Die Gegend von Ludwigshafen, in der Sie seit Ende Juni wohnen, wird umgangssprachlich Halunkenbuckel genannt. Wie lebt es sich so am Halunkenbuckel?
Christoph Stolz (lacht): In trauter Eintracht mit hervorragenden Nachbarn. Ich fühle mich sehr, sehr wohl. Es fühlt sich nach zuhause an.
Hat Ihnen mal jemand erklärt, woher der Name kommt?
Es gibt verschiedene Theorien. Ich werde schauen, ob ich dazu beitragen kann, dass die Gegend ihrem Namen gerecht wird (lacht). Ich finde es irgendwie charmant und kann mit dem Label gut leben.
Ist Bürgermeister sein so, wie Sie es sich vorgestellt haben?
Ja und nein. Bisher hat mich keine Aufgabe überrascht. Natürlich weiß man, was dahinter steckt und was dazugehört, aber alle Facetten lernt man erst kennen, wenn man drin ist. Es macht noch mehr Spaß, als ich gedacht hätte.
Was macht Ihnen am meisten Spaß?
Dass man bei ganz vielen Themen merkt, dass eine unglaubliche Freude bei den Menschen ist, wenn es darum geht, wie man den Ort entwickelt. Da ist ein ganz positiver Wir-wollen-etwas-bewegen-Geist bei den Vereinen, im Gemeinderat und den Mitarbeitern im Rathaus. Ich merke, dass es viele Leute gibt, denen der Ort sehr am Herzen liegt und die ihn gestalten wollen.
Was war das Schlimmste in den ersten 100 Tagen im Amt?
Der Gewittersturm im Juli, weil ich mir um ganz viele Menschen Sorgen gemacht habe, auch wenn ich diese noch gar nicht kenne.
Und was war bisher das Schönste?
Der Besuch von den Vorschulkindern. Wir saßen hier auf dem Boden und sie haben so tolle Fragen gestellt.
Nach dem Lieblingsdinosaurier, den Sie in den sozialen Netzwerken gepostet haben?
Ja, die Dinos. Meiner ist der Brachiosaurus. Und „Hast du schon eine Million?“ oder auch die Frage „Was ist dir wichtig? Warum machst du den Job?“ Die kindliche Neugier und Freude sind schön. Es war toll, die Kinder hier zu haben.
Was motiviert Sie?
Die Möglichkeit und auch die Chance, die Verantwortung zu haben, mitgestalten zu dürfen, wie sich Bodman-Ludwigshafen entwickelt. Das ist ein Privileg und dem möchte ich gerecht werden.
Und was ist der häufigste Ratschlag, den Sie bisher bekommen haben?
(lacht) Langsamer und deutlicher sprechen. Ich werde sicher irgendwann mit einem Coach daran arbeiten, aber ich fürchte, so ein bisschen gehört es auch zu mir, dass ich etwas quirlig bin. Ich werde versuchen langsamer zu reden.
Wie ist die Zusammenarbeit mit Ihrem Vater, dem Stockacher Bürgermeister Rainer Stolz, in der Verwaltungsgemeinschaft? Sprechen Sie ihn beruflich jetzt mit dem Vornamen an?
Es gab schon die eine oder andere interne Sitzung in der Raumschaft und es ist generell ein ganz tolles Miteinander. Wenn ich es mit dem Landkreis Esslingen vergleiche, ist die kommunale Familie hier enger. Ich spreche ihn bei solchen informellen Treffen eigentlich wie bisher auch mit Dad an. Das war gar keine bewusste Entscheidung, denn unter Bürgermeisterkollegen ist man per Du. Wenn ich dienstlich über ihn spreche, sage ich nicht „mein Vater“, sondern „Kollege Stolz“ oder „der Bürgermeister der Stadt Stockach“. In öffentlichen Sitzungen wird es daher vermutlich die förmliche Variante werden.

Wie ist es für Sie, so kurz nach Ihrer Wahl zum Bürgermeister gleich drei Wahlen im Oktober in Hohenfels, Stockach und Eigeltingen mitzuerleben?
