Wehr Zur Einstimmung auf das Festwochenende anlässlich des 75. Jubiläums der Stadterhebung hat der aus Wehr stammende Künstler Willi Raiber am Mittwoch in der Mediathek sein Buch vorgestellt. Er hatte das Fest im Jahre 1950 als sechsjähriger Zeitzeuge miterlebt. „Es ist keine historisch korrekte Darstellung, sondern ein Freudichbuch“, meinte er bescheiden und untertreibend, denn sein Buch beinhaltet viele künstlerisch hochwertige Zeichnungen und einen Rückblick auf prägende Kindheitserlebnisse aus der Sicht eines gereiften Künstlers. Bei der Vorstellung merkte man Willi Raiber die Freude an seinem Buch und an dem Wiederauflebenlassen seiner Erinnerungen an, war doch die Stadterhebung für ihn ein wahres Freudenfest, vor allem dank der Köstlichkeiten, die in den zahllosen Buden entlang der Hauptstraße serviert wurden.
Mit kindlicher Fantasie
Ausgangspunkt ist die von Willi Raibers Familie betriebene „Albietz-Mühle“. Vom Schlafzimmer aus fiel der Blick des Jungen auf ein Poster, das ein Segelschiff darstellte. Dieses weckte sein Fernweh, und in seiner Vorstellung unternahm er mit seinem Teddybären verschiedene Reisen. Diese kindliche Fantasie bildet immer den Rahmen für die mittlerweile sechs Bücher der „Unterwegs“-Reihe, in denen Willi Raiber die Welt der Musik, Amerika oder eben das Stadtfest erkundet.
Die Erzählung ähnelt einem Traum. Bestimmte Realitätselemente wie beispielsweise die Honoratioren, die badischen Landesfarben und Wehrer Anekdoten werden zitiert, aber in eine surreale Fantasiewelt eingebettet. Die Figuren sind zwar leicht abstrahiert, aber sofort wiedererkennbar und niemals karikaturenhaft verzerrt.
Reiseführer des jungen Willi Raiber sind der uniformierte „Alfons“ und das Robotermännchen „Stangeplärri“. So nannte man damals die an Lichtmasten befestigten Lautsprecher, aus denen die Durchsagen aus dem Rathaus erklangen. „Immer ware mir klei und bucklig, hän uns immer meh gstritte“, erklärt Alfons die Lage in Wehr, mit einem Seitenhieb auf die „Separatisten“ aus dem Enkendorf. Doch der Wehrer Drogist hat einen „Flaschengeist“, vor dem der junge Willi Raiber einen Heidenrespekt hatte. Dieser Geist wird im Buch losgelassen, und solange er frei ist, wird gefeiert. Der Geist bewirkt etwas Wunderbares, denn beim Fest „haben alle zusammengearbeitet“. Und der sechsjährige Zeitzeuge hatte damals schon ein Faible für Farben. Die schwarze Festkleidung der männlichen Honoratioren gab koloristisch nicht so viel her, daher sind von den Herren nur die Beine – eben aus der Perspektive eines Sechsjährigen – zu sehen, während die bunteren Kostüme der Damenwelt ihren Niederschlag im Buch finden.
Die Farben sind für Willi Raiber das Wichtigste: „Da nützt der dickste Strafzettel nichts, wenn Du das Buch aufschlägst und die Farben siehst, bist Du einfach gut drauf“, meinte er mit dem ihm eigenen Humor. „Solange der Flaschengeist frei ist, hört das Fest nie mehr auf“, sagte der Künstler, und diese nimmer endende Feststimmung war für ihn ein willkommener Anlass, die Farben in dem Buch geradezu explodieren zu lassen.
Im Anschluss an die Buchvorstellung präsentierte der ehemalige Kulturamtsleiter Reinhard Valenta historische Fotos vom Fest, vor allem vom großen Umzug. Diese Bilder hinterließen bei dem Sechsjährigen ein Reservoir an Eindrücken und Erinnerungen, aus dem er schöpfen konnte, als er die Tafeln zum Sagenpfad gestaltete und zum „Burgmaler Willi“ wurde. „Das nächste Buch handelt von dem Schatz im Geheimgang beim Schlössle“, versprach der Künstler zum Abschied.
Band kostet 30 Euro
Willi Raibers Buch zum Stadtfest ist für 30 Euro in der Buchhandlung Volk erhältlich. Auch einige andere Bücher aus der „Unterwegs“-Serie sind noch verfügbar. Der Künstler im Internet:www.williraiber.de