Nicht nur in der katholischen Kirche wird es gravierende Veränderungen geben, auch die evangelische Kirche Baden (Ekiba) strukturiert sich um. Der Prozess steht am Anfang und soll bis 2032 abgeschlossen sein. Auch in der evangelischen Kirchengemeinde im Wutachtal ist schon jetzt einiges in Bewegung. Pfarrer David Brunner sieht diesen Prozess als Chance, wieder mehr Menschen für Glauben und Kirche zu gewinnen.

Maßnahmen und Projekte

„Die Gebäude sollen reduziert werden“, sagt Pfarrer Brunner im Gespräch mit dieser Zeitung. Konkret sollen die Kirche und das Grundstück, auf dem auch das Gemeindehaus in Stühlingen steht, verkauft werden. „Dies muss allerdings nicht heißen, dass die Kirche abgerissen wird“, stellt David Brunner klar. Eine andere Nutzung durch einen Investor sei denkbar. Das Planungsbüro „4Wände“ wurde mit der Planung eines Bewegungsraums beauftragt. Auf der Internetseite des Planungsbüros heißt es, dass es „spezialisiert auf die Entwicklung und den Bau von Begegnungsräumen“ ist.

Der Neubau soll in Wutöschingen an der Stelle entstehen, an der die evangelische Kirche steht, hier finden bereits jetzt alle Gottesdienste der Kirchengemeinde statt. Die Kirche selbst wurde 1955 erbaut, nach und nach kamen Nebengebäude hinzu. Eine Machbarkeitsstudie von „4Wände“ soll ermitteln, was möglich ist. Die Finanzierung sei allerdings an den Verkauf des Grundstücks in Stühlingen gebunden. Mit welcher Summe die Landeskirche den drei bis vier Millionen teuren Neubau fördern wird, steht nicht fest.

Das Gemeindezentrum

Ziel sei es, ein „schönes Gemeindezentrum zu schaffen“, das auch Vereinen, Institutionen oder der politischen Gemeinde zur Verfügung stehen soll. „Es soll ein offenes Haus werden“, betont der Pfarrer. Im Foyer könne er sich beispielsweise ein Café, einen Bäcker oder einen Frisör vorstellen. „Wenn jemand einen Raum mieten möchte, finden wir eine Lösung. Es muss Leben in die Räume, nicht nur von der Kirche.“ Denn die Kirchengemeinde nutze diese Raume nicht konsequent. Mit diesem Weg möchte der Pfarrer Türen öffnen und „Hemmungen abbauen. Denn der Glaube spielt bei vielen Menschen eine größere Rolle als die Kirche.“

Begegnungsräume

Die Kirche verkaufe sich „unter Wert“ stellt Pfarrer David Brunner fest.

Diese Begegnungsräume müssten deshalb offen für Neues sein, ohne ihr kirchliches Profil zu verlieren. Der Geistliche steht nämlich den Leitsätzen der evangelischen Kirche durchaus kritisch gegenüber. Er hält von „niederschwelligen Angeboten“ zur Gestaltung von Taufen oder Hochzeiten wenig. Es gehe darum den Schatz der Kirche hervorzuholen und das sei Jesus.

Kooperationsräume

Im Kirchenbezirk Hochrhein werden in den kommenden Jahren sogenannte Kooperationsräume entstehen, vergleichbar mit den Seelsorgeeinheiten der katholischen Kirche. David Brunner erläutert, dass es Bestrebungen gibt, eine solche Zusammenarbeit mit Lauchringen und Tiengen zu vereinbaren. „Dann würden 20 bis 30 Prozent der Kirchenarbeit in diesen Kooperationsräumen stattfinden.“

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Wie genau diese gemeinsamen Aufgaben aussehen können, muss unter Einbeziehung von Dekan Markus Wagenbach (Kirchenbezirk Hochrhein), des Bezirkskirchenrats, der Gemeindemitglieder und der örtlichen Pfarrer beraten werden. Verwaltungsarbeit, Workshops, Erfahrungsaustausch nach Gottesdiensten könnten Inhalte solcher Kooperationen sein, sagt David Brunner, der anfügt: „Ich nehme aus der Gemeinde viel Wohlwollen und Vertrauen für unseren Weg wahr.“ Derzeit befinde sich vieles im Fluss, das Jahr 2032 markiere nur den Abschluss des derzeit laufenden Prozesses.

Chancen der Reform

„Der Reformprozess bietet große Chancen alte Strukturen aufzubrechen. So wie Kirche momentan ist, funktioniert sie nicht mehr“, stellt Pfarrer David Brunner fest. Den Wendepunkt für eine stetige Abkehr von der evangelischen Kirche sieht er in der Abschaffung des Buß- und Bettages als Feiertag im Jahr 1995. „In den 1950er Jahren waren noch 90 Prozent der Bevölkerung Mitglied einer Kirche.“ Laut Bundeszentrale für politische Bildung waren im vergangenen Jahr 52,1 Prozent Mitglied in einer der beiden Konfessionen. „Es geht darum, dass Menschen wieder zum Glauben zurückfinden.“ Eine neue Begegnungsstätte in der neue Formen der Begegnung möglich werden, könne dafür ein Weg sein. Perspektivisch könnten sich alte und junge Menschen in diesem Raum treffen und voneinander lernen.