Eigentlich wollte sich der Gewerbeverein Bodman-Ludwigshafen im vergangenen Jahr sammeln, turnusmäßige Neuausrichtungen und Schwerpunkte finden und sich von der Jubiläumsfeier sowie der Corona-Pandemie erholen. Es gab keinen Unternehmerempfang, der normalerweise die wichtigste Institution für das Netzwerken untereinander und die Schnittstelle zur Gemeinde ist.
Doch alles kam anders. In der Folge des Ukraine-Krieges brachen Lieferketten ab, viele Betriebe waren am Anschlag. Der Gewerbeverein setzte sich mit den Themen Energie und Energieversorgung auseinander und bot dazu eine Vortragsreihe an.
Auch Bürgermeisterwechsel war ein Thema
Hinzu kam die Nachricht, dass Matthias Weckbach ab Juli dieses Jahres nicht mehr der Bürgermeister sein werde – inzwischen war der Amtsantritt von Nachfolger Christoph Stolz. Maximilian Weber erzählt als Vorsitzender des Gewerbevereins, man habe sich vor der Wahl mit den Bürgermeister-Kandidaten verabredet und ihnen „auf den Zahn gefühlt“.
Für die Vereinsvorstände sei interessant gewesen, dass die Kandidaten inhaltlich nicht weit auseinander lagen. „Wir haben rausgehört, dass es beiden – Alessandro Ribaudo und Christoph Stolz – ein riesiges Anliegen war, die lokalen Gewerbetreibenden zu unterstützen, einen Dialog zu führen und die Zusammenarbeit bei politischen Themen im gegenseitigen Interesse auf ein routine-artiges Level zu bringen“, sagt er.
Digitalisierung und Nachhaltigkeit
Weber lobt, die Gemeinde sei inzwischen viel digitaler geworden. Über die Gemeinde-Webseite könne man viele Online-Funktionen nutzen, es sei auch ein regelrechtes Gewerbeportal entstanden. „Von Beginn an war es unsere Intention, Synergien zu schaffen – für die Gewerbetreibenden aus dem Verein und aus der Gemeinde.“
Der Vereinsvorsitzende betont, er habe mit Erleichterung registriert, dass auch dem neuen Bürgermeister Nachhaltigkeit sehr am Herzen liege. Der Gewerbeverein wolle die Initiative der Gemeinde unterstützen, die die Richtung aufgreife, in die sich das Gewerbe in den vergangenen vier Jahren orientiert habe.
CO2 sparen ist für den Verein ein Thema
In der Vergangenheit habe man schon über Energy Sharing, also das gemeinsame Nutzen von gemeinschaftlich erzeugtem Strom, gesprochen. Weber sagt: „Ich bin froh, dass wir in dieser Hinsicht anknüpfen können an die Zeit vor dem Ukraine-Krieg. Dass wir etwas Schwung mitnehmen, um zusammen mit einer neuen Kommunalverwaltung und den Gremien bei ganz brisanten Punkten, aber auch bei lang- und mittelfristigen Themen, einen Beitrag zu leisten.“ Das ist ihm wichtig, denn er stellt fest: „Wir leben hier in Bodman-Ludwigshafen sehr exponiert. Wir haben es mit den größten CO2-Verursachern zu tun: Tourismus und Bauen sind die dominierenden Themen am See-Ende.“
Maximilian Weber fragt daher ganz offensiv: „Wenn nicht wir kleinen Gewerbetreibenden, wer soll es dann richten? Wir müssen Anreize schaffen, CO2-negativ zu sein.“ Dies sei auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Weber führt aus: „Energie, die wir nicht verbrauchen, ist die beste Energie. Es macht immer Sinn, Verschwendung zu vermeiden. Wir haben sicher viel Potenzial über Heizungssysteme, aber wir müssen auch mit Abstand auf unsere eigene Produktion blicken. Es ist sinnvoll und hilfreich, dabei mit einem Input von außen zu arbeiten.“
Der Gewerbeverein Bodman-Ludwigshafen hat seine Fühler zu benachbarten Gewerbevereinen in Steißlingen und Orsingen ausgestreckt. Weber erläutert, man sei ja grundsätzlich in der regionalen Wirtschaftskooperation organisiert. Der Schwerpunkt liege zunächst auf Veranstaltungen. Hier könne man gemeinsam attraktivere Themen, renommiertere Redner und Projekte über die Ortsgrenzen hinaus für ein wesentlich größeres Publikum anbieten.
Finden von Arbeitskräfte ist großes Thema
Weber spricht auch über Kritik von Mitgliedsbetrieben. Er sei grundsätzlich für jede Anregung und jeden Beitrag dankbar. Zusätzlich weise er aber auch darauf hin, dass jeder ortsansässige Betrieb sich in den Verein einbringen könne. Mit 90 Euro im Jahr, unabhängig von der Größe eines Unternehmens, seien die Mitgliedsgebühren überschaubar, findet er.
Ein Thema, das vielen Mitgliedsbetrieben unter den Nägeln brennt, sind die Arbeitskräfte. „Das bedrückt unsere Betriebe mehr, als wir im Vorstandsteam vermutet hatten“, so Weber. „Es betrifft längst nicht mehr nur das Handwerk, das keine Auszubildenden findet. Man tut sich generell schwer, Arbeitskräfte zu werben.“ Die Situation habe sich komplett gedreht. Heute müssten sich Betriebe bei potenziellen Angestellten bewerben und nicht umgekehrt, führt Weber aus.
Mietpreise sind auch ein Haken
Zu den allgemeinen Problemen komme vor Ort eine besondere Situation. Die Mietpreise seien sehr hoch und es sei nahezu unmöglich, einen neuen Mitarbeiter in der Gemeinde unterzubringen. Eine Folge davon sei, dass potenzielle Mitarbeiter in die nahe Schweiz abwandern, so Weber. „Aber wir Gewerbetreibenden hier sitzen fest im Sattel, auf diese Steuereinnahmen ist Verlass.“
Daher freue man sich im Gewerbeverein auf die Zusammenarbeit mit Christoph Stolz. „Wir können an vielen Stellen für Entlastung sorgen und in gewissen Fragen zuarbeiten“, betont Maximilian Weber. Er wurde übrigens für weitere vier Jahre als Vorsitzender bestätigt, während Johannes von Bodman Beirat für Überregionales bleibt.