Kurze Beine, kurze Wege – das ist ein bekanntes Motto unter Pädagogen. Doch kleine Grundschulen haben es zunehmend schwer, ihre Infrastruktur aufrechtzuerhalten. So ist auch die Schule in Hegne mit derzeit 56 Kindern in vier Klassen immer wieder in der Diskussion.

„Schon als ich diese Schule besucht habe, ging es um eine mögliche Schließung“, erinnert sich die zweifache Mutter Julia Sutter, 40 Jahre. Sie wünscht sich, dass die Schule erhalten bleibt. „Sie ist klein und intim, diese tolle Lernatmosphäre würden wir gern im Ort halten.“ Doch es gibt auch Argumente dafür, alle Kinder aus den Teilorten und der Kerngemeinde an einem Schulstandort zu bündeln.

„Die Hegner Schule ist klein und intim, diese tolle Lernatmosphäre würden wir gern im Ort halten“, sagt die zweifache Mutter Julia Sutter.
„Die Hegner Schule ist klein und intim, diese tolle Lernatmosphäre würden wir gern im Ort halten“, sagt die zweifache Mutter Julia Sutter. | Bild: Hanser, Oliver

Eines davon ist der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschüler ab dem Schuljahr 2026/27. Die Hegner Schule ist zu klein, um dies anbieten zu können. Schon jetzt werden Kinder, die nachmittags betreut werden müssen, nach Allensbach gefahren.

So wurde die Schulschließung ab Herbst 2023 erneut diskutiert. „Wir haben alle Akteure einbezogen, von den beiden Kollegien über Elternvertreter, Schulamt, Ortschaftsräte bis zu Kinderhausleitungen“, betont der Allensbacher Bürgermeister Stefan Friedrich im Gespräch mit dem SÜDKURIER.

Danach sah er sich und die Gemeinderäte gewappnet für eine Entscheidung, die unumkehrbar ist. Doch leicht tun sich die gewählten Vertreter damit nicht. Im Februar 2025 vertagte das Gremium diesen Punkt, nun kommt er am Dienstag, 25. März, 18 Uhr, im Pfarrheim erneut auf die Tagesordnung.

Die Grundschule Hegne könnte in ein Kinderhaus verwandelt werden. Dabei entstünden Gruppenräume und Fachbereiche für die Kleinen sowie ...
Die Grundschule Hegne könnte in ein Kinderhaus verwandelt werden. Dabei entstünden Gruppenräume und Fachbereiche für die Kleinen sowie eine Küche mit Mensa. | Bild: Hanser, Oliver

Die Verwaltung schlägt vor, die beiden Schulen am Standort Allensbach zusammenzulegen und die Hegner Schule zu einem Kinderhaus umzubauen. Stefan Friedrich hält diesen Weg für sinnvoll: „Wir haben in den vergangenen Jahren elf Millionen Euro in die ein- bis sechsjährigen Kinder investiert, nun hat jeder einen Kindergartenplatz. Ich würde gern bis 2029 auch eine vorbildliche Bildungs- und Betreuungslandschaft für Sechs- bis Zehnjährige schaffen.“

Drei Varianten zur Abstimmung

Zunächst gibt es die Idee, die Grundschule Allensbach auf der Mensa und dem Anbau aufzustocken. Dies würde laut Vorlage – grob geschätzt – 5,9 Millionen Euro kosten, plus rund 700.000 Euro für den Umbau der Grundschule Hegne zum Kinderhaus. Werden noch mögliche Kostensteigerungen eingerechnet, dafür Zuschüsse wieder abgezogen, beliefen sich die Kosten für die Gemeinde auf geschätzte 4,975 Millionen Euro.

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Die zweite Idee ist es, auf dem Gelände der Grundschule Allensbach einen Neubau zu errichten. Alle weiteren Posten inklusive Zuschüsse einbezogen, käme diese Variante auf geschätzte 5,575 Millionen Euro. Auch die Folgekosten schlüsselt das Hauptamt auf. Für Abschreibungen, Kredite, Personal und Instandhaltung der beiden Gebäude beliefe sich die Summe bei einer Aufstockung auf 392.500 Euro im Jahr, bei einem Neubau im Hof auf 443.500 Euro jährlich (jeweils inklusive Umbau Schule Hegne).

Bliebe die Grundschule Hegne bestehen, hätte dies Kosten in Höhe von jährlich 311.000 Euro zur Folge, unter anderem für die Anmietung von Kindergartencontainern und Busfahrten in die Sporthalle Kaltbrunn. „Das ist zwar die günstigste Lösung, aber wir bekommen keine weiteren Klassenzimmer, keine bessere Lösung für Musikschule, Musikverein und Fanfarenzug, keinen weiteren Platz für die Schulkindbetreuung und für Kindergartenkinder“, sagt Friedrich.

Für den Transport von der Grundschule Hegne zur Sporthalle Kaltbrunn fallen laut Sitzungsvorlage jährlich rund 20.000 Euro an.
Für den Transport von der Grundschule Hegne zur Sporthalle Kaltbrunn fallen laut Sitzungsvorlage jährlich rund 20.000 Euro an. | Bild: Zoch, Thomas

Mit einer Zusammenlegung der Standorte werde dagegen sichergestellt, dass jedes Kind die gleichen Chancen erhält. „Bislang macht es einen Unterschied, ob ein Kind im Teilort wohnt oder in Allensbach.“ Das bezieht der Bürgermeister bewusst nicht auf die Pädagogik.

„An der Grundschule Hegne läuft alles bestens. Aber am Nachmittag zeigt sich, dass drei Viertel der Allensbacher Kinder in die Betreuung geht, während das Angebot von Hegner Kindern fast nicht genutzt wird. Der Transport zur Allensbacher Betreuung, wo die Kinder nicht heimisch sind, stellt eine Hürde dar.“

Hegner Lehrer wollen ihre Schule behalten

Chancengleichheit wünschen sich auch die Lehrer – allerdings sieht das Hegner Kollegium diese gerade im Erhalt der kleinen Grundschule gegeben. In einer Stellungnahme äußern die Lehrkräfte die Befürchtung, dass ein Zusammenschluss Risiken wie mehr Anonymität, größere Klassen, höhere Lärmbelastung und weniger Zeit für Schulentwicklung mit sich bringt. „In ein Dorf gehören Kirche, Wirtshaus und eine Schule!“, schreibt das Kollegium.

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Auch der örtliche Elternbeirat wünscht sich „dringend den Erhalt der Schule“. Dass es aber auch in den Teilorten unterschiedliche Positionen gibt, zeigte sich in dieser Woche bei den Abstimmungen der drei Ortschaftsräte. Während vier Kaltbrunner Räte für die Schulschließung stimmten und zwei dagegen, stellte sich das Meinungsbild in Langenrain-Freudental umgekehrt dar: Vier Stimmen gegen die Sitzungsvorlage, nur eine dafür. Der Ortschaftsrat Hegne ist unentschlossen: je drei Stimmen dafür und drei dagegen, zwei Enthaltungen.

Die Grundschule Hegne besteht seit 1909 und war wegen ihrer geringen Größe immer wieder in der Diskussion.
Die Grundschule Hegne besteht seit 1909 und war wegen ihrer geringen Größe immer wieder in der Diskussion. | Bild: Hanser, Oliver

Eine, die kein Votum abgab, ist die Hegner Ortsvorsteherin Katharina Malkmus (CDU). Für sie sei es schwierig, sich zu positionieren: „Zum einen sehe ich mich als Vertreterin von Hegne und höre dort oft den Wunsch, dass die Schule erhalten wird. Zum anderen bin ich auch Gemeinderätin in Allensbach und sehe es als Vorteil, wenn die dortige Grundschule erweitert wird.“

Am Dienstag werde sie aber Farbe bekennen, sagt Katharina Malkmus. In welche Richtung, weiß sie noch nicht. „Dazu werde ich am Wochenende einige Gespräche mit Eltern führen“, sagt sie und wundert sich: „Viele beschweren sich, dass sie nicht ausreichend einbezogen wurden, aber es kam noch niemand mit dem Wunsch nach einem Austausch zu mir.“

„Viele Eltern beschweren sich, dass sie nicht ausreichend einbezogen wurden, aber es kam noch niemand mit dem Wunsch nach einem ...
„Viele Eltern beschweren sich, dass sie nicht ausreichend einbezogen wurden, aber es kam noch niemand mit dem Wunsch nach einem Austausch zu mir“, sagt die Hegner Ortsvorstehrin Katharina Malkmus. | Bild: Constanze Egenhofer

Dass er sich mit dem Vorschlag einer Schulschließung nicht beliebt macht, ist Stefan Friedrich bewusst. „Ich frage mich manchmal selbst, warum ich das tue“, sagt er, lacht kurz und beantwortet die Frage dann so: „Nur jetzt, wo noch Kitaplätze gebraucht werden, weil Kinder in Containern und im Untergeschoss der Grundschule Allensbach untergebracht sind, können wir den Hegnern zusagen, dass wir diese Plätze in ihrem Ort schaffen.“

„Hauptsache, wir haben bald eine Entscheidung, das ist die halbe Miete. Die ganze Miete haben wir, wenn das Dorf hinterher nicht ...
„Hauptsache, wir haben bald eine Entscheidung, das ist die halbe Miete. Die ganze Miete haben wir, wenn das Dorf hinterher nicht gespalten ist“, sagt der Allensbacher Bürgermeister Stefan Friedrich. | Bild: Zoch, Thomas

Wichtig sei es nun, die Weichen für kommende Generationen zu stellen. „Ob Schulschließung oder nicht, Hauptsache, wir haben eine Entscheidung“, so Friedrich. „Das ist die halbe Miete. Die ganze Miete haben wir, wenn das Dorf hinterher nicht gespalten ist.“