Natürlich ist Stockach besonders spannend. Ich beobachte es mit Distanz, aber auch mit einer gewissen Neugierde und vertraue darauf, dass die Wähler die richtige Entscheidung treffen.
Wie läuft Ihre Praktikumstour in der Gemeinde, in der Sie in verschiedene Abteilungen, Einrichtungen oder Firmen schauen?
Ich war überrascht, wie viele Anfragen gekommen sind. Es ist ja daraus entstanden, dass ich mich bei allen Bereichen vorstellen wollte und mit den Mitarbeitern im Rathaus hatte ich halbstündige Walk-and-Talk-Spaziergänge. Dann war es mir auch wichtig, zu sehen, was in den verschiedenen Bereichen passiert. Deshalb war ich im Kindergarten in Bodman und beim Bauhof. Die Kinderkrippe steht noch aus und der Forst ist demnächst noch dran. In der Zeit zwischen Wahl und Amtsantritt war ich auch beim Arbeitseinsatz der Wassersportfreunde Bodman. Ich lerne Menschen viel lieber übers Arbeiten kennen als bei förmlichen Empfängen. Über die nächsten acht Jahre will ich das immer wieder mal für einen halben oder ganzen Tag machen. Darauf freue ich mich.

Am 26. September fiel mit dem Ja des Gemeinderats zur Erstellung des strategischen Leitbilds ‚Bodman-Ludwigshafen 2040‘ der Startschuss für eines Ihrer Vorhaben im Wahlkampf. Wie fühlt sich das an?
Ich freue mich, dass wir uns einig sind, dass es sinnvoll ist. Jetzt werden wir einfach schauen müssen, wie wir die Bürger mitnehmen, damit sie ihren Input geben können. Das ist mir wichtig. Der Bürgermeister ist ja kein Messias, sondern man hat eine Idee, wo man hin möchte, aber es ist wichtig, ein Gespür dafür zu bekommen, wie die Bürgerschaft es sieht.
Wo hat sich für Sie nach Amtsantritt Handlungsbedarf gezeigt, den Sie vorher so gar nicht auf dem Schirm hatten?
Das Urteil zur Paragraf 13b zur schnellen Schaffung von Wohnraum hat uns natürlich getroffen. Das ist ein Handlungsfeld, mit dem ich nicht gerechnet hatte. Ich glaube, viele Kommunen sind davon ausgegangen, dass der Paragraf für die Erstellung von Bebauungsplänen trägt. Dass wir da jetzt Zeit verlieren, trifft uns natürlich wegen geplanten Grundstücksverkäufen bei der Finanzierung des Kindergarten-Neubaus in Ludwigshafen.
Das betrifft das Gebiet Schiltbühl II?
Ja, und zwei weitere Bebauungsplanverfahren, bei denen wir bisher lediglich Aufstellungsbeschlüsse gefasst haben. Wir müssen jetzt schauen, was wir tun müssen, damit es ein rechtsgültiges Verfahren ist. Wir sind gerade dabei, uns beraten zu lassen.
Hat der Kindergarten jetzt eine Finanzierungslücke, die abgefangen werden muss oder gibt es einen Plan?
Auch wenn sich das viele Menschen wünschen würden – darunter auch ich – aber eine Kommune hat nicht mal eben einen siebenstelligen Betrag einfach so herumliegen, den sie kurzfristig abschöpfen kann. Wir werden weiterhin alles für die Finanzierung des Kindergartens tun.
Was sehen Sie bis Jahresende als größte Herausforderung?
Jetzt geht es bald um meine erste Haushaltsplan-Erstellung. Das ist vielleicht eine typische Beamten-Antwort, aber es ist ein wichtiges Thema. Und am 12. Oktober steht zum Beispiel der Neubürger-Empfang an, auf den ich mich freue. Es gibt insgesamt noch viel zu tun und eigentlich viel zu wenig Zeit. Wir haben allein im Bauamt eine lange Liste mit über 200 Dingen, die erledigt werden müssen. Seit dem 1. September sind wir auch zum ersten Mal seit langem wieder voll besetzt und spüren das auch schon. Es geht bei mir auch noch darum, mir weiter einen Überblick zu verschaffen und Dinge zu strukturieren. Das möchte ich dieses Jahr noch abschließen.