Friedrich W. Strub und Georg Becker

Der Wille der beteiligten Gemeinden und auch des Gräflichen Hauses Bodman ist ungebrochen, langfristig an einer Öffnung der Marienschlucht festzuhalten. Dies haben die Gemeinderäte von Allensbach und Bodman-Ludwigshafen in einer gemeinsamen Sitzung im Seeum in Bodman beschlossen. Weil aber aus der Sicht des Geologischen Landesamts eine Öffnung der Marienschlucht wegen der Hangrutschgefahr derzeit ausgeschlossen wird, wurden in der Sitzung Vorschläge gemacht, wenigstens den Uferweg und damit den Premiumwanderweg Seegang zugänglich zu machen. Der Wanderweg von Überlingen nach Konstanz ist nach der Sperrung der Marienschlucht provisorisch verlegt worden.

Über Alternativen referierte in der Sitzung Anna Wildoer von der Tourist-Information Bodman-Ludwigshafen. Durch die Sperrung der Schlucht und des Seeuferweges musste eine Umleitung ausgeschildert werden. Diese verläuft ab der Ruine Kargegg über den Golfplatz, vorbei an St. Katharina und dem Burghof nach Wallhausen. Diese Umleitung galt als kurzfristig adäquate Lösung, langfristig könne sie aber nicht für den Seegang genutzt werden, betonte Wildoer. Der Weg durch die Abschläge und Greens des Golfplatzes sei für Wanderer gefährlich, und außerdem entspreche er nicht den Ansprüchen an einen Premium-Wanderweg. Vor allem das Glanzlicht des Premiumwanderwegs, die Marienschlucht, wie auch der naturnahe Seeuferweg nach Wallhausen fehle dem Seegang. Bis zur Nachzertifizierung durch das Wanderinstitut Ende 2017 müssten deshalb Wander-Alternativen gefunden werden.

Experten, Bürgermeister, Ortsvorsteher und die Gemeinderäte aus Bodman-Ludwigshafen und Allensbach bei der gemeinsamen Sitzung im Seeum ...

Experten, Bürgermeister, Ortsvorsteher und die Gemeinderäte aus Bodman-Ludwigshafen und Allensbach bei der gemeinsamen Sitzung im Seeum in Bodman. Bild: Friedrich W. Strub

Der Premium-Wanderweg soll weiterhin über die Gemarkungen Bodman und Allensbach führen, entschieden die Gemeinderäte. Für den Uferweg von Bodman zur Steganlage werden insgesamt sieben besondere Gefahrenpunkte ausgewiesen. Hier hat die Gemeinde Bodman-Ludwigshafen umfangreiche Arbeiten in Auftrag gegeben. An den Steillagen wurden große Mengen an Holz gefällt. Bodman-Ludwigshafen werde das Möglichste tun, diese Strecke zeitnah wieder begehbar zu machen, versprach Bürgermeister Matthias Weckbach. Für den Uferweg von der Marienschlucht bis Wallhausen, der aktuell gesperrt ist, werden 15 besondere Gefahrenpunkte ausgewiesen. Es besteht in Teilbereichen akute Lebensgefahr. Das Hochwasser hat ganze Wegstücke unterspült. Mit einer Öffnung dieses Weges ist in absehbarer Zeit nicht zu rechnen.

Der Blissenweg hat im Zusammenhang mit dem Uferweg ab Bodman und mit dem möglichen Anschluss an den Premium-Wanderweg eine enorme regionale und überregionale Bedeutung und stellt den letzten verbleibenden Zugang ab Langenrain zum Ufer am Überlinger See dar. Aktuell ist er nicht gesperrt und wird von der Gemeinde Bodman-Ludwigshafen ausgeschildert. Der Abstieg ab Langenrain jedoch nicht. In einem Gutachten wird auf Gefahrenpunkte hingewiesen und auch technische Sicherungsmaßnahmen empfohlen. Die Umsetzung einer Wegesicherung wird für technisch machbar gehalten. Eine Detailplanung soll in Auftrag gegeben werden, des Weiteren beschlossen die Gemeinderäte Wegesicherung, Unterhalt und komplette Beschilderung.

Aus den Reihen der Allensbacher machten sich der Langensteiner Ortsvorsteher Lothar Bottlang und Gemeinderat Ludwig Egenhofer für eine direkte Wegverbindung von Allensbach an den Uferweg stark. Es müsse dafür gesorgt werden, dass der Blissenweg schnell freigegeben wird, meinten sie.
 

Einschätzungen aus der gemeinsamen Sitzung der Gemeinderäte Allensbach und Bodman-Ludwigshafen zur Sperrung der Marienschlucht und des Uferwegs¦

  • Tapetenrutschungen: Die Hangrutschgefahr in der Marienschlucht unterscheidet sich von Schneelawinen. Dort wird die Gefahr in Warnstufen angegeben. In der Marienschlucht handelt es sich nach Aussagen des Geologen Clemens Ruch um Tapetenrutschungen, die unter Niederschlagsbedingungen auftreten. Der Molassefels verwittert an der Oberfläche, das Wasser löst den zersetzten Fels vom festen Sandstein, die Tapeten gehen ab. Eine Sperrung bei oder nach Regen brächte keinen zuverlässigen Erfolg. "Den Zeitpunkt einer möglichen Rutschung kann man nicht verantwortbar definieren." Weil man nicht wisse, wo und wie stark das Wasser auf den Fels einwirkt. Deshalb lehnt der Referatsleiter des Geologischen Landesamts wetterabhängiges Schluchtmanagement ab.
  • Radfahrer und Fußgänger: Der Allensbacher Ortsbaumeister Harald Seidler hatte eindrucksvolle Fotos ins Seeum nach Bodman mitgebracht. Sie zeigen, wie wenig Schilder und die zum Teil massiven Absperrungen in die Schlucht hinunter und auf dem Seeuferweg den Fußgängern und Radfahrern imponieren.
    Oft werden sie einzig von den gefällten Bäumen aufgehalten.
  • Vollkasko und Stahlnetz: Der Allensbacher Gemeinderat Ludwig Egenhofer kam bei der Versammlung im Seeum richtig in Fahrt. Die vorgelegten Stellungnahmen beäugte er kritisch: "Vollkasko gibt es nicht in dieser Welt. Wenn wir jedes Risiko ausschließen wollten, müssten viele Wanderwege und Schluchten dicht gemacht werden." Egenhofer verlangt für die Marienschlucht notfalls einen erhöhten technischen Aufwand: "Was in Sipplingen geht, muss auch in der Marienschlucht gehen." Das sah seine Kollegin Doris Hellmuth etwas anders: "Gitternetze statt naturbelassene Felsen – ob wir damit unseren Gästen etwas anbieten? Das gibt für mich so keine Lösung."