„Der Adler ist gelandet“, hieß die Jubelnachricht von Neil Armstrong bei der Mondlandung vor 50 Jahren. In gewisser Weise gilt dieser Ausspruch nun auch für Allensbach.
Es herrscht Klarheit, aber kein Grund zur Freude
Denn knapp vier Jahre, nachdem die Gemeinde das rund 1000 Quadratmeter große Grundstück im Ortszentrum mit dem früheren Gasthaus Adler und dem kleineren Nebengebäude gekauft hat, ist nun ein Ziel erreicht: Es herrscht endlich mehr Klarheit.
Allerdings gilt dabei nicht das alte Sprichwort, was lange währt, wird endlich gut, der Allensbacher Adler hat sozusagen eine Bauchlandung hingelegt. Denn eine gründliche bauhistorische Untersuchung des Nebengebäudes, das viele im Ort aufgrund seines Äußeren als Schandfleck bezeichnen, und die darauf basierende rechtliche Bewertung der Lage kommen zu dem Schluss, dass dieses erhalten werden muss.
Die Gemeinde hat praktisch keine Chance, es abzureißen. Gutachter Burghard Lohrum sagte im Gemeinderat: „Fakt ist: Es ist ein Denkmal.“

Statt groß angelegtem Neubau: Pläne für einen Umbau sollen her
Damit hat sich bestätigt, was seit Jahren im Raum stand. Bürgermeister Stefan Friedrich meinte: „Je näher man es angeschaut hat, desto realistischer wurde das Schreckgespenst.“ Klar ist damit, dass nicht auf dem ganzen Grundstück ein Neubau möglich ist – zu den Vorschlägen gehörten zum Beispiel ein Hotel oder ein Mehrgenerationenhaus.
„Wir haben alles versucht, die Wünsche umzusetzen“, sagte Friedrich. Doch es gehe nun um andere Optionen. „Es ist der Endpunkt der alten Adler-Diskussion und der Startpunkt für eine neue Diskussion. Wir werden das Gebäude in diesem Ensemble herrichten können.“ Der Abriss des Adlers ist hingegen kein Problem. Dieser solle aber erst erfolgen, wenn ein Konzept für die künftige Nutzung des Grundstücks vorliege.
Gutachter: Bausubstanz des jahrhundertealten Gebäudes „sehr, sehr hoch“
Gutachter Lohrum erklärte zu seinen Untersuchungen, das Gebäude in seiner heutigen Form sei um das Jahr 1772 entstanden, aber wohl als Umbau, denn es gebe auch noch Bauteile aus dem 16. Jahrhundert. Doch entscheidend sei, auch wenn es nicht so aussehe: „Die Substanz ist sehr, sehr hoch einzuschätzen“, so der Fachmann. „Es ist fast keine Veränderung erfolgt.“
Es handele sich im Ursprung um eine Art Bauernhaus, wie es eigentlich auf der Reichenau typisch war, dann aber wohl auch auf dem Bodanrück gebaut worden sei. Zwischen 80 und 90 Prozent der historischen Bausubstanz seien erhalten.
Es dürften aber höchstens 50 Prozent sein, um einen Abriss zu rechtfertigen. Lohrum empfahl: „Man sollte jetzt positiv nach vorne gehen.“ Es gebe Beispiele, bei denen solch alte Häuser durch eine Sanierung sogar für eine hochwertige Nutzung geeignet seien.
Auch ein Anwalt sieht „so gut wie keine Chance für einen Abriss“
Der Rechtsanwalt Hansjörg Melchinger erklärte, das Gebäude im Reichenauer Stil sei schon deshalb besonders schützenswert, weil es auf dem Festland stehe. Weil der Zustand so gut sei, gehe es bei der Frage der Sanierung um die Wirtschaftlichkeit und Zumutbarkeit.
Für einen privaten Eigentümer könnte dies vielleicht ein Argument sein, doch: „Gemeinden sind per Gesetz generell verpflichtet, etwas für den Denkmalschutz zu tun“, betonte Melchinger. Zudem könnten eben das Gebäude und auch der Keller sogar auf gehobene Weise aufgewertet werden. „Bei den Nutzungsmöglichkeiten gibt es genügend Erträge.“ Er sehe daher so gut wie keine Chance für einen Abriss.
Reaktionen und Stimmungen aus dem Gemeinderat
Gemeinderat Tobias Volz (SPD) sagte, es sei immer klar gewesen, dass ein Gutachten zu diesem Schluss kommen könnte. Er sehe das nicht so schwierig. „Kultur und Denkmalpflege lohnen sich immer.“
Pius Wehrle (Freie Wähler) meinte, jetzt wisse man wenigstens Bescheid, was man machen könne, und aus dem Gebäude könnte ein Schmuckstück werden. Ludwig Egenhofer (CDU) folgerte aus den Ausführungen der Experten mit ironischem Unterton: „Man kann die Gemeinde nur beglückwünschen, dass sie ein weiteres Denkmal hat.“ Doch er erinnerte auch daran, dass es immer das Ziel der Gemeinde gewesen sei, das Grundstück und eventuell die Gebäude irgendwann wieder zu verkaufen.
Doris Hellmuth (Bunte Liste) störte sich daran, dass bei der Neuplanung für das Adler-Areal das alte Bahnwärterhäuschen in der Brunnengasse einbezogen werden soll. Daraus könnte zum Beispiel ein Bürgertreff werden. Der Bürgermeister erklärte, es gehe nun zunächst um Vorschläge für eine neue Nutzung. Und dabei könnte dieses benachbarte Grundstück als Option benötigt werden.