Schon in den nächsten Wochen soll eine Vorentscheidung über ein künftiges kommunales Ärztehaus fallen. Nachdem der Gemeinderat jüngst das Thema erstmals öffentlich debattierte und auch über verschiedene mögliche Standorte sprach, macht die Stadtverwaltung um Bürgermeister Michael Thater gehörig Druck: „Bis zu den Sommerferien soll über den Standort entscheiden sein“, erklärt Thater auf Anfrage unsere Zeitung. Sollte es tatsächlich auf den vom Gemeinderat favorisierten Standort im Brennet-Areal hinauslaufen, soll schon im September ein Erbaupachtvertrag mit dem Eigentümer des Areals vereinbart werden.
Dass die Stadt nun ein so hohes Tempo vorlegt, überrascht zwei Personen, die seit einigen Wochen Eigentümer des Ärztehauses in der Bündtenfeldstraße sind: Axel Richter und Michael Wagner, die dafür eigens die Firma Riwa gegründet haben. „In der Öffentlichkeit ist der Eindruck entstanden, dass mit dem Eigentümerwechsel der Mietvertrag ausläuft und die Ärzte vor die Tür gesetzt werden könnten. Das ist natürlich nicht der Fall“, so Michael Wagner, gerne würden die Mietverträge fortgeführt. Grundsätzlich stellt er die Frage, ob es denn kommunale Aufgabe sei, ein eigenes Ärztehaus zu bauen und damit mit dem privaten Markt in Konkurrenz zu treten. Allerdings betont Wagner auch, dass seine Partner Axel Richter und er dem städtischen Projekt nicht im Wege stehen will. „Wir bieten gerne unsere Zusammenarbeit und Unterstützung an“, so Wagner, der in Bad Säckingen bereits das Ärztehaus Seconia aufgebaut hat und erfolgreich führt.
Lange Zeit hielt Thater die Ärzteversorgung nicht für eine kommunale Aufgabe und sah die Verantwortung für den Ärztemangel vor allem in der Bundespolitik und in der Kassenärztlichen Vereinigung, die die Zulassung von Medizinern in den Regionen regelt. Nachdem sich aber trotz öffentlichem Druck über viele Jahre nichts an der Versorgung geändert hat, hat sich die Auffassung Thaters geändert. Die Anwerbung von Medizinern, insbesondere die Nachfolgesuche von altersbedingt aus dem Dienst ausscheidenden Ärzten sei am besten mit einem kommunalen Ärztehaus möglich.
Richter und Wagner fürchten allerdings, dass es sich die Stadt etwas zu leicht macht. „Nur ein neues Gebäude bauen, in das die bestehenden Ärzte ziehen, löst das Problem nicht“, so Wagner. Eine Gemeinschaftspraxis wie in der Bündtenfeldstraße sei im eigentlichen Sinne auch kein Ärztehaus. „Ein Ärztehaus ist ein Zentrum verschiedener medizinischer Fachrichtungen, beispielsweise könnte ein Physiotherapeut das Angebot ergänzen. Und natürlich gehört auch eine Apotheke in ein solches Haus“, so Wagner. Ob es der Stadt gelingen kann, zusätzliche Ärzte nach Wehr zu locken, da hat Wagner seine Zweifel. Hier habe schon Bad Säckingen mit dem Gesundheitscampus wenig Erfolg gehabt und nur bereits ansässige Mediziner gewinnen können. Für das bestehende Angebot in Wehr sei die Gemeinschaftpraxis in der Bündtenfeldstraße aber völlig ausreichend, so Axel Richter. Im Gegenteil: Durch die niedrigen Mietpreise sei das Haus sogar attraktiver als ein Neubau. Unter 14 oder 15 Euro pro Quadratmeter geht im Neubau nichts“, so die Einschätzung der beiden Immobilienexperten. Es sei denn, die Stadt subventioniere die Ärzte. In der Bündtenfeldstraße liege der Quadratmeterpreis dagegen unter zehn Euro.