicht der Bücher entsetzt fest, dass sein Freund Wilhelm jahrelang größere Beträge unterschlagen hatte. Die Fortsetzung des Wirtschaftskrimis folgt.
