Die Entscheidung ist gefallen, aber hinter dem Beschluss zum Abriss und Neubau der Wohnblöcke 12 bis 18 in der Kaltbrunner Straße in Allensbach verbirgt sich trotz der Einstimmigkeit im Gemeinderat reichlich Konfliktstoff. Monate zuvor waren in nicht öffentlicher Runde die Pläne für eine Bebauung diskutiert worden, wodurch sich der Bereich in ein Quartier nach städtischem Vorbild hätte entwickeln können.

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Christopher Riegert als Eigner der abrissreifen Wohnblöcke hätte dafür 20 Millionen Euro investiert. Doch diese Pläne wurden mehrheitlich abgelehnt. Der 32-Jährige fühlt sich durch den Gemeinderat vor den Kopf gestoßen und ist stinksauer. Er gehört zu den Erben von Grundstücken und Immobilien auf der östlichen Seite der Kaltbrunner Straße, wozu ursprünglich auch der ehemalige Komplex des Technologiezentrums (TZ) gehörte.

Christopher Riegert, Eigentümer der Wohnblöcke 12 bis 18 in der Kaltbrunner Straße in Allensbach: „Was ich ganz bestimmt nicht ...
Christopher Riegert, Eigentümer der Wohnblöcke 12 bis 18 in der Kaltbrunner Straße in Allensbach: „Was ich ganz bestimmt nicht brauche, sind Kopfschmerzen ohne Ende.“ | Bild: Hanser, Oliver

Dieser wurde an die Gemeinde verkauft, die hier jetzt ihrerseits zusammen mit der Sparkasse für eine verdichtete Bebauung sorgt. Dadurch entstehen Wohnungen, es gibt Platz für Gewerbebetriebe und außerdem wird hier künftig der Polizeiposten untergebracht.

Vorgeschichte und Hintergründe

Christopher Riegert findet gut, was da auf dem Nachbargrundstück passiert. „Im Prinzip haben mein Architekt und ich nichts anderes gemacht als eine Kopie, so dass in der Verlängerung ein Wohnviertel mit entsprechender Infrastruktur entstanden wäre“, sagt er.

Der Ist-Zustand: Die Gebäude 12 bis 18 an der Kaltbrunner Straße in Allensbach werden abgerissen. Die Neubebauung orientiert sich an den ...
Der Ist-Zustand: Die Gebäude 12 bis 18 an der Kaltbrunner Straße in Allensbach werden abgerissen. Die Neubebauung orientiert sich an den Vorgaben des Bebauungsplanes aus dem Jahr 1993. Davor galt das Gebiet als „nicht überplanter Innenbereich“. | Bild: Hanser, Oliver

Geplant waren rund 75 Wohnungen sowie eine soziale und gewerbliche Infrastruktur wie etwa einer Kinderarztpraxis, einem Friseur und einem öffentlichen Platz als Begegnungsstätte. Zusammen mit der Bebauung auf dem ehemaligen TZ-Gelände wären der Bau von rund 100 Wohnungen für etwa 300 Menschen und damit die Voraussetzungen für eine Quartiersentwicklung möglich gewesen.

Doch daraus wurde nichts, was nach Angaben von Gemeinderäten und Bürgermeister Stefan Friedrich vor allem am aus dem Jahr 1993 stammenden Bebauungsplan liegt. Um das Projekt mit diesem Plan in Übereinstimmung zu bringen, hätte vom Investor eine Bebauungsplanänderung beantragt werden müssen. Dieses Verfahren hätte vermutlich einen Zeitaufwand von zwei bis drei Jahren in Anspruch genommen – mit ungewissem Ausgang.

Eine demolierte Eingangstür als Beispiel für den Zustand der Gebäude in der Kaltbrunner Straße 12 bis 18.
Eine demolierte Eingangstür als Beispiel für den Zustand der Gebäude in der Kaltbrunner Straße 12 bis 18. | Bild: Hanser, Oliver

Doch nicht allein deswegen nahm Christopher Riegert von den Plänen Abstand. Als er sie im Herbst vergangenen Jahres in nicht öffentlicher Sitzung präsentierte, verspürte er bei der Mehrheit der Gemeinderäte eine ablehnende Haltung. „Mir wurde signalisiert, dass da nur ein Erbe kommt, der sich bereichern will“, so seine Wahrnehmung.

Das aber sei falsch: Als Enkel des Unternehmer-Ehepaars, dessen Kunstblumenfabrik auf dem späteren TZ-Gelände 1993 geschlossen wurde, sei er sich seiner Allensbacher Wurzeln bewusst. Er wolle deshalb prinzipiell Anteil an der Entwicklung der Gemeinde nehmen und das Gelände sowie den Mietwohnungsbau für den Familienbesitz erhalten.

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„Was ich aber ganz bestimmt nicht brauche, sind Kopfschmerzen ohne Ende“, fasst der 32-Jährige seinen Ausflug in den Alltag der Wohnbaupolitik zusammen. Noch Monate nach der Präsentation seiner Pläne schwillt ihm angesichts von Äußerungen einzelner Gemeinderäte der Kamm. So sei die Sanierbarkeit der bestehenden Wohnblöcke behauptet worden und dass „manch einem Gemeinderat das Herz blute, wenn er an den Abriss der ehemaligen Betriebswohnungen der benachbarten Fabrik denke“.

Verschimmelte Innenräume, marode Bausubstanz: Ein Blick in eine der bereits leer stehenden Wohnungen.
Verschimmelte Innenräume, marode Bausubstanz: Ein Blick in eine der bereits leer stehenden Wohnungen. | Bild: Hanser, Oliver

Das aber sei Unsinn, sagt Christopher Riegert, der sich dabei auf das Urteil seines Architekten beruft. Dieser habe ihm wegen des maroden Zustands unter anderem mit verschimmelten Räumen und der wackligen Statik der Gebäude dringend von einer Sanierung abgeraten.

Das Ergebnis: Christopher Riegert beförderte die ursprünglichen Pläne in die Tonne und legte einen Bauantrag auf der Basis des bestehenden Bebauungsplanes vor. Bei der Neubebauung orientiert er sich dabei an den bestehenden Baufenstern der jetzigen Wohnblöcke, die nur marginale und unkomplizierte Ausnahmen erfordern. Aus einer in seinem Sinne an der Nachbarbebauung orientierten Quartiersentwicklung wird also nichts. „Jetzt wird‘s eben ein reines Häuslebauen“, sagt der Eigentümer, „und statt 75 entstehen nur 50 Wohnungen.“