Die Diskussion war lang und die Entscheidung knapp, aber richtungsweisend für die Entwicklung und Zukunft der Gemeinde: Der Gemeinderat von Bodman-Ludwigshafen hat mit neun zu sechs Stimmen beschlossen, das Vorkaufsrecht für ein Grundstück zu nutzen, das mitten in einem potenziellen Neubaugebiet am Orteingang von Ludwigshafen aus Richtung Stockach liegt. Genauer gesagt: Das einzige Gebiet, in dem aufgrund des Flächennutzungsplans noch eine Wohnbauentwicklung möglich wäre, betonte Bürgermeister Matthias Weckbach.
Er stellte offen dar, dass die Nutzung eines Vorkaufsrechts immer heikel sei, doch für die Gemeinde sei es wichtig, die bauliche Entwicklung steuern zu können. „Es fällt uns als Gremium immer schwer, aber wir sind auch sozial verpflichtet und vor diesem Hintergrund haben wir die Legitimation“, so Weckbach.

Eingriff in einen Kauf mit einer Summe von 1,2 Millionen Euro
Für die betreffende Fläche, auf der ein altes, sanierungsbedürftiges Haus stehe, gebe es eigentlich schon einen Vertrag, doch durch die Vorverkaufssatzung habe die Gemeinde, die Möglichkeit einzugreifen. Die Ausübung des Vorkaufsrechts müsse in öffentlicher Sitzung beraten werden, auch wenn private Belange dadurch öffentlich würden, erklärte er.
Das schmale langbezogene Grundstück mit einer Zufahrt von der Stockacher Straße (B31-alt) aus umfasse 5718 Quadratmeter und solle für rund 1,2 Millionen Euro verkauft werden. Das entspreche 290,86 Euro pro Quadratmeter. Der Eigentümer, dessen Name nicht öffentlich genannt wurde, sei an einer Verwertung des Grundstücks interessiert und Stefan Burger, Leiter Bauen und Ordnung, habe bereits alles abgeklärt.

Die Gemeinde wolle das Grundstück zum Verkehrswert kaufen, der bei 325.950 Euro liege, schilderte Weckbach. Die entspreche einem Quadratmeterpreis von 50 Euro. Der Gutachterausschuss habe den Bodenrichtwert für diesen Bereich zum 1. Januar 2022 als Bauerwartungsland mit 50 Euro pro Quadratmeter ermittelt, so die Sitzungsvorlage.
Weiter zieht die Vorlage den Vergleich, dass die 290 Euro pro Quadratmeter aus privaten Vertrag umgerechnet rund 40 Prozent höher seien, als im Baugebiet Haiden zu der Zeit, als dieses noch in der Entwicklung gewesen sei. „Mit Bodenwerten in dieser Größenordnung für Bauerwartungsland, noch bevor überhaupt ein konkreter Zeitplan für eine Überplanung besteht, würde ein Vergleichswert entstehen, der die Schaffung bezahlbarer Bauplätze, egal ob für Familienheime oder Geschosswohnungsbau, unmöglich macht, jedenfalls aber drastisch erschwert“, ordnet die Vorlage den Unterschied, die Situation und möglichen Folgen ein.
Einige Räte wollen mehr als den Vorschlag bezahlen
Alwin Honstetter (CDU) plädierte für bessere Konditionen für den Verkäufer. Er berichtete zudem von einem Dilemma, in dem er selbst mit einem geerbten Grundstück, gesetzlichen Vorgaben und Baukosten stehe, falls er verkaufen oder Wohnraum schaffen wollen würde.
Im Rahmen der Diskussion warf Petra Haberstroh (Freie Wähler) ein, dass es eine Option bräuchte, bei der eine Nachbesserung im Vertrag wäre, damit der Verkäufer nicht übervorteilt werde, wenn der Wert des Grundstücks später steige. So könne man ihm und der sozialen Verpflichtung gleichermaßen gerecht werden.
Matthias Weckbach betonte, die Seegemeinde wolle kein Geld machen, sondern lediglich für die Schaffung von sozialen Wohnraum sorgen. Dazu zählte er verschiedene Beispiele aus der Vergangenheit auf und merkte zudem an, dass die Kommune sich gegenüber der Gemeindeprüfanstalt rechtfertigen müsse.
Alessandro Ribaudo (CDU) schloss sich ebenfalls denen an, die auf die Verantwortung gegenüber dem Eigentümer hinwiesen: „Die Frage ist, wie wir einen Weg finden, damit alle etwas davon haben.“ Wenn das Haus trotz hoher Kosten saniert statt abgerissen würde, gäbe es bestehendes Baurecht auf dem Grundstück – dies müsse in der Kaufsumme berücksichtigt werden, betonte er.
Wie schnell könnte überhaupt ein Baugebiet kommen?
Zudem erkundigte sich Ribaudo, wie schnell die Gemeinde auf dem Gesamtareal am Ortseingang tatsächlich ein Neubaugebiet realisieren könnte. Weckbach erläuterte, dies hänge von den personellen und finanziellen Ressourcen ab – eventuell in zehn Jahren.
Michael Koch (CDU) warf ein, er glaube nicht, dass dies realistisch wäre, da zuerst das neue Baugebiet in Bodman entwickelt werden solle und die Gemeinde für nachfolgende Generationen sparsam mit Bauland umgehen wolle. „Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, dass es in ein paar Jahren ein neues Baugebiet gibt“, sagte Koch.
Antrag aus dem Gremium scheitert
Nach verschiedenen Hin- und Her-Rechnereien stand im Raum, einen Quadratmeterpreis von 100 Euro anzusetzen, also ein Kaufpreis in Höhe von 571.800 Euro. Ribaudo und Koch plädierten für diese Option. Claudia Brackmeyer (SPD) dagegen wollte den Vorschlag der Verwaltung mit 50 Euro pro Quadratmeter behalten. Dem schloss sich auch Christoph Leiz (Grüne) an.
Letztendlich fiel mit knapper Mehrheit genau dafür die Entscheidung: Die Gemeinde übt nun das Vorkaufsrecht gemäß Gesetz und der Satzung für das Gebiet „An der Bergstraße“ zu einem Quadratmeterpreis und 50 Euro und somit Kaufpreis von 325.950 Euro aus. Dieser Kauf stellt für die Gemeinde eine überplanmäßige Ausgabe und kann laut Sitzungsvorlage durch den Verkauf eines weiteren Bauplatzes im Baugebiet Haiden gedeckt werden.