Ganz ohne Milliarden aus Berlin oder Stuttgart hält die Stadt Wehr ihre Infrastruktur kontinuierlich in Schuss – mag es mitunter angesichts der finanziellen Situation manchmal auch schwerfallen. Dies betrifft derzeit eines der Wahrzeichen Wehrs: den Storchensteg.

Mit Unterstützung der Stadtschreiner Stefan Kopf und Elias Oertlin erledigen der Ur-Wehrer Felix Mulflur und Daniel Gerteis vom Bad Säckinger Büro Flößer die notwendigen Ausbesserungsarbeiten. Natürlich hat Mulflur, wie er berichtet, einen Blick in die alte Bauakte geworfen. Sie begann im Jahr 1908.

Dabei fand Mulflur heraus, dass der Storchensteg seinerzeit nach dem Storchenhaus benannt wurde. Was nicht weiter verwundert. Doch eine Information ist vielen Menschen in Wehr heute nicht mehr bekannt. Auf dem Storchenhaus nistete, so erklärt Mulflur, bis in die 1920er-Jahre alljährlich ein Storchenpaar. Es gab dem Haus, der Straße und nicht zuletzt auch der Holzbrücke den Namen.

1908 wird der Storchensteg überdacht

Im Beschlussprotokoll des Wehrer Gemeinderats vom 28. Juli 1908 wurde die Vergabe der damaligen Aufträge festgehalten. Der Storchensteg war damals aber noch nicht überdacht. Die Bauleitung wurde dem im Obergeschoss des Wehrer Rathauses wohnenden Straßen- und Waldbaumeister Karl Trunkenbolz erteilt.

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Die Erd- und Betonarbeiten, die für das Lager der Brücke nötig waren, erhielt der Landwirt Josef Genter. Mit den Zimmerarbeiten wurde die Zimmerei des Arnold Büche beauftragt und das Holz schnitt der Sägemühlenbesitzer Felix Trefzger zu. Seine Säge war einst ein paar Schritte unterhalb des heutigen Staudamms am Wehra-Becken.

Die Rasselbande aus der Storchenstraße beim Gruppenfoto mit Schulranzen in den 1930ern/1940ern. Damals war der Storchensteg noch nicht ...
Die Rasselbande aus der Storchenstraße beim Gruppenfoto mit Schulranzen in den 1930ern/1940ern. Damals war der Storchensteg noch nicht überdacht. Das Foto stammt von Maria Senn, langjährige Anwohnerin der Storchenstraße. | Bild: Repro/R.Valenta

Weil auch Eisenteile für die Holzkonstruktion benötigt wurden, beauftrage der Gemeinderat mit Beschluss vom 4. August 1908 den Schlossermeister Karl Friedrich Trefzger mit deren Anfertigung – alles in Handarbeit! Natürlich wäre noch viel mehr zum Storchensteg zu sagen.

Felix Mulflur hätte eine lange Geschichte erzählen können, bis hin zur Überdachung dieses Wahrzeichens. Aber er wollte seine Arbeit nicht ungebührlich lange unterbrechen. Immerhin galt es, einen Auftrag der Stadt Wehr termingerecht zu erledigen.

Und dann gibt es ja noch die Storchenstraßen

Der Storchensteg und mit ihm die Storchenstraße sind jedoch einen eigenen Bericht wert. Die dort zu Beginn des 20. Jahrhunderts erbauten Häuser der MBB wurden nämlich von einem Wehrer Maurermeister in einer Art Bauherren-Modell erstellt und dann an das Unternehmen verkauft. Tatsächlich – so etwas gab es auch früher schon.

Ferner lebte mit Karl Seuser eine der interessantesten Persönlichkeiten Wehrs in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in der Storchenstraße. Eine Zeitlang wurde der Steg auch Zeppelinsteg benannt.

Und schließlich brach der Steg direkt nach dem Zweiten Weltkrieg infolge einer zu schweren Belastung durch einen überladenen Holzwagen ein. Das hätte fast zu einem Todesfall geführt. Davon wird später einmal zu berichten sein.

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