Die Emotionen kochten in der Gemeinderatssitzung am Dienstag hoch: Mehrere Einwohner von Bodman-Ludwigshafen übten Kritik an den Bodenrichtwerten und deren Auswirkungen. Die Bürger machten ihre Angst deutlich.
Ausführliche Erklärungen der Verwaltung und des Gutachterausschusses brachten zwar Licht bei den Fakten, aber es zeigt sich auch ein großer Haken an den neuen gesetzlichen Regelungen: Wer ein großes unbebautes Grundstück oder zum Beispiel ein Grundstück mit Scheune hat, zahlt ab 2025 sehr viel mehr. Bürgermeister Matthias Weckbach war sich drohender Härten bewusst.
„Ich habe Angst vor einem Sylt 2.0“
Erika Zahn aus Bodman sagte, sie verstehe nun, dass die neuen Werte fix seien, aber mache sich große Sorgen, was bei einer Berechnung in der Zukunft geschehe, wenn ein Spekulant in ihrer Zone etwas verkaufe und dadurch den Bodenrichtwert in die Höhe treibe.
„Ich weiß nicht, was auf mich zukommt. Ich habe Angst vor einem Sylt 2.0“, sagte sie. Sie habe also Angst, dass bald keine Einheimischen mehr im Ort wohnen. Erika Zahn äußerte den Wunsch nach einer Stabilisierung vor der Verselbstständigung der Werte und einer gefährlichen Entwicklung.
Kein Vergleich mit den Nachbarn möglich
Stefan Burger, Leiter Bauen und Ordnung, erläuterte auf zwei Nachfragen erneut die Hintergründe sowie Vorteile des eigenen Ausschusses, in dem ortskundige Mitglieder sitzen. Burger wies auf die unterschiedlichen Märkte hin. Nur innerhalb einer Zone könnten Durchschnittswerte ermittelt werden. Bodman sei zum Beispiel nicht mit Eigeltingen vergleichbar. „Wir wären gerne in Kooperation mit Sipplingen und Überlingen gegangen, aber im letzten Moment kam die Verordnung, dass es nur innerhalb eines Landkreises geht“, so Burger.

Der Gutachterausschuss der Gemeinde werte die hiesigen Verkaufsfälle aus, aber kappe die extremen Ausreißer, wie Stefan Burger weiter erklärte. Er führte Beispiele für verschiedene Fälle an: Vor ein paar Jahren sei ein Haus in bester Lage abgerissen worden, dann sei ein zweiter Fall dieser Art gekommen. „Wenn das mehrfach passiert, ist es kein Ausreißer, sondern ein Markt.“ Und wenn jemand bereit sei, einen bestimmten Quadratmeterpreis wie zum Beispiel 2000 Euro zu zahlen, sei dies ebenfalls der Markt. Man habe allerdings ein paar Falschbewertungen erkannt und korrigiert.
Durchschnittswerte in den Zonen zählen
Einwohner Rolf Wagner aus Ludwigshafen hatte ebenfalls Kritik und stellte einige Fragen zum Gutachterausschuss und dessen Arbeit. Auf sein mehrfaches Nachbohren nach dem Idealgrundstück, an dem eine Zone bewertet werde, sagten Weckbach und Burger, das gebe es nicht real, sondern nur durch den rechnerischen Durchschnitt. Burger riet Wagner und allen anderen, Widerspruch gegen den jetzigen Bescheid beim Finanzamt einzureichen und die Begründung nachzureichen, sobald der Marktbericht vorliege, der bisher tatsächlich noch fehle.
Auf weitere Kritik betonte die Verwaltung, im Bodenrichtwertinformations-System (Boris) im Internet sei von Gemeindeseite aus seit Februar keine Änderung angestoßen worden. Die Werte dort seien unverändert.
