Die ärztliche Versorgung in der Gemeinde Görwihl bleibt ein Dauerthema – jetzt erst recht, nachdem die Praxis von Gerhard Geis-Tyroller am 19. Juni und gestern auch die Apotheke dicht gemacht haben. Für beide Einrichtungen gibt es keine Nachfolger, worauf in der Gemeinderatssitzung am Montag Ursula Jeserich unter „Bürgerfragen“ hinwies. „Ist hier etwas schief gelaufen?“, wollte sie wissen, „fühlt sich jemand für dieses Problem zuständig?“

Dieser Hinweis hängt an der Tür der früheren Arztpraxis von Gerhard Geis-Tyroller.
Dieser Hinweis hängt an der Tür der früheren Arztpraxis von Gerhard Geis-Tyroller. | Bild: Peter Schütz

Jeserich weiter, an Bürgermeister Carsten Quednow und den Gemeinderat gerichtet: „Haben Sie nicht eine Fürsorgepflicht für die Bevölkerung Ihrer Gemeinde?“ Die Öffentlichkeit werde im Unklaren gelassen, „das Einzige, was man auf Fragen erhält, ist: Wir sind dran“, so Jeserich. Bürgermeister Quednow antwortete: „Es wird sich etwas tun.“

Die Gemeinde sei aber „nicht an allem schuld“, erklärte er mit Blick auf die vorgesehene, letztlich aber nicht zustande gekommene Übernahme der Praxis von Gerhard Geis-Tyroller durch einen auswärtigen Arzt (der jetzt eine Praxis in Ühlingen-Birkendorf übernimmt). Auf die Gründe, weshalb die Praxisübernahme scheiterte, ging er in der öffentlichen Sitzung nicht näher ein. Anders Alfred Laffter, Initiant des Arbeitskreises „Görwihl sucht Doc“.

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Er erklärte gestern auf Anfrage: Der an der Praxis von Geis-Tyroller interessierte Arzt habe die Gemeinde um einen einmaligen Kredit in fünfstelliger Höhe zwecks Überbrückung des ersten Betriebshalbjahrs gebeten. „Er hätte den Kredit zurückbezahlt, es wäre keine Schenkung gewesen“, stellte Laffter klar. Aber: Das Landratsamt Waldshut habe dem Ansinnen einen Riegel vorgeschoben. Begründung: Ein solches Geschäft sei Sache einer Bank, jedoch nicht einer Kommune.

Worüber Laffter sich besonders ärgerte

Vor einer Woche wurde bekannt, dass der Gemeinderat von Waldshut-Tiengen einem Arzt in Tiengen einen Mietkostenzuschuss über ein halbes Jahr gewähren will. Auf diesen Umstand ging auch Gemeinderätin Andrea Schrieder in der Sitzung am Montag ein. „Hat die Gemeinde Waldshut-Tiengen ein anderes Kommunalrecht als Görwihl?“, fragte sie. Und: „Sind wir zu doof, weil wir uns an die Gesetze halten, oder sind die Waldshut-Tiengener cleverer?“ Jedenfalls würden „solche Dinge zu Irritationen in der Bevölkerung führen“, so Schrieder.

Ähnlich Karl-Heinz May, neuer Vorsitzender der Arbeitsgruppe „Görwihl sucht Doc“, gegenüber dieser Zeitung: „Die Gemeinde Görwihl zeigte einem interessierten Arzt die Bereitschaft, ihn finanziell zu unterstützen, erhielt vom Landratsamt aber das Veto, Geld, und sei es nur in Form eines Kredites, fließen zu lassen.“ Es dürften höchstens gemeindeeigene Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. „Wenn die Gemeinde aber keine hat? Und was bleibt unterm Strich als Unterschied, wenn ich Geld ausgebe oder auf Einnahmen verzichte? Kommt doch auf dasselbe heraus.

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Und wie ist die finanzielle Auswirkung bei einer vorübergehenden Zahlung im Vergleich zu den Belastungen, wenn eine Gemeinde ein Gebäude für Ärzte erstellt? Für Görwihl ist jedenfalls klar: Der Arzt ist weg.“ Mays Fazit: „Sicher hat der Landkreis mit der Besetzung der Stellen in eigenen medizinischen Einrichtungen genug zu tun. Aber er sollte den Gemeinden freie Hand lassen und auch bisherige Grenzen flexibel handhaben.“