Das Wasser des Mühlbachs plätschert nur noch sachte um die Knöchel von Marco Haupt. Er steht mit einer wasserdichten Hose und den damit verbundenen Gummistiefeln unterhalb der B33. Das Wasser des kleinen Mühlbachs wird oberhalb der Bundesstraße aufgestaut, sodass das Bachbett fast leer ist.
In der Hand hält Marco Haupt einen Kescher und sagt: „Ich glaube nicht, dass da noch ein Fisch kommt.“ Der Mann, der an diesem Tag die Wathose trägt, arbeitet für das Gutachterbüro Go-Bio – einem Institut für Gewässerbiologie und angewandte Biologie. Sie beraten das Regierungspräsidium (RP) Freiburg in Sachen Naturschutz.
In diesem Fall geht es um die Fische Elritze und Döbel (hierzulande Alet genannt) sowie um die bedrohte und streng geschützte Bachmuschel. Ihre Heimat ist im Mühlbach, der aber wegen des geplanten Röhrenbergtunnels und der aktuellen Baustelle umgeleitet werden muss.

Bach muss tiefergelegt werden
„Die neue B33-Trasse und der Tunnel liegen tiefer als die alte B33, deshalb muss der Bach auch tiefergelegt werden. Diesen Höhenunterschied müssen wir ausgleichen“, erklärt Jörg Bauer, stellvertretender B33-Projektleiter vom RP. Geplant ist, dass der Mühlbach unterhalb des Tunnels durchfließen wird. Hierfür wurde extra ein Kanal gebaut – sozusagen ein Tunnel für die Fische und Muscheln.
Aber das stellte die Projektverantwortlichen vor Herausforderungen. Das Gefälle des Baches ist dann automatisch steiler, die Fließgeschwindigkeit für den Bach nimmt zu. Keine guten Voraussetzungen für die Fische und die Bachmuschel.

Michael Pfeiffer, Gewässerbiologie bei Go-Bio, kämpft vor allem für die bedrohte Muschel. „Ich sage immer: Bachmuscheln sind die Rehe der Bäche. Es sollte sie überall geben“, sagt er. Denn die etwa fünf Zentimeter große Muschel, die bis zu 50 Jahre alt werden kann, filtert und reinigt das Wasser. „Wo die Bachmuschel heimisch ist, ist das Gewässer intakt“, sagt er.
Bei mehreren Abfischungen und Sammelaktionen des Gutachterbüros Go-Bio haben die Mitarbeiter tausende Fische und hunderte Muscheln eingesammelt und wieder oberhalb von Allensbach ausgesetzt.

Mühlbach wird parallel zu B33 fließen
Damit die Fische aber nicht wie auf einer Autobahn im Mühlbach vom Gewerbegebiet bis an den Bodensee rasen, muss es Entschleunigungszonen geben. Aus diesem Grund wurde das Bachbett, welches möglichst natürlich anmuten soll, mit Ruheblöcken und einer Fischtreppe ausgestattet.
Die Ruheblöcke im Flussbett – dabei handelt es sich um riesige Betonquader – verlangsamen das Wasser. Die Fischtreppe ermöglicht, dass die Fische flussaufwärts schwimmen können, damit sich ihr Lebensraum nicht verschiebt.

Ab Mitte November soll der Bach nun endgültig in sein neues Bett einziehen können. Dann fließt das Wasser zunächst unter der Umleitungsstrecke hindurch, macht dann eine Linkskurve, fließt ein paar Meter parallel zu Straße, um dann rechts in einen Kanal gelegt zu werden, der unter dem Tunnel hindurchführen wird. Die Tiere können sich dann unter dem Röhrenbergtunnel wie ein Fisch (oder eine Muschel) im Wasser fühlen.