„Wir haben das Gesetz nicht gemacht“
Weckbach sprach schließlich ein Machtwort und beendete die Einwohnerfrageviertelstunde, die bereits das Mehrfache der eigentlichen Zeit eingenommen hatte. Die Verwaltung sagte noch zu, ausstehende Antworten auf Mailanfragen zu dem Themenkomplex zu beantworten. Aber der Bürgermeister betonte auch: „Wir haben das Gesetz nicht gemacht.“
Burger schilderte mit Vergleichszahlen, warum die meisten Orte am Ufer ähnliche Zahlen aufweisen, aber auch wo Unterschiede liegen. So seien Werte in Mischzonen (rote Zahlen) grundsätzlich niedriger als in reinen Wohngebieten (blaue Zahlen). In Meersburg zum Beispiel gehe es in Wohngebieten bis 1365 Euro hoch oder in Dingelsdorf habe in Hanglagen auch hohe Werte, die mit Bodman-Ludwigshafen vergleichbar seien. Überlingen-Nußdorf habe sogar in ähnlichen Zonen höhere Werte.
Das benachbarte Sipplingen im Bodenseekreis verfüge über eine Satzung, die den Verkauf von Eigentumswohnungen verbiete. Dort dürften nur ganze Häuser verkauft werden. „Das ist eine strenge Entscheidung, die sich auf die Bodenrichtwerte auswirkt“, so Burger.
Der Hebesatz wird stark sinken
Burger erklärte, der Rat müsse im Jahr 2024 den neuen Hebesatz für die Grundsteuer B festlegen. Da die Grundsteuereinnahmen bei den aktuellen rund 750.000 Euro bleiben müssen, werde der Hebesatz sinken. Er liegt momentan bei 320. „Der neue Hebesatz wird weit, weit, weit darunter liegen“, kündigte Burger an. Folglich werden manche mehr, andere weniger zahlen. Dies gilt auch bei Verkäufen oder der Erbschaftssteuer, mit der die Gemeinde nichts zu tun hat.
Burger zeigte eine Präsentation, um verschiedene Fälle zu erklären: Fläche mit Mehrfamilienhaus, Fläche mit Einzelhaus, unbebaute Fläche und mehr. Das Fazit: Der Gesetzgeber wolle sanften Druck zur Nachverdichtung schaffen – allein schon deshalb werde in Zukunft die berechnete Grundsteuer, für die der Bodenrichtwert herangezogen wird, in manchen Fällen höher ausfallen. Und je größer das Grundstück sei, desto höher falle die Grundsteuer aus.
Gemeinde weiß, dass soziale Härten drohen
„Je mehr Grundfläche, desto mehr Grundsteuer“, erklärte Stefan Burger. „Das trifft viele Dörfer im ländlichen Raum.“ Es gehe künftig um den reinen Boden, egal was drauf stehe. Klaus Gohl, der Vorsitzende des Gutachterausschusses, ergänzte: „Wir können nichts dafür. Das ist die Systematik des Gesetzgebers.“
Matthias Weckbach sagte ebenfalls, der Gesetzgeber wolle Nachverdichtung. „Es wird zu großen Veränderungen und sozialen Härten kommen. Wir werden auf den Gemeindetag zugehen, da wir das Problem von sozialen Verwerfungen sehen.“ Ob dies etwas bringe, sei jedoch unklar.

Klartext zu Missverständnissen und Gerüchten
Zum Bodenrichtwert der Flächen von Schloss Bodman sagte Gohl, dieser sei von 1200 auf 600 gesunken, weil das Bodendenkmal der Kaiserpfalz nicht bebaut werden dürfe und unter Schutz stehe. „Die Bodendenkmal-Kartei ist öffentlich zugänglich“, betonte er.
Am Beispiel des Waldes schilderte Gohl, dass diese Flächen in Bodman-Ludwigshafen eigentlich im günstigsten Fall für 1,84 Euro pro Quadratmeter verkauft würden, also mehr als in anderen Orten. Doch mit verschiedenen Argumenten habe man dies mühselig auf einen Bodenrichtwert von 1,20 Euro reduzieren können. „Wir können nichts dafür, wenn Wald hier so verkauft wird“, betonte